E-Commerce in Europa: Belgien, der Markt der drei Sprachen

Veröffentlicht: 10.08.2015 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 10.08.2015

Vor welchen Herausforderungen stehen Online-Händler, die nach und in Belgien verkaufen wollen? Carine Moitier, Managing Director des belgischen Verbandes BeCommerce, hat mit uns über den Handel in dem kleinen, aber wichtigen Land gesprochen.

Belgische Flagge

(Bildquelle Belgische Flagge: CGinspiration via Shutterstock)

OnlinehändlerNews: Was zeichnet die belgische E-Commerce-Industrie und das Online-Kundenverhalten aus?

Carine Moitier: In Belgien werden die Online-Käufe von Gütern und Dienstleistungen auf einen Wert von sieben Milliarden Euro in diesem Jahr geschätzt. Das spiegelt einen Anteil von 14 Prozent am Gesamtmarkt wider. Zu den beliebtesten Online-Bereichen in Belgien gehören Ticketverkäufe, Urlaubsreisen, Medien & Unterhaltung sowie Telekommunikation. Die meisten Belgier kaufen dabei über ihren Laptop ein (52 Prozent), dicht gefolgt von dem Desktop-PC (35,2 Prozent). Nur ein kleiner Teil kauft direkt über das Smartphone oder Tablet ein. Wir von BeCommerce hoffen, dass sich das durch die Förderung des M-Commerce noch stärker entwickeln wird.

Was Zahlungsoptionen angeht, bevorzugen die Belgier Kreditkarten und Online-Banking, um ihre Online-Einkäufe zu begleichen. Visa, MasterCard und Bancontact/Mister Cash sind hier die Spitzenreiter. Der nationale Logistikanbieter Bpost ist der meistgenutzte Partner, um Online-Bestellungen auszuliefern. Darüber hinaus kommen die belgischen Online-Kunden im Allgemeinen aus höheren sozialen Schichten, sind zwischen 29 und 46 Jahre alt und nutzen das Internet ausgiebig.

Dass Belgien eines der kleinsten europäischen Länder ist und deshalb auch einen kleineren (E-Commerce)-Markt hat, bringt Vor- und Nachteile. Es bedeutet auch, dass die belgischen Kunden sich auf den grenzüberschreitenden Handel eingestellt haben. Zudem sind Sprachhürden in Belgien weniger problematisch – man beachte, dass wir allein schon drei Nationalsprachen haben.

Was sind die größten Herausforderungen, vor denen belgische Online-Händler stehen?

Die Händler in Belgien arbeiten mit einer ausgeprägten Omnichannel-Strategie. Das bedeutet, dass Kunden in unserem Land immer noch eine Menge in den stationären Läden kaufen können.

Online-Händler müssen sich mit den starken Mitbewerbern aus unseren Nachbarländern, wie etwa den Niederlanden, messen. Belgien hat den E-Commerce im Vergleich zu den Niederlanden, Frankreich und Deutschland relativ spät erschlossen, aber wir befinden uns derzeit auf einer Aufholjagd. Große ausländische Online-Händler wie etwa Zalando oder Bol.com haben auch in Belgien Unternehmenssitze und es gibt immer mehr große belgische Online-Händler wie ZEB, JBC oder Bel&Bo.

Da wir relativ spät den E-Commerce erschlossen haben, schlagen wir uns immer noch mit veralteten Gesetzen herum. Die Regierung und BeCommerce befinden sich grad aktiv dabei, diese Gesetze zu ändern.

Wie in allen EU-Ländern stehen auch in Belgien hohe Löhne und Steuerregelungen den Online-Händlern im Weg. Der belgische Markt ist zudem durch die unterschiedlichen Sprachen sehr komplex, was auch für StartUps eine Herausforderung mit sich bringt. Wenn sie alle Kunden in Belgien erreichen wollen, müssen sie ihren Online-Shop zumindest in zwei Sprachen – Holländisch und Französisch – bereitstellen. Will das Unternehmen auch international agieren, kommt Englisch als weitere Sprache dazu.

Welche Marktplätze und Plattformen werden in Belgien am häufigsten genutzt?

Die am häufigsten verwendeten Plattformen sind WordPress, Drupal, Magento und Prestashop. Aber wir sehen auch, dass mehr und mehr Finanzinstitutionen und andere Partner ihre eigenen E-Commerce Plattformen im Markt entwickeln.

Vor welchen Herausforderungen stehen ausländische Online-Händler, wenn sie in den belgischen Markt einsteigen wollen?

Ausländische Online-Händler stehen vor denselben Herausforderungen wie die belgischen Online-Händler. Wie bereits angesprochen, stellen Steuern, Logistik und viele andere Aspekte die Haupthürden dar. Als Mitglied in Ecommerce Europe bemühen wir uns, Lösungen und Richtlinien zu finden, die die Probleme beseitigen und zu einem stärkeren europäischen E-Commerce-Markt führen.

Wie hoch ist die Retourenquote in Belgien?

Über diesen Aspekt haben wir leider keine genauen Daten.

 

Carine Moitier
Carine Moitier

Über BeCommerce

BeCommerce ist der belgische Verband, der sich mit dem Distanzhandel, Internet-Handel und allen anderen Formen des E-Commerce beschäftigt. Das Wachstum in diesem Sektor soll durch Informationen, Förderungen und Aufmerksamkeit weiter angeregt werden und auch das Vertrauen der Kunden in den Distanzhandel stärken.

 

 

Unsere Reihe zum E-Commerce in Europa:

Finnland - Der Markt der kleinen Händler

Italien - Der Markt der geringen Retourenquote

Tschechien - Der Markt des günstigsten Anbieters

Griechenland - Der schnell wachsende Markt mit vielen Herausforderungen

Belgien - Der Markt der drei Sprachen

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