Andreas Scheuer will Paketlieferungen nachts per U-Bahn transportieren. Doch das Vorhaben wirkt genauso unsinnig wie das Maut-Projekt, das der Verkehrsminister schon in den Sand gesetzt hat.
Andreas Scheuer stürzt sich in das nächste Prestige-Projekt, das krachend scheitern könnte: Nachdem der Verkehrsminister sich mit dem Maut-Projekt schon bahnbrechend in die Nesseln gesetzt hatte, hat er nun Pläne vorgestellt, nach denen Pakete nachts per U-Bahn durch Städte transportiert werden sollten.
Das ist eigentlich ein löblicher Ansatz. Den Pakettransport neu zu denken und die zahllosen Sendungen von der Straße auf die Schiene zu holen, ist gut gedacht. Die U-Bahn zu nutzen, schlägt dabei – zumindest rein theoretisch – zwei Fliegen mit einer Klappe: Der Straßenverkehr wird entlastet und die Emissionen gesenkt. Denn anders als Lkw und Transporter fahren die U-Bahnen mit Strom und nicht mit fossilen Kraftstoffen.
Ganz revolutionär ist der Gedanke von Verkehrsminister Scheuer nicht: In den USA gab es bereits schon Ansätze, um die Logistik in die U-Bahn zu verlegen. Es gibt also auch Vorbilder für die Idee des von dem Maut-Fiasko gebeutelten Ministers.
Es gibt kaum U-Bahnen in Deutschland
Doch bei näherer Betrachtung bröckelt der Plan: Scheuer erklärte, er wäre bereit, „ein Pilotprojekt in einer Stadt zu machen, wo wir eine U-Bahn umbauen und eine spezielle Paket-U-Bahn daraus machen“. Der Verkehrsminister hat bei diesem Vorhaben also die Auswahl aus sage und schreibe vier Städten in der Bundesrepublik. Denn über eine vollständig vom Straßennetz getrennte U-Bahn verfügen nur Berlin, Hamburg, München und Nürnberg. In anderen Städten, wie beispielsweise Köln, sind die Bahnen zwar auch teilweise unterirdisch unterwegs, teilen sich aber streckenweise die Straße mit den anderen Verkehrsteilnehmern.
Wer jetzt argumentiert, dass es schon von Vorteil wäre, die Pakete überhaupt per Bahn zu transportieren, übersieht, dass der Straßenverkehr bei der überirdischen Fahrt der Bahnen nur mäßig entlastet wird. Zudem sind in vielen Städten die Netze der jeweiligen Verkehrsbetriebe schon derart ausgelastet, dass die nötige Zahl an Paket-Bahnen kaum bis gar keinen Platz finden.
Kein einfaches Pack&Go
So wiesen auch die Berliner Verkehrsbetriebe Scheuer umgehend darauf hin: „Es gibt keinen Platz.“ Wie eine Sprecherin laut Berliner Morgenpost erklärte, gebe es weder ein Depot zur Lagerung der Pakete außerhalb der Stadt, noch die Möglichkeit, ausreichend kleine Auslieferungsstellen in der Innenstadt zu schaffen. Das sind Baustellen, die sich nicht einfach lösen lassen. Klar, mit genug Investitionsgeldern (und Zeit) könnte diese Infrastruktur geschaffen werden. Aber Scheuers Vorstoß suggeriert, dass man einfach eine Bahn mit Paketen volllädt und diese dann durch den Untergrund fahren lässt. Man stelle sich einmal vor, dass die Sendungen dann einfach am regulären Bahnsteig entladen werden…
Hier steht eine eindeutige Kosten-Nutzen-Frage im Raum, nach der es für die Paket-Bahn nicht wirklich gut aussieht. Zumal die Logistikdienstleister und Städte bereits ausgiebig nach neuen Möglichkeiten suchen, die Paketzustellung zu verbessern und den Straßenverkehr möglichst zu entlasten. Wie ein Sprecher der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zudem anmerkte, wirft die Eigenschaft der U-Bahn, unterirdisch zu fahren, dem Vorhaben weitere Knüppel zwischen die Beine. „So lassen sich Paletten oder größere Lieferungen, bei denen sich der Aufwand überhaupt erst lohnt, kaum in der vorhandenen Infrastruktur von U- und S-Bahn weiterreichen, auch etwa weil es keine Lastenfahrstühle gibt.“
Es scheitert an der Infrastruktur
Zwar räumen sowohl der Berliner Senat als auch die BVG ein, dass die Straßenbahn für den Güterverkehr besser geeignet wäre. Die Entladung der Bahn könne etwa über ein Extragleis durchgeführt werden, womit der Personenverkehr nicht gestört wäre. Aber solche Extragleise existieren schlichtweg noch nicht und auch der Personalmangel macht das Vorhaben bislang eher unmöglich. Andreas Scheuer wäre jedenfalls angeraten, seine Pläne genauesten zu prüfen, bevor er wie bei seinem Maut-Projekt die nächsten Steuermillionen verbrennt.
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