„Es ist Platz für viele Gewinner“

Interview mit Markus Schöberl, Amazon Director Seller Services

Veröffentlicht: 26.11.2019 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 22.06.2022
Markus Schöberl

Amazon agiert sowohl als Online-Händler als auch als Plattform für Drittanbieter. Das Unternehmen muss damit einen Balance-Akt zwischen dem eigenen Geschäft und der Stärkung der Händler meistern. Mit dafür verantwortlich ist Dr. Markus Schöberl, Director Seller Services Germany bei Amazon. Wir haben mit dem Manager über den Amazon Marketplace, die Rolle des Unternehmens und der Kritik, der sich das Unternehmen ausgesetzt sieht, gesprochen.

OnlinehändlerNews: Herr Schöberl, Sie sind bereits seit 2011 bei Amazon Deutschland. Wie war damals der Einstieg bei dem größten Online-Händler Deutschlands und wie hat sich das Unternehmen in Ihren Augen in den vergangenen Jahren verändert?

Markus Schöberl: Der hundertprozentige Fokus auf die Kunden hat mich immer fasziniert. Täglich fragen wir uns, ob wir unserem Anspruch einen Schritt nähergekommen sind: das kundenorientierteste Unternehmen der Welt zu sein. Und in meiner Rolle darf ich das gleichzeitig für zwei verschiedenen Kundengruppen machen – Endkunden und Verkaufspartner auf dem Amazon Marktplatz. Abgesehen von dieser Mission haben sich seit 2011 aber einige Dinge verändert. Damals hatten wir zum Beispiel viel weniger Mitarbeiter, heute sind wir mehr als 18.000 Festangestellte in Deutschland. Und 2011 kamen nur ca. 38% der weltweit auf Amazon verkauften Produkte von anderen Anbietern, heute sind es weit mehr als die Hälfte. Seit meinem Start bei Amazon haben wir für unsere Partner und Kunden auch viele neue Programme gestartet wie Amazon Handmade, speziell für Kunsthandwerker, Amazon Launchpad für StartUps, Amazon Business für gewerbliche Anbieter, Prime durch Verkäufer, das Verkaufspartner ermöglicht, ihr Sortiment im Eigenversand als Teil von Amazon Prime anzubieten, und insbesondere auch sehr viele Investitionen getätigt, um das Verkaufen bei Amazon zu internationalisieren und damit auch kleinen Anbietern ein Schaufenster in die ganze Welt zu bieten.

„Wir bieten Händlern die Möglichkeit, über uns Millionen Kunden zu erreichen“

Wie schwierig ist es, die Balance zwischen dem Marktplatz, auf dem die Händler aktiv sind, und Amazon als Online-Händler selbst zu halten?

Am Ende profitiert der Kunde und das ist das Allerwichtigste. Selbst Online Händler zu sein hilft dabei, ständig an Verbesserungen zu arbeiten und auch kostspielige Innovationen auszuprobieren, die sich die Verkaufspartner selbst vielleicht nicht leisten können würden – dann am Ende aber davon profitieren (z.B. auch bei Amazon in Australien, Japan oder der Türkei zu verkaufen). Gleichzeitig „treten die Verkaufspartner unserem Handelsgeschäft kräftig in den Hintern“ – wie Amazon-Gründer und CEO Jeff Bezos kürzlich in seinem Brief an die Aktionäre schrieb – und Kunden profitieren von dem großen Sortiment, der Vielfalt und günstigen Preisen. Weltweit stammen mehr als 50 Prozent der bei Amazon verkauften Produkte von kleinen und mittleren Unternehmen. Dabei wächst der Umsatz von Drittanbietern schneller als Amazons eigenes Handelsgeschäft.

Der Erfolg anderer Verkäufer auf Amazon ist für uns sehr wichtig, denn nur so können wir ein möglichst breites Angebot gewährleisten. Wir hingegen bieten Händlern die Möglichkeit, über uns Millionen Kunden zu erreichen. Für die Händler hat das Internet Grenzen gesprengt: Einst lokale Läden verkaufen heute in alle Welt, wie etwa das älteste Spielwarengeschäft Deutschlands, Carl Loebner aus Torgau in Sachsen: Der Laden stand kurz vor dem Aus, bevor er in den Online-Handel einstieg und zu neuem Leben erwachte. Heute macht das Geschäft fast seinen ganzen Umsatz online (98%). Auch dem Unterwäschen-Produzent HERMKO aus der Schwäbischen Alb drohte das Ende. Vor fast zehn Jahren (2010) experimentierte das Unternehmen daher erstmals mit dem Verkauf über Amazon. Mittlerweile versendet HERMKO pro Tag zwei Lkw-Ladungen. Diese Geschichten illustrieren, wie Amazon und die Verkaufspartner gemeinsam erfolgreich sein können.

In der Vergangenheit haben sich auch Marktplatz-Händler gemeldet, die sich von Amazon ungerecht behandelt fühlten. Vorwürfe wurden laut, dass Amazon beliebte Produkte von Marketplace-Händlern kopiert und selbst zu Kampfpreisen anbietet. Auch Kontosperrungen sind ein leidiges Thema unter den Händlern. Riskiert Amazon es, seine Marketplace-Händler zu verprellen?

Zunächst mal: Unsere Richtlinien verbieten es, Daten von Händlern zu nutzen, um eigene Produkte zu entwickeln. 

Was die Frage nach gesperrten Konten angeht: Das passiert nur aus sehr gutem Grund. Wir bieten unseren Partnern viel, verlangen dafür aber auch, dass sich alle an dieselben hohen Standards halten. Unser Ziel ist ein „Level Playing Field“ auf Amazon für alle Händler: Also gleiche Regeln, die für alle gelten. Wer die Regeln bricht, verhält sich zunächst einmal unfair gegenüber der großen Mehrheit der Händler, die das nicht tut. Und darauf reagieren wir natürlich.

Wie reagiert Amazon auf Kritik?

Amazon wurde in der Vergangenheit immer wieder wegen vermeintlich schlechter Arbeitsbedingungen kritisiert. Wie hat das Unternehmen auf diese Kritik reagiert?

Indem wir konsequent klarstellen, dass wir ein sehr guter, verantwortungsvoller Arbeitgeber sind. Die Vorwürfe sind schlicht und ergreifend falsch und werden durch Wiederholung nicht richtiger. Wir bezahlen am oberen Ende dessen, was für vergleichbare Tätigkeiten üblich ist. Nehmen Sie etwa das Gehalt für Versandmitarbeiter: Das beträgt im Einstieg je nach Region fast 11 Euro die Stunde (10,78 Euro brutto). Dazu kommen diverse Zusatzleistungen. Und wir fördern eine offene Kultur auf Augenhöhe und behandeln jeden mit Respekt. Ich kann Sie nur einladen, sich selbst ein Bild zu machen. Jeder kann an einer kostenlosen Besucherführung teilnehmen, die wir aktuell in vier deutschen Logistikzentren zweimal am Tag anbieten.

Mit Amazon Smile haben Sie ein Programm gestartet, um gemeinnützige Organisationen zu unterstützen. Was ist die gesellschaftliche Verantwortung, die Amazon Ihrer Meinung nach hat?

Wir bei Amazon haben eine Mission: Wir möchten das Leben unserer Kunden vereinfachen, und das auf ganz unterschiedliche Weise – auch wenn es um die Hilfe für andere geht. Deshalb bieten wir unseren Kunden zum Beispiel mit Amazon Smile die Möglichkeit, einer sozialen Organisation ihrer Wahl ganz unkompliziert und ohne Aufwand oder Kosten etwas Gutes zu tun.

Darüber hinaus engagieren wir uns vielfältig lokal und unterstützen die „Tafeln“ oder kooperieren mit Innatura. Wir stellen zudem unsere Erfahrungen und unser technologisches Know-how auch der Zivilgesellschaft und Unternehmern zur Verfügung, etwa durch unsere Förderprogramme „digital.engagiert“ oder „Unternehmerinnen der Zukunft“.

Vielen Dank für das Gespräch!


OHM Q4 alle titelthemen Artikelbild 700x467 1

Dies ist ein Auszug aus der aktuellen Ausgabe Q4/2019 des Onlinehändler Magazins. Im weiteren Verlauf des Interviews geht es auch um die stationären Bemühungen von Amazon und der Umgang des Unternehmens mit seinen Händlern.

Auf 150 Seiten gibt es außerdem viele weitere spannende Artikel rund um die Themen Online-Betrug, Retouren und Abmahnungen. Die aktuelle Ausgabe des Magazins hält zusätzlich ein großes Amazon-Special bereit mit allem, was Händler über den Verkauf auf dem Marktplatz wissen müssen.

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Über den Autor

Michael Pohlgeers
Michael Pohlgeers Experte für: Marktplätze

Micha gehört zu den „alten Hasen“ in der Redaktion und ist seit 2013 Teil der E-Commerce-Welt. Als stellvertretender Chefredakteur hat er die Themenauswahl mit auf dem Tisch, schreibt aber auch selbst mit Vorliebe zu zahlreichen neuen Entwicklungen in der Branche. Zudem gehört er zu den Stammgästen in unseren Multimedia-Formaten, dem OHN Podcast und unseren YouTube-Videos.

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Kommentare  

#8 ebenfalls ein amazon 2020-02-07 13:51
> "Was die Frage nach gesperrten Konten angeht: Das passiert nur aus sehr gutem Grund. Wir bieten unseren Partnern viel, verlangen dafür aber auch, dass sich alle an dieselben hohen Standards halten ..."

Wie Bitte, eine Händler Bewertung über amazon wird gar nicht erst Angeboten
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#7 Amazon Verkäufer 2020-01-27 17:39
Also Herr Schöberl, sie haben mit diesem Schein Interview jeden Marketplace Händler offen ins Gesicht gespuckt.
Nicht ein Wort in ihren Phrasen entspricht annähernd der Wahrheit.
Die Chinesen, und Nicht EU Händler inkl. UK haben sog. Narrenfreiheit in jeglicher Hinsicht. Die Gegängelten sind die deutschen Händler. Irrwitzige Pagiatsvorwürfe , unfairste Behandlung von roboterähnliche n Verkauferservicemitarbeitern.
Nullkommanull Hilfe.
Es bleibt nur alles zu schlucken, solange man noch Geld verdient.
Schämen sie sich Herr Schöberl, für so eine Schmierenkomödi e, die sie hier verbreiten.
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#6 Amazon Händler 2 2019-12-30 09:44
Das Interview ist ja wohl totaler Quatsch.... zumindest was der nette Herr da erzählt entspricht nicht der Realität. Ich handel auch seit einigen Jahren auf Amazon und muss sagen das auf Deutsche Händler keine Rücksicht genommen wird und Chinesen machen können was Sie wollen. In Sachen Bekämpfung von Fälschungen passiert viel zu wenig ! Auch wenn man sowas meldet bekommt man eher selber noch Ärger .

Einfach nur noch ein Witz!
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#5 ein weiterer Amazon 2019-12-29 09:50
"Zunächst mal: Unsere Richtlinien verbieten es, Daten von Händlern zu nutzen, um eigene Produkte zu entwickeln." -- Richtig, diese Richtlinien sind durchaus vorhanden. Das garantiert aber nicht, dass sich Amazon Mitarbeiter auch daran halten. Wer kontrolliert das?

Gesperrte Konten/Artikel: das Prinzip dahinter ist gut und auch richtig. Allerdings wie Amazon damit und den betroffenen Händlern umgeht wiederspricht komplett folgender Aussage von Hr.Schöberl: "... verlangen dafür aber auch, dass sich alle an dieselben hohen Standards halten." Das entsperren der Konten oder Atikel ist für die Händler eher ein Spießruten lauf. Es gibt in AMZ Universum eine Abtl. die dafür (sperren und entsperren) zuständig ist. Der Support (einziger Ansprechpartner für die Händler in solchen Fällen) hat selber keinen persöhnlichen Kontakt zu diesem Team. Alles läuft über ein internes Ticket-System. Als Händler ist man hier total ausgeliefer: man weiss nicht wann man wieder entsperrt wird, noch ob die Angaben (die man vom Support bekommt)was man tun muss, damit man wieder entsperrt wird, richtig sind. In meinem konkreten Fall, wurden im Dez.'19 zweimal die selben Artikel von AMZ deaktiviert. Nachdem (in enger Zusammenarbeit mit dem Support) die Artikel wieder aktiviert worden sind, wurden die selben Artikel nur eine Woche später wieder deaktiviert. Die AMZ Begründung weshalb die Artikel wieder deaktiviert worden sind, wiederspricht den vorherigen Aussagen was man tun muss, damit die Artikel entsperrt werden können. Mein learning daraus: man ist in solchen Fällen AMZ total ausgeliefert, da man sich seitens AMZ selber wiederspricht, was den zu tun ist um AMZ-regelkonfor m auf dem Marketplace handeln zu können.
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#4 AmazonSeller 2019-12-28 20:16
Als langjähriger Amazon-Verkäufe r kann ich nur sagen: manche Behauptungen im Interview sind nur noch lächerlich. Etwa ".. gleiche Regeln, die für alle gelten." Dem ist nicht so. Manche Chinesen brauchen nichts zu beachten und Amazon tut nichts, nicht und gar nichts für faire Wettbewerbsbedi ngungen. Verkäufersuppor t wird immer schlimmer, Menschen durch Software ersetzt, nur noch nichtssagende automatische Antworten werden versendet.
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#3 Bolman 2019-12-28 18:31
Diese Unverschämtheit ist die blanke Verhönung der Händler!
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#2 Dr. Lothar Schmerl 2019-12-28 15:36
Herr Schöberl scheint sich bei AMAZON-Deutschl and nicht auszukennen. Jedenfalls gibt AMAZON nicht eher Ruhe, bis mindestens 100 % der Gewinnspanne der Händler bei AMAZON landen.
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#1 ein Amazon-Händler 2019-12-07 07:30
Die beste der Lügen, die hier erzählt werden, ist "Wir behandeln jeden mit Respekt."
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