EU-Sektoruntersuchung: Jeder zweite Hersteller beschränkt den Vertrieb

Veröffentlicht: 11.05.2017 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 11.05.2017

Die EU-Kommission hat ihren Abschlussbericht über die Sektoruntersuchung zum E-Commerce vorgelegt. Die Ergebnisse sind Teil der digitalen Binnenmarkt-Strategie und lassen einige Rückschlüsse auf Wettbewerbshürden zu.

EU-Flagge vor der Kommission

© symbiot – Shutterstock.com

Die EU-Kommission hat die Sektoruntersuchung nach zwei Jahren beendet. In der Befragung sollten mögliche Hürden und Probleme in den E-Commerce-Märkten Europas aufgezeigt werden, zugleich ist die Befragung Teil der digitalen Binnenmarkt-Strategie der Kommission – und damit wichtig für die Entwicklung des Online-Handels innerhalb der Europäischen Union. Mit der Veröffentlichung des Abschlussberichts über die Sektoruntersuchung hat die Kommission den letzten formalen Schritt der Untersuchung durchgeführt. Der Händlerbund hat die Durchführung der Sektoruntersuchung in Deutschland unterstützt und begleitet. 

1.051 Einzelhändler, 37 Marktplätze, 89 Anbieter von Preisvergleichsinstrumenten, 17 Anbieter von Zahlungssystemen, 259 Hersteller, 248 Anbieter von digitalen Inhalten, 9 Unternehmen, die virtuelle Privatnetze und IP-Routing-Dienstleistungen anbieten, sowie 30 große Gruppen und Hosting-Betreiber aus 28 Mitgliedsstaaten haben die Fragebögen, die zwischen Juni 2015 und März 2016 verschickt wurden, beantwortet. Insgesamt wurden 2.605 Vereinbarungen zum Vertrieb von Verbrauchsgütern und 6.426 Lizenzvereinbarungen für den Vertrieb von digitalen Inhalten eingereicht.

Im Rahmen der Befragung wurden auch die größten Wettbewerbshürden für den Online-Handel ermittelt. Wie aus dem Bericht hervorgeht, spielen vor allem Vertriebsbeschränkungen eine große Rolle. Über die Hälfte der Hersteller fordern in ihren Vertriebsvereinbarungen, dass zumindest ein Teil ihrer Produkte in stationären Geschäften von Händlern vertrieben wird. Damit ist reinen Online-Händlern der Verkauf der betroffenen Produkte untersagt.

Stärkere Zusammenarbeit mit nationalen Wettbewerbsbehörden

Darüber hinaus bietet die Untersuchung auch Erkenntnisse über die Art der Beschränkungen, die Hersteller Händlern auferlegen: 42 Prozent der Händler erhalten Preisvorgaben bzw. -beschränkungen von den Herstellern, damit stellt das die am weitesten verbreitete Beschränkung dar. 18 Prozent wird der Verkauf über Online-Marktplätze untersagt und jeweils jedem zehnten Händler wird verboten, die Produkte über einen eigenen Online-Shop, in Preisvergleichsportalen oder grenzüberschreitend anzubieten.

Vom europäischen Dachverband Ecommerce Europe heißt es, dass die Erkenntnisse aus der Sektoruntersuchung neue Möglichkeiten für die EU-Kommission schaffen, gegen Wettbewerbshürden und Monopole vorzugehen. Die Kommission hatte Anfang des Jahres bereits Ermittlungen in der Hotelbranche aufgenommen und auch die Verbreitung von Videospielen und die Preispraktiken im Bereich Kundenelektronik untersucht. Nun könnte die Kommission weitere Ermittlungen aufnehmen, um Wettbewerbshürden innerhalb der EU zu stoppen. Zudem werde man stärker mit den Wettbewerbsbehörden der einzelnen Länder zusammenarbeiten.

Hersteller können Qualität, aber auch Preis kontrollieren

Die Sektoruntersuchung hat zudem Daten über das Wachstum des E-Commerce in den letzten Jahren geliefert. Vor allem in Sachen Preistransparenz und –wettbewerb gab es starke Auswirkungen auf die Vertriebsstrategien der Unternehmen und auch auf das Kundenverhalten. Schließlich ermöglicht die Preistransparenz den Kunden im Online-Handel einen schnellen und direkten Vergleich. Das führt zeitgleich aber auch zu einem größeren Preiswettbewerb. Außerdem hat eine große Zahl der Hersteller in den vergangenen zehn Jahren damit begonnen, eigene Online-Shops zum Verkauf ihrer Produkte aufzubauen. Damit treten die Hersteller in direkte Konkurrenz zu ihren Händlern. Die steigende Verbreitung von Vertriebsbeschränkungen erlaubt es Herstellern zudem, die Vertriebskanäle hinsichtlich der Qualität – aber eben auch hinsichtlich des Preises – zu kontrollieren.

Die EU-Kommission räumt zwar ein, dass einige dieser Praktiken nachvollziehbar seien, aber sie könnten die Kunden auch daran hindern, von einer größeren Produktauswahl und niedrigeren Preisen im Online-Handel zu profitieren. Weitere Ergebnisse aus der Sektoruntersuchung zeigt der Abschlussbericht der EU-Kommission.

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