Bereits im Vorjahr analysierten Google und IW Consult die Auswirkungen von KI auf den Handel. Jetzt legen die Unternehmen eine aktualisierte Studie vor, welche deutliche Sprünge in den tatsächlichen Effekten sowie den Erwartungshaltungen zeigt. So konnten bereits 32 Prozent der Führungskräfte im Handel deutliche Produktivitätssteigerungen verzeichnen. Im Vergleich zu anderen Branchen der deutschen Wirtschaft (hier waren es 58 Prozent) hinkt dies zwar hinterher.

Schaut man sich die Erwartungshaltungen für die Zukunft an, liegen die Werter jedoch näher beieinander: so erwarten immerhin 70 Prozent der Führungskräfte im Einzelhandel in den nächsten fünf Jahren weitere signifikante Produktivitätssteigerungen aufgrund von künstlicher Intelligenz (KI). Vor allem im Bereich des E-Commerce kann KI bereits jetzt punkten.

10 Milliarden Euro Wachstum dank KI möglich

Mit KI-Tools werden bisher vor allem Daten analysiert und optimiert. Konkret wird dies im Handel beispielsweise für dynamische Preisoptimierungen genutzt. Etwa 47 Prozent aller Anwendungsfälle entfallen auf diesen Bereich. Weitere 40 Prozent betreffen sowohl Marketingmaßnahmen als auch Kommunikationsmittel, beispielsweise Chatbots. Weiterhin nutzen 39 Prozent der Führungskräfte KI-Tools als Unterstützung bei Dokumentationen und 35 Prozent als Unterstützung bei der Automatisierung, beispielsweise im Rahmen einer Inventur.

Ein weiterer Ausbau dieser Anwendungsfälle könne dem Handel, so Google und IW, zu einer Produktivitätssteigerung von bis 1,3 Prozent verhelfen. Bei einer erfolgreichen Implementierung innerhalb mindestens der Hälfte aller Einzelhandelsunternehmen über zehn Jahre könne so ein Wachstum von bis zu zehn Milliarden Euro generiert werden.

Im Vergleich zwischen dem digitalen und dem stationären Handel sehen bereits heute 38 Prozent der Führungskräfte im E-Commerce positive Effekte dank des Einsatzes von KI. Im stationären Bereich betrifft dies lediglich 13 Prozent. Die Erwartungshaltungen an die kommenden fünf Jahre liegen ähnlich auseinander: Erwarten 75 Prozent der im E-Commerce Tätigen weitere Steigerungen, sind es im stationären Bereich lediglich 57 Prozent.

Bei dieser Sache kann KI nicht weiterhelfen

Von den rund 2,5 Millionen Beschäftigen im deutschen Gesamteinzelhandel müssen sich laut der Studie jedoch wenige Sorgen um die Zukunft ihres Jobs machen. So identifiziert IW zwar mit 56 Prozent (beziehungsweise etwa 1,4 Millionen Beschäftigen) einen sehr hohen Anteil an Arbeitsplätzen, deren Aufgabenbereiche durch KI supplementiert werden können.

Doch gaben die befragten Führungskräfte an, die KI-Tools lediglich unterstützend einsetzen zu wollen. Die freigewordene Zeit ihrer Angestellten wollen sie vorrangig für Weiterbildung oder andere Arbeitsbereiche nutzen. Für etwa 100.000 Angestellte aus dem Bereich der Verwaltung können dagegen größere Veränderungen anstehen. Denn die hier üblichen Aufgaben können sich perspektivisch stark durch KI automatisieren oder ganz ersetzen lassen.

Eine eher geringe Auswirkung von 39 Prozent hat KI dagegen auf die rund eine Million Beschäftigten, welche vor allem manuelle Tätigkeiten ausüben. So könne KI zwar viel, aber das Auffüllen von Regalen gehört bisweilen nicht zu ihren Stärken. 

Weiterhin viele Hürden für Unternehmen

Um das prognostizierte Wachstum zu erreichen, wäre zum aktuellen Zeitpunkt jedoch noch ein deutlich stärkerer Einsatz von KI notwendig. Doch dem stehen zahlreiche Hürden im Weg. So gaben 54 Prozent der befragten Führungskräfte vor allem Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von KI-Tools als Hinderungsgrund an. Weitere Hemmnisse bestehen aufgrund von Bedenken zu den rechtlichen Anforderungen (51 Prozent), der Zuverlässigkeit von KI (50 Prozent), mangelnden internen Kompetenzen (50 Prozent) oder den Kosten (47 Prozent).

Bereits im letzten Jahr befragte die IW Consult im Auftrag von Google Führungskräfte der deutschen Wirtschaft hinsichtlich der Nutzung von KI. Die Studie „Der digitale Fakor“ schaut dabei auch auf andere Branchen, wie beispielsweise den öffentlichen Dienst und die Automobilbranche. Datengrundlage sind neben einer Online-Befragung unter Verbraucher:innen und Entscheidungsträger:innen vor allem Modellrechnungen.

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