In Frankfurt testet Hermes aktuell die Paketzustellung mit der Straßenbahn. Experten sehen die Logistik-Tram als effektive Alternative für die Zustellung auf der letzten Meile.
Seit Jahren wird nach Alternativen und neuen Zustellmethoden auf der letzten Meile gesucht, um den steigenden Paketmengen Herr zu werden. Hermes testet in Frankfurt dafür aktuell die Paketzustellung mit der Straßenbahn. Von einem Knotenpunkt außerhalb werden jeden Morgen zwei Boxen mit Paketen in die Tram geladen und ins zentrale Europaviertel transportiert. „Anschließend nehmen zwei unterschiedliche Typen von E-Bikes die Boxen auf und transportieren sie zu den Zustelladressen“, erklärt Marco Seibert in einer Unternehmensmeldung. Er leitet als Depotmanager Frankfurt das Projekt auf Hermes-Seite.
Produktivität der Kombination Tram/E-Bike getestet
Mit dem Testbetrieb soll nicht nur die Möglichkeit einer Logistik-Tram getestet werden, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen Tram und E-Bike und welches der zwei aktuell verwendeten Modelle an E-Bikes am besten für die letzte Meile funktioniert. „Wir schauen auf die zugestellten Sendungen pro Stunde und werten aus, ob die Tram-Lösung oder doch E-Autos produktiver sind“, so Seibert weiter. In der Kombination beider Verkehrsmittel sieht er aber bereits jetzt großes Potenzial: „Es wird eventuell nicht das komplette Gebiet der Innenstadt abdecken, aber in schwierig zugänglichen Gebieten wie Fußgängerzonen oder dem Bereich um den Bahnhof könnte die Zustellung ein enormer Gewinn sein“.
Straßenbahn als gute Lösung im „Methodenmix“
Zwar wird auch die Zustellung per Straßenbahn nicht die eierlegende Wollmilchsau werden, Experten sehen in ihr aber einen guten Teil der Lösung. „Jede praktikable Lösung hilft – ich spreche immer vom ‚Methodenmix der Nachhaltigen Stadtlogistik’“, sagt Professor Ralf Bogdanski vom Kompetenzzentrum Logistik an der Technischen Hochschule Nürnberg. Auch ist diese Art der Zustellung nicht neu. „Die grundsätzliche Idee der Belieferung mit Straßenbahn ist so alt wie Straßenbahnen selbst“, so Kai-Oliver Schocke, Professor für Produktionsmanagement und Logistik an der Frankfurt University of Applied Sciences. Projekte dazu gibt es bereits in Dresden und auch in Frankreich und der Schweiz laufen bereits Testfahrten mit Straßenbahnen. In Moskau setzt man für den Pakettransport beispielsweise auf die U-Bahn.
Inwiefern sich das aktuelle Pilotprojekt in Frankfurt als „praktisch, ökonomisch sinnvoll und umsetzbar“ herausstellt, wie Hermes dazu schreibt, wird die Zukunft zeigen. Dann müssten sich allerdings auch die Behörden verstärkt für derartige Alternativen einsetzen. „Wenn es mehr Druck von Seiten der Politik in Richtung Verkehrsreduzierung gibt und solche Lösungen tatsächlich gefördert werden, könnte diese Art der Zustellung auf größerer Ebene umgesetzt werden“, betont Professor Schocke. Insgesamt müssten „viele günstige Faktoren zusammenkommen: Man braucht Zielhaltestellen in Gebieten, die von der Sendungsstruktur her für Lastenräder geeignet sind, und Quellhaltestellen in Depot-Nähe mit der verkehrstechnischen Möglichkeit, von leichten Lkw in die Straßenbahn umzuladen“, so die Einschätzung von Prof. Bogdanski. Auch können die Pakete nicht auf Dauer mit Personenwaggons transportiert werden, es müsste eine eigene Logistik-Tram geben.
Bei Hermes ist man vom Versuch allerdings überzeugt. „Alle Dienstleister müssen umdenken. Und nur wenn man kleine Schritte in die richtige Richtung versucht, kann am Ende etwas Großes dabei herauskommen“, so die Meinung von Hermes-Depotmanager Seibert.
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