E-Commerce: Neue Herausforderungen für Hersteller und Handel

Veröffentlicht: 08.04.2014 | Geschrieben von: Redaktion | Letzte Aktualisierung: 08.04.2014

Nicht nur Online-Händler müssen ihre Produktbeschreibungen und Daten optimieren, um gut in Suchmaschinen positioniert zu werden. Auch die Hersteller müssen ihre Hausaufgaben machen. Worum es dabei geht, erläutert uns Dominic Veit, der als Geschäftsführer der youngculture (Deutschland) GmbH nicht nur den aktuellen Stand kennt, sondern auch die Trends von morgen.

Einkaufswagen auf Tastatur 

(Bildquelle E-Commerce: Maxx-Studio via Shutterstock)

OnlinehändlerNews.de: Herr Veit, einige Unternehmen haben immer wieder mit sinkenden Umsatzzahlen zu kämpfen, obwohl der E-Commerce immer weiter wächst. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch?

Dominic Veit: In vielen Fällen sind rückläufige Umsätze nicht auf ein Schrumpfen des Marktes zurückzuführen, sondern auf vermehrte Konkurrenz. Und hier muss man den Hebel ansetzen. Wer sich auf einmal erreichten Errungenschaften ausruht, verliert schnell den Anschluss zur Konkurrenz und gerät ins Hintertreffen. Gelingt es nicht rechtzeitig, diesen Negativtrend zu brechen, kann es schnell zu irreparablen Verlusten kommen, die im schlimmsten Fall die Existenz des Unternehmens gefährden.

Das ist doch aber in erster Linie ein Problem des Handels, oder?

Bislang war davon tatsächlich primär der Handel betroffen, inzwischen spüren aber auch die Hersteller die Auswirkungen. Vielfach sind Waren mittlerweile so austauschbar, dass es teilweise vollkommen egal ist, von welchem Hersteller ein bestimmtes Produkt stammt. Was allerdings einen großen Unterschied macht, ist die Leistungsfähigkeit der Hersteller bei Vertrieb und Logistik. Der Handel schaut neben dem Produktsortiment vermehrt auf die Leistungen der Hersteller, das geht von Lieferfristen über Verfügbarkeit und Service bis hin zu Produktbeschreibungen. Dieser ganze Komplex ist hauptsächlich datenlastig und verlangt eine performante IT-Landschaft. Im Handel hat man das schon länger erkannt, vollintegrierte Software-Lösungen sind hier eindeutig auf dem Vormarsch. Bei den Herstellern gibt es bislang aber noch deutlichen Nachholbedarf.

Ist es denn wirklich so wichtig, als Hersteller seinen Kunden Produktbeschreibungen anzubieten?

Es geht ja nicht nur um die Produktbeschreibung als Serviceleistung für den Handel. Wichtig ist, dass alle relevanten Informationen rund um das Produkt überall und jederzeit verfügbar sind. Dazu zählen Stammdaten wie Artikeleigenschaften oder die EAN ebenso wie der aktuelle Lagerbestand, realisierbare Liefermengen und Lieferfristen. Der Trend im Handel ist mehr als deutlich: Immer mehr Kunden finden ihren Weg in Onlineshops aber auch den stationären Handel über Suchmaschinen. Die Käufer suchen dabei nicht nur nach Markennamen, sondern auch nach Artikelnummern und Produkteigenschaften. Daraus ergeben sich ganz neue Aufgaben für Handel und Hersteller.

Als Hersteller wäre ich also gut beraten, alle Produktinformationen für die Suchmaschinen zu optimieren?

Google kommuniziert seit geraumer Zeit, Inhalte auf Websites sollen vor allem für den Leser gemacht sein, nicht für Google. In der Vergangenheit wurde häufig der Fehler gemacht, Inhalte speziell für die Suchmaschine aufzubereiten. Teilweise wurden dabei ganze Content-Netzwerke aus dem Boden gestampft, die kein Mensch je zu Gesicht bekommen sollte, das einzige Ziel war es, die Suchmaschine zu einem bestimmten Verhalten zu bringen. Das funktioniert heute nicht mehr so einfach, und Google kann relevante Inhalte immer besser von Link-Farmen und ihren Nachfolgern unterscheiden.

Für den Hersteller ergibt sich daraus vor allem eine Direktive: Eine IT, die alle Produktinformationen zentralisiert verwaltet und organisiert. Aus dieser Datenreferenz können dann leicht passende Exporte für Handel und Suchmaschinen generiert werden. Für die Suchmaschine ist dabei etwa interessant, welche Produkte es gibt, wo nähere Beschreibungen zu finden sind, was diese Produkte kosten – und vor allem: Wie sie das Produkt auf anderen Websites wiedererkennen kann, um Bezüge herstellen zu können. Eindeutige Bezeichner wie die EAN sind hier ein wichtiges Merkmal.

Im Unternehmen ist dazu eine Software mit ganzheitlichem Ansatz notwendig, die den Datenbestand unternehmensweit synchron hält und organisiert. SAP hat das beispielsweise schon vor einiger Zeit deutlich erkannt, was zur Akquisition von Hybris führte. Der Begriff „OmniCommerce“ deutet dabei gut an, wohin die Reise geht: Handel auf allen Wegen und Ebenen, zentral koordiniert und mit allen relevanten Daten versehen, immer und überall auf dem neuesten Stand.

Die Kosten sind immer ein beliebtes Thema, wenn es um die Frage geht, ob eine Maßnahme notwendig ist, oder nicht. Ist denn diese Aufrüstung in der IT wirklich notwendig?

Um die langfristige Konkurrenzfähigkeit zu sichern, ist eine zentralisierte Datenorganisation meiner Meinung nach unverzichtbar. Das ist auch die Erfahrung unserer Kunden, die wir teilweise schon seit geraumer Zeit dabei begleiten, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Als Dienstleister müssen wir dabei hohen Ansprüchen genügen, daher evaluieren wir auch selbst neue Methoden und Ansätze. Das hat zu dem ganzheitlichen Ansatz geführt, mit dem wir die Unternehmen unserer Kundschaft analysieren und optimieren.

Und welche Vorteile habe ich davon konkret?

Die zentralisierte Datenorganisation liefert zum einen bessere Daten fürs Controlling, was die Steuerungsmöglichkeiten optimiert. Zum anderen versetzt der durchorganisierte Datenbestand beispielsweise Hersteller in die Lage, ihre Kunden optimal mit Informationen und Materialien zu versorgen. Aus Hybris heraus können beispielsweise auch die Daten für den Printbereich geliefert werden. So wird sichergestellt, dass alle Informationen, egal ob beim Kundenberater, im Printkatalog oder auf der Website, immer konsistent und auf dem neuesten Stand sind.

Das ist gerade unter dem Aspekt der Lieferbarkeit und Produktionssteuerung ein wichtiger Punkt. Dadurch kann die Produktion viel präziser gesteuert werden. Das wiederum wirkt sich auf viele Kostenstellen im Unternehmen aus, beispielsweise bei den Personalkosten. Durch die optimierte Planung können kostenträchtige Überstunden vermieden werden, ohne die Lieferbarkeit und vor allem die Lieferfristen negativ zu beeinflussen.

Auf der anderen Seite profitiert der Handel von den bereitgestellten Daten, die sich durch Standardisierung leicht in die gängigen Warenwirtschafts- und Shopsysteme importieren lassen. Durch die Konsistenz bei den suchmaschinenrelevanten Daten werden diese Produkte in den so beschickten Shops zudem leichter gefunden, was direkte Wettbewerbsvorteile für den jeweiligen Händler bringt. Das funktioniert sowohl auf der Ebene B2B zwischen Hersteller und Großhandel beziehungsweise Großhandel und Einzelhandel, als auch im B2C-Sektor, denn das Internet und die Suchmaschinen sind heute omnipräsent.

Worauf kommt es bei der Umsetzung genau an, damit man den Anschluss nicht verpasst?

Wichtig ist vor allem die Qualität der Umsetzung, denn die entscheidet darüber, wie schnell die neuen Möglichkeiten im Unternehmen nutzbar sind. Dazu gehört nicht nur die Einführung der Technik, sondern auch die Schulung der Mitarbeiter, die die neuen Features kennenlernen und verinnerlichen sollen. Schließlich nutzt die beste Technik nichts, wenn deren Leistungsvermögen brach liegt.

Dieser Zeitvorsprung entscheidet letztlich darüber, wie gut ich mich am Markt positionieren kann, bevor die Mitbewerber ebenfalls die Zeichen der Zeit erkannt haben und nachziehen. Was auf jeden Fall nicht funktionieren wird, ist, das Thema einfach auszusitzen. Der Kunde ist heute flexibler und ungeduldiger denn je, und der nächste Anbieter ist nur wenige Mausklicks entfernt. Selbst im klassischen Filialgeschäft ist dieser Trend zu beobachten, weswegen es notwendig ist, neue Vertriebskanäle zu erschließen und dem Kunden unabhängig vom Vertriebsweg überall den gleichen hohen Servicelevel zu bieten.

Idealerweise sollte es für den Kunden gar keinen Unterschied machen, auf welchem Weg er zum Unternehmen findet, ob per Anruf beim Vertrieb, per mobilem Gerät, PC oder gar Bestellung per Fax.

Das klingt allerdings nach einer Mammutaufgabe. Lässt sich das überhaupt so umsetzen?

Hybris macht derzeit vor, wie dieses Multi-Channel-Commerce aussehen kann. Der Kunde kann beispielsweise per App auf dem Smartphone ebenso wie über den Webshop oder in der Filiale bestellen, Bestellungen entweder dort abholen oder sich zuschicken lassen, und bestellte Ware entweder per Post oder in der Filiale wieder zurückgeben. Der Handel richtet sich also vermehrt nach dem Kunden und seinem Tagesablauf, statt umgekehrt, wie es früher der Fall war. Der Kunde wird eher als Partner auf Augenhöhe angesehen und weniger als anonymer, ersetzbarer Umsatzbringer.

Möglich macht das die optimierte Datenhaltung, mit der die Shopsoftware den Kunden auch kanalübergreifend identifizieren und unterstützen kann. Als kleines Beispiel dafür seien Warenkorb und Merkliste genannt, deren Inhalt auch dann bestehen bleibt, wenn der Kunde vom Smartphone zum heimischen PC wechselt, ohne die Bestellung vorher abzuschließen.

Und wie sieht es in diesem Fall mit der Datensicherheit aus, um die sich viele Nutzer sorgen?

Gerade im Raum DACH gelten strenge Datenschutzgesetze, die Verstöße auch mit hohen Geldstrafen sanktionieren. Es geht bei der neuen Technik nicht um das Sammeln von Daten, sondern um Komfort für den Kunden. Die anfallenden Daten werden stets mit der gebührenden Sorgfalt behandelt und weitestmöglich anonymisiert.

Das gilt nicht nur für Software wie Hybris, sondern auch für uns als Dienstleister selbst. Da wir teilweise Zugang zu vertraulichen Daten unserer Partner haben, setzen wir ebenfalls auf strenge Vorgaben zum Umgang mit Daten, damit es nicht zu versehentlichen Vermischungen von Daten oder unberechtigten Zugriffen kommt. Unsere Entwickler arbeiten in abgeschotteten, nach Projekten separierten Teilnetzen, um die Datensicherheit zu gewährleisten.

Bei der Implementation im Partnerunternehmen achten wir ebenfalls auf die datenschutzkonforme Ausrichtung der Prozesse, zeigen Schwachstellen auf und bieten Lösungsmöglichkeiten. Angesichts der immer wieder vorkommenden Fälle von Datendiebstahl gehört das für uns zum unbedingten Must-Have.

Im Interview mit OnlinehändlerNews.de:

Dominic Veit

Dominic Veit

Geschäftsführer youngculture (Deutschland) GmbH
advanced software engineering
Rottmannstraße 11
80333 München
Tel. +49 (0)89 41 61 25 99 2
www.youngculture.com

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