Roboter können in der Industrie komplexe Aufgaben übernehmen. Das Problem ist aber, dass die Einrichtung der Roboter oftmals selbst komplex und teuer ist. Das StartUp ArtiMinds hat eine Software entwickelt, die die Programmierung und Anwendung von Robotern in Industrie und Logistik einfacher machen soll.

Intelligente Roboter im Einsatz.

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Logistik Watchblog: Was ist die Geschäftsidee hinter ArtiMinds?

Sven Schmidt-Rohr: Industrieroboter sind heutzutage in vielen Anwendungen mit selbst den kleinsten Prozessvarianzen - etwa bei elastischen Materialien, leicht unterschiedlichen Werkstückgeometrien oder schwieriger Fixierung bei komplexen Werkstücken - nicht ökonomisch einsetzbar. Dies liegt daran, dass die Einrichtung von Roboteraufgaben, bei denen die Varianzen vom Roboter mittels Fühlen oder Sehen ausgeglichen werden müssten, in den überwiegenden Fällen extrem aufwendig und damit unökonomisch ist.

ArtiMinds liefert mit der ArtiMinds Robot Programming Suite (RPS) nun ein Softwareprodukt, welches für Industrieroboter die sehr schnelle und intuitive Einrichtung solcher komplexen, sensor-adaptiven Roboteraufgaben ermöglicht. Damit kann eine sehr große Menge von bisher nicht erschlossenen Anwendungen in den Bereichen Montage, Handling, Logistik oder Laborhandhabungen für Industrieroboter wirtschaftlich werden.

Logistik Watchblog: Wie kann die Logistik von ArtiMinds Lösungen profitieren?

Sven Schmidt-Rohr: Bisher ist ArtiMinds vor allem im Montagebereich aktiv. Die ersten Experimente mit verschiedenen Logistikanwendungen laufen jedoch bereits intern. Dies ist z.B. das robuste, dichte Bepacken von Schachteln in größere Kartons oder die Bestückung von Warenvorschubsystemen mit Federrückstellung. Für ersteres wird eine Anwendungsvorschau auf unserem Stand auf der Messe MoTek vom 5.-8. Oktober in Stuttgart gezeigt. Es gibt in der Logistik jedoch aufgrund des häufigen Auftretens nachgiebiger Materialien wie Pappe, Gummi und elastischen Kunststoffen noch viele weitere Anwendungen, bei denen die kraft-feinfühlige, prozessadaptive Industrierobotik glänzen kann.

Logistik Watchblog: Warum werden Ihrer Meinung nach noch nicht so viele industrielle Roboter in der Logistik / Industrie eingesetzt?

Sven Schmidt-Rohr: Industrieroboter sind bisher noch sehr unflexibel und unzugänglich. Sie müssen Kräfte fühlen oder sehen können und darauf basierend flexibel auf ihre Umgebung reagieren, damit Prozesse nicht mit extremen Fixierungs- und Zeitanforderungen auf den Roboter maßgeschneidert werden müssen. Darüber hinaus müssen diese mächtigen, adaptiven Roboteraufgaben von wenig geschulten In-House-Technikern sehr schnell änderbar sein, damit häufig schnelle Produktions/logistikänderungen möglich sind. Wird dies beides erreicht, werden sich Industrieroboter aufgrund ihrer überragenden fundamentalen Wirtschaftlichkeit und Handlungszuverlässigkeit sehr schnell auch in mittelgroßen Betrieben ausbreiten. ArtiMinds trägt mit seiner RPS zu dieser Entwicklung bei.

Logistik Watchblog: Wie möchte ArtiMinds dieses Problem beheben?

Sven Schmidt-Rohr: Die ArtiMinds RPS folgt auf über 30 Jahre Grundlagenforschung am Karlsruher Institut für Technologie im Bereich intuitive Programmierung von Robotern. Wir haben vielfach preisgekrönte Grundlagenforschung im Bereich maschinelles Lernen und Planen für Roboter nun in ein robustes und in klassische Workflows passendes Produkt transferiert. Ein Schwerpunkt liegt dabei für uns darauf, möglichst keine speziellen Anforderungen an die Hardware zu stellen. Die RPS erzeugt daher Code in den Standardroboterprogrammiersprachen, welcher keinerlei Erweiterungen auf Roboterseite benötigt und mit vielen verschiedenen, breit verfügbaren und erprobten Sensorsystemen funktioniert.

Logistik Watchblog: Sind die Lösungen von ArtiMinds mit dem sogenannten Internet der Dinge kompatibel?

Sven Schmidt-Rohr: Momentan laufen die von der RPS erzeugten Roboterprogramme netzwerkunabhängig. Eine Einbettung in ein Internet der Dinge ist für einen Nutzer mit einigen Basisprogrammbausteinen prinzipiell möglich, aber noch nicht weitergehend und spezialisiert unterstützt. Überlegungen dazu gibt es bereits, andererseits untergräbt jener Ansatz die Vision eines ganz einfach zu bedienenden, unabhängigen Roboters, der von keinerlei umgebender IT abhängig ist.

Dieser autarke Ansatz sieht den Roboter als ein einfaches, universales Werkzeug, wie z.B. eine Bohrmaschine - nur mit dem Unterschied, dass er einmal eingestellt rund um die Uhr selbstständig und flexibel arbeitet. Der Ansatz des Internet der Dinge führt dagegen wieder zusätzliche Komplexität, Fehlerquellen und Schwerfälligkeit ein, denen der Mittelstand in weiten Teilen oft noch zu Recht skeptisch gegenübersteht.

Nichts desto trotz haben wir einige Ideen, wie wir unser Produkt für größere Firmen effektiv in eine vollvernetzte, flexible Fabrik einbetten können. Die Umsetzungspriorität wird dann aber von der Kundennachfrage bestimmt.

Logistik Watchblog: Was sind die nächsten Schritte die ArtiMinds 2015/2016 gehen wird?

Sven Schmidt-Rohr: ArtiMinds wird auf der MoTek eine Vorschau der Unterstützung von zwei weiteren Roboterhersteller, zusätzlich zu Universal Robots, präsentieren. Es sind weitere Aktivitäten, auf dieser Achse geplant, um die verschiedenen Kundenwünsche optimal adressieren zu können. Darüber hinaus sind neue Softwaremodule in Entwicklung, die die Intuitivität weiter erhöhen und neue Sensorklassen erschließen. Jene Ergebnisse wird es dann umfassend und live auf der Automatica 2016 zu sehen geben. Die RPS wurde bereits in mehreren Ländern verkauft, aber natürlich wollen wir die Zahl der Länder, in denen die RPS im Einsatz ist, nun zügig weiter steigern.

Über Sven Schmidt-Rohr

Sven Schmidt-Rohr von ArtiMinds.

Dr.-Ing. Sven R. Schmidt-Rohr, ArtiMinds CEO und Co-Founder hat am Karlsruher Institut für Technologie an der Fakultät für Informatik studiert und promoviert. Seit 2002 widmet er sich ganz dem Thema der intuitiven Programmierung von Robotern.