Im Interview: Verlagschef Christopher Schroer über seinen Abschied von Amazon

Veröffentlicht: 07.03.2013 | Geschrieben von: Redaktion | Letzte Aktualisierung: 08.03.2013

graue Tastatur mit rotem EinkaufswagenIn einem offenen Brief verabschiedete sich Verlagschef Christopher Schroer als Geschäftspartner von Amazon. Auslöser dafür war der ARD-Bericht über die schlechten Arbeitsbedingungen von Leiharbeitern, der bereits für einige Empörung in der Öffentlichkeit gesorgt hat. Im Interview spricht der Verleger über seine Motive und kleinere Buchhandlungen als Alternativen.

CH.Schroer-Verlag kritisiert Zusammenarbeit mit Amazon

„Seit Jahren ist es uns als Verlag ein Dorn im Auge, dass Sie an kleine Zulieferer wie uns überzogene Rabattforderungen von 55% stellen“, beschreibt Schroer in dem offenen Brief an Amazon. Und das ist erst der Anfang seiner Kritik. Er wirft dem Unternehmen zudem „luftige Buchungstricks“ und Ausnutzung der Marktmacht vor.

Darauf angesprochen, warum er gerade diesen Weg gewählt hat, erklärt er: „Die Kommunikation mit Amazon erfolgt zumeist über ein Webformular. Den offenen Brief habe ich Amazon über dieses Webformular und per Post zukommen lassen. Mein Ziel war es, bei Verlagen und Buchhandlungen eine Diskussion voranzutreiben: „Was können die Buchhändler für Verlage, und was Verlage für die Buchhandlungen tun?““

„Wir können daher nur unsere Konsequenzen ziehen und sagen „Adieu!“. ?Und eigentlich sind wir froh darüber, einen so schwierigen Geschäftspartner los zu sein“, schreibt Christopher Schroer am Ende des Briefes. Dass die Zusammenarbeit mit Amazon nicht immer einfach ist, wissen auch Händler auf dem Marketplace, die mit Preisparität und anderen anspruchsvollen Forderungen zu kämpfen haben.

„Besonders schwierig wird es bei Büchern, deren Herstellkosten sehr hoch sind. Hier gibt der Leser nur ein begrenztes Budget aus. Es kann dann durchaus sein, dass die Erlöse über Amazon unter den Einstandskosten liegen“, erklärt der Verleger die Umstände die ihn in der Zusammenarbeit mit Amazon sehr belasteten.

Kleine Buchhandlungen als Alternativen

Christopher Schroer zeigte sich im Interview optimistisch, dass er künftig auch ohne den schwierigen, wenn auch mächtigen Partner bestehen kann. „Nichts ist alternativlos, auch der Vertrieb über Amazon nicht. Wir werden neue Wege beschreiten, um unsere Leser zu erreichen“, so der Verlagschef. „Es gibt eine Vielzahl von Lösungen – auch von kleineren Buchhandlungen – die ebenso guten Service anbieten.“

Eine ernsthafte Gefahr für Amazon sieht Schroer durch den aktuellen Skandal zwar nicht, glaubt aber dennoch, dass er etwas bewirken könnte: „Allerdings erhoffe ich mir, dass es Käufern und Lesern bewusst ist, was ein Klick auf „Kaufen“ alles bewirkt – es ist ja ein vielschichtiges, komplexes Thema. Auch hoffe ich, dass sich Arbeitgeber wieder ihrer gesellschaftlich-sozialen Verantwortung bewusst werden.“

Amazon bleibt in der Kritik

Schroers Beispiel folgte, wie die dpa berichtet, nun auch der kleine Mainzer Buchverlags VAT André Thiele und kündigte ebenfalls die Zusammenarbeit mit dem Versandhandel. Des Weiteren stellt die Drogeriekette dm nun ihre Kooperation mit Amazon auf den Prüfstand.

Der Karlsruher dm-Konzern habe "die Vorwürfe sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen", wird dm-Chef Erich Harsch von der dpa zitiert. "Selbstverständlich werden wir mit Amazon darüber sprechen und darum bitten, die eigenen Erkenntnisse und Haltungen deutlich zu machen."

Der Aufschrei in der Öffentlichkeit hatte das Thema in den vergangenen Tagen bereits in den Fokus gerückt. Und auch sonst will es nicht ruhig werden um den E-Commerce-Riesen. Nun ermittelt auch das Bundeskartellamt gegen den Internet-Versandhändler wegen der umstrittenen Preisparitätsklausel, die Amazon den Marketplace-Händlern auferlegt. Wie die dpa mitteilt, könnte die Klausel, die es Online-Händlern verbietet, ihre Produkte an anderer Stelle im Internet günstiger anzubieten, gegen das allgemeine Kartellverbot verstoßen.

(Quellen: Interview mit Christopher Schroer, dpa)

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