Interview: Amorelie-Gründerin über Erotik, Investoren und vergoldete Vibratoren

Veröffentlicht: 29.01.2014 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 29.01.2014

Lange Zeit galt die Erotikbranche für viele Kunden als eher abschreckend. Allzu festgefahrene Vorurteile und Hemmungen machten den Aufbau eines seriösen Geschäfts für Händler schwierig. Doch diese Zeiten scheinen vorbei. Lea-Sophie Cramer und Sebastian Pollock gründeten Ende 2012 Amorelie und schafften es innerhalb weniger Monate in die Herzen und Schlafzimmer vieler Kunden.

Interview mit dem Erotik-Shop Amorelie 

(Bildquelle Internet mit Herz: Boule via Shutterstock)

Lea-Sophie Cramer sprach mit OnlinehändlerNews exklusiv über die vielen Herausforderungen, die einem Online-Erotik-Shop gestellt werden. Denn gerade wenn es um Sexualität und Lifestyle geht, muss ein seriöses Konzept und entsprechendes Layout gefunden werden. Bei dem Interview standen außerdem Themen wie die Relevanz neutraler Verpackungen, die Anonymität im E-Commerce, Retouren im Erotik-Business oder Finanzierungsmöglichkeiten im E-Commerce im Fokus.

Love- und Sextoys gehör(t)en für Viele in eine Art Schmuddelecke. Wie schwierig war es für Sie, einen seriösen und anerkannten Online-Shop aufzubauen?

Mein Geschäftspartner Sebastian Pollok und ich kommen nicht aus der Erotikbranche. Dadurch haben wir einen Vorteil gegenüber vielen traditionellen Händlern, die Unsicherheiten und Ansprüche von Lovetoy-Neulingen nicht verstehen. Zudem verkörpern wir selbst unsere Zielgruppe und verstehen diese dadurch extrem gut. Wir haben beide bereits in anderen E-Commerce Unternehmen gearbeitet, aus diesem Grund sind wir im Online Business zuhause und kennen die Herausforderungen in der Kundenansprache. Im Erotik-Business sind diese natürlich überdurchschnittlich hoch.

Nach dem großen Erfolg von Erotikliteratur wie den „Shades of Grey“-Büchern und dem steigenden Medieninteresse am Thema Sexualität, merkt man jedoch schnell, dass es in diesem Bereich einen großen Bedarf gibt. Wiederum existiert in der Online Welt kein Platz, wo man mit seinem Partner hingeht und sich gemeinsam aufhält. Als wir die Idee zu Amorelie hatten, haben wir gespürt, dass man sich in den Online Shops, die es gibt, nicht wohlfühlt. Hier haben wir festgestellt, dass wir mit unserer Idee den Markt verändern können.Lea-Sophie Cramer und Sebastian Pollok von Amorelie

Bei der Konzeption von Amorelie haben wir sehr auf das Design geachtet: von natürlich wirkenden Models bis hin zu einer farben- und lebensfrohen Grafik, die eher an einen Mode- und Lifestyle-Shop erinnert.

Dieser moderne Ansatz und die entsprechende Präsentation und Darstellung haben dafür gesorgt, dass der Aufbau von Amorelie als seriösen und anerkannten Online-Shop mit dem richtigen Konzept keine unbezwingbare Herausforderung ist.

 

Anonymität ist sicherlich vielen Kunden sehr wichtig. Wie hoch ist Ihrer Meinung nach die Bedeutung von neutralen Verpackungen im Online-Handel?

Ich glaube, die meisten Menschen finden es gut, wenn die Nachbarn nicht wissen, was man im Internet bestellt. Dank Social Media, Kundendatenbanken und immer neuen „Abhörskandalen“ wird die Privatsphäre zum wichtigen Gut, das geschützt werden will. Im Mode-Business spielt das Thema eine untergeordnete Rolle, aber im Bereich der Erotikprodukte ist eine neutrale Verpackung unerlässlich.

Der Versand unserer Produkte ist absolut diskret, sodass man sich keine Gedanken machen muss, wer das Paket annimmt. Wir möchten, dass unseren Kunden sich nicht nur beim Shoppen sicher und wohl fühlen, sondern auch bei der Zustellung.

Was passiert, wenn Kunden nach dem Gebrauch bestellter Artikel unzufrieden sind? Wie gehen Sie mit Retouren um?

Amorelie Paket-Beispiel

Generell gewähren wir ein gesetzliches Widerrufsrecht, wenn der Kunde es sich einmal anders überlegt oder die Produkte nicht wie gewünscht ausfallen. Hygiene steht bei uns allerdings an allererster Stelle und darum muss bei den meisten Produkten die Verpackung intakt sein. Lovetoys besitzen ein Hygienesiegel und dieses darf nicht aufgebrochen sein – das ist insbesondere durch den Drogeriemarkt jedoch auch beim Kunden gelernt. Reklamationen sind natürlich etwas anderes. Sollte ein Produkt fehlerhaft sein, tauschen wir es natürlich noch länger um. Generell ist unsere Rücklaufquote aber sehr niedrig und die Kundenzufriedenheit sehr hoch.

Sie bieten Kunden auch Besonderheiten: Zum Beispiel haben Sie einen vergoldeten Vibrator von Lelo im Sortiment – Kostenpunkt: 12.000 Euro. Wie hoch ist Ihrer Meinung nach das Potenzial solcher Luxus-Sextoys?

 

Generell sind Luxus-Sextoys stark im Kommen. Einige Kunden wollen etwas Exklusivität und gönnen sich gerne etwas mehr. Der „Inez“ Vibrator von Lelo mit 12.000 Euro fällt hier natürlich aus dem Rahmen. Aber wir wollen in Bezug auf unser Sortiment bewusst nicht auf solche exklusiven Highlights verzichten, auch wenn sie sicher keine Bestseller werden.

Sie können sich über eine Millionenfinanzierung des ProSiebenSat.1-Inkubators Epic Companies und weiterer Investoren freuen. Was muss ein StartUp mitbringen, um finanziell ähnliche Erfolge feiern zu können?

Eine gute Idee, einen für das Thema reifen Markt mit Potenzial, ein überzeugendes Team und einen durchdachten Businessplan. Sebastian und ich sind außerdem gut vernetzt und waren schon immer an einem regen Austausch interessiert – so bekommt man gute Ratschläge und lernt dazu. Darüber hinaus gibt es mittlerweile viele interessante Gründer- und Start-up Wettbewerbe, die Chancen ermöglichen.

Was halten Sie von Crowdinvesting für die StartUp-Finanzierung?

Ich persönlich finde das eine geniale Chance für Ideen und Gründer, die sich vielleicht nicht an eine Bank wenden wollen oder können. Man erhält quasi gleich mit der Investitionsanfrage einen direkten Realitäts- und Marktcheck. Kann meine Idee begeistern oder muss ich vielleicht noch an der einen oder anderen Stelle feilen? Ist der Markt bzw. im Idealfall meine Zielgruppe reif für diese Idee und will sich sogar daran beteiligen? Klappt ein Crowdinvesting fühlt sich der Gründer seinen Investoren zudem stärker verbunden als bei einer eher anonymen Bank und er gewinnt durch die Crowdinvesting Investoren eine Reihe von Botschaftern für das eigene Thema. Ein sehr guter und demokratischer Weg, wie ich finde, und gleich noch eine Bestätigung an den Gründer, der den gewonnenen Zuspruch sicher für die Zukunft gut nutzen kann.

Ihr Tipp für den E-Commerce-Trend 2014?

Peer-to-peer sharing/rebuying Modelle. Plattformen wie Airbnb, Wimdu werden weiter wachsen aber auch second-hand Shops wie Kirondo oder Glamloop können Probleme lösen.

Kommentare  

#1 Volker Lupp 2015-11-06 19:37
Weshalb soll ein Onlineshop für Erotikartikel als abschreckend gelten? Inbesonders die anonyme Diskretion beim Onlinekauf macht einen Shop in der Erotikbranche erfolgreich. Unser Unternehmen betreibt bereits seit 2005 neben weiteren Onlineshops einen erfolgreichen Onlinehandel im Erotikbereich. Denn wer möchte schon seinen Nachbarn im Erotikshop an der nächsten Straße treffen?
Zitieren

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.