Körperlich anstrengende Arbeit und aufwendige Prozesse – so gestalten sich momentan Großteiles die Bedingungen in der Logistik. Stellt sich die Frage: Wohin wird sich die Branche entwickeln? Wie wird diese wohl aussehen? Wer diese Frage heute mit einem Blick in die Glaskugel 100%ig korrekt beantworten könnte, der hätte finanziell wohl für mehrere Generationen ausgesorgt.
Die gute Nachricht im Rahmen dieser Frage ist: Vermutlich gibt es nicht die eine Logistik der Zukunft. Denn Logistik bedeutet Flexibilität, sie bedeutet stetige Anpassungen, sie erfordert ein Schritthalten mit dem stetigen Wandel und den Entwicklungsanforderungen.
Diese Aufzählung könnte sicherlich mehrere Seiten füllen, jedoch zeigt sich bereits hier, dass Logistik trotz vergleichbarer Grundregeln und bestimmten Prinzipien, die sich immer wieder finden, auch höchst individuell bleibt. Genau dies macht die Entwicklung der intralogistischen Systeme so spannend für die Unternehmen, denn es erfordert ein stetiges Querdenken. Bei gleichzeitigem Hinterfragen der aktuellen Prozesse sowie der technischen Möglichkeiten und Anforderungen ist in den Entwicklungsabteilungen eine „erst mal ist alles möglich“ - Philosophie gefordert. Der Erfolg dieser Denkweise wird im Rahmen der erfolgreichen Tests und „Going live-Situationen“ mit Drohnen, die bereits heute für die Sendungsauslieferungen eingesetzt werden oder der Einsatz von FTS, also den fahrerlosen Transportsystemen, belegt.
Adrian Siegler, Geschäftsführer der Grenzebach Automation GmbH, bot im Rahmen seines Vortrags spannende neue Perspektiven der „Logistik der Zukunft“ an und legte dar, welche Anforderungen an die zukunftsweisenden Logistiksysteme bereits heute gestellt werden. Darüber hinaus gab er Einblicke, wie Grenzebach diese Herausforderungen interpretiert und damit umgeht.
Im Vergleich zu den diversen starken Trendworten wie das „Internet der Dinge“, „Virtual Shopping 2.0“, die uns heute immer wieder begegnen, gerät die Logistik vermutlich etwas aus dem Blickfeld der meisten Kunden.
Verschwindet die Logistik aus dem Fokus?
Immer wieder ist Logistik ja auch ein Synonym für „das Päckchen packen“ und „das Artikel horten“. Und gleichzeitig werden daraus wohl irgendwie die bestellten Waren als auch die daraus resultierenden Retouren abgewickelt.
Diese Stimmen zeigen, dass die Logistik etwas wenig Spektakuläres zu sein scheint, eher im Hintergrund agiert und für die meisten Kunden kaum greifbar ist. Dabei stellt die Logistik in den Unternehmen gleichzeitig die zentrale Drehscheibe in der internen und externen Supply Chain dar. Und nicht zu vergessen: Die Logistik ist der letzte Touch Point und somit gleichzeitig der erste Kontakt im Rahmen eines physischen Erlebnisses des Kunden, wenn er die Ware erhält.
Kurz auf den Punkt gebracht: ohne Logistik kein E-Commerce und somit kein Einkaufserlebnis durch haptische Kommunikation. Zumindest keines, in dem physische Waren eine Rolle spielen.
Doch wie sehen die heutigen Anforderungen an die Logistik eigentlich aus?
Durch die Beantwortung dieser Frage ließe sich vermutlich auch ableiten, welche Aufgaben und Anforderungen zukünftig an die moderne Logistik von morgen gestellt werden.
Herr Siegler geht im Rahmen seiner Präsentation zuerst auf allgemeine Logistikthemen ein, die wohl jeden Logistikverantwortlichen im Rahmen seiner Tätigkeit beschäftigen. Genannt seien hier wichtige Themen, wie der anhaltende Margendruck, Kostenaufwände durch Personal, Transporte oder Energieverbräuche. Auch der demografische Wandel, dessen Auswirkungen bereits seit geraumer Zeit zu spüren sind und der sich zukünftig wohl noch rasanter entwickeln wird, findet Erwähnung. Und all dies bei gleichzeitig steigenden Kundenanforderungen in Bezug auf Service, Geschwindigkeit und Preis sowie einer sinkenden Fehlertoleranz.
Um diesen Herausforderungen angemessen zu begegnen, wird eine steigende Automatisierung der Prozesse benötigt, so Herr Siegler. Auch die aktuellen Bedarfe im Rahmen einer benötigten Flexibilität sowie die Skalierbarkeit der angebotenen Lösungen werden angesprochen. Die Praxis zeigt außerdem, dass die intralogistischen Immobilienanforderungen immer wieder ein Thema sind und im Zuge dessen z.B. auch die Mietzeiträume für geeignete Hallen eine Rolle spielen.
Ergonomie und Demografie
Auch die in den anderen Teilen dieser Reihe angesprochenen Themen wie Ergonomie und Demografie sind ein großes Thema für Grenzebach, so Herr Siegler. Aber was bedeutet das konkret für die intralogistischen Lösungen aus Sicht des Herstellers? Ein wichtiges Element sind dabei die ergonomisch gestalteten Arbeitsplätze, die Vermeidung von unnötigen Laufwegen, insbesondere bei gleichzeitiger Belastung durch Heben und Tragen von Warenstücken, oder durch das stetige befördern von Kommissionier-Wagen.
Die Lösungen sollten zu einem attraktiven, motivierenden und gesunden Arbeitsumfeld beitragen und gleichzeitig eine hohe Nutzer- und Bedienerfreundlichkeit aufweisen. Auch sollte dies zu reduzierten Anlernphasen der Mitarbeiter führen. Im Zuge dessen könnten auch Aufgabenrotationen um einseitigen Belastungen zu begegnen, realisiert werden!
Auch die Firma Grenzebach sieht hier einen wichtigen Schritt in der „Ware zur Person“-Methode, und legt somit seinen Entwicklungsschwerpunkt in den Ausbau des G-Com Systems, das die Teilnehmer im Rahmen des Workshops besichtigen konnten. Entsprechend dieser Ausrichtung wurde der Flexibilität des Systems ein hoher Stellenwert eingeräumt.
Einblicke in die Anforderungen an ein modernes Logistiksystem
Herr Siegler stellt im Rahmen seiner Keynote folgende USPs (Unique Selling Proposition) des G-Com Systems heraus und definiert daraus auch gleichzeitig die zukünftigen Anforderungen an ein modernes Logistiksystem. Ebenso finden sich hier einige Anforderungen der BLG Logistics wieder, die im Rahmen des gemeinsamen Projekts gestellt wurden.
- In wenigen Wochen kann bereits mit der manuellen Kommissionierung begonnen werden.
- Schnell integrierbarer Hardwareeinsatz (Pickarbeitsplätze, Schutzzäune, Bodenmarker).
- Automatisierung durch mobile Robotersysteme.
- Durch Erweiterungen des Systems z.B. mehr Regale, FTS (fahrerlose Transportsysteme) oder der Pick/Putstationen ist ein flexibles Wachstum mö
- Eine Steigerung der Performance ist durch zusätzliche mobile Roboter sowie Arbeitsplätze jederzeit schnell und einfach mö
- Einfacher Umzug an neue Standorte. Ware kann dann auf den Lagerorten und den Regalen verbleiben und so an einem neuen Standort schnell zur Verfügung gestellt werden.
- Flexibel, erweiterbar und modular.
- Automatische Etablierung von A/B/C Zonen. Dies erfolgt hierbei Systemgestützt, gleichzeitig erlaubt diese „Ware zur Person“-Methode mehrere Arbeitsschritte, wie das kommissionieren von Aufträgen, das Zulagern von Retouren oder auch eine Optimierung/Verdichtung der Lagerorte analog zueinander.
- Das System arbeitet energieeffizient.
- Hohe Flexibilität der Regale in Bezug auf heterogene Artikel.
- Kundenindividuelle Arbeitsplatzgestaltung.
- Hohe Produktivitä
- Schnelle Anpassungen bei Wechsel des Auftraggebers oder Versenders.
- Kurzzeitiger Start des Fulfillment für einen neuen Kunden.
Zusätzlich stellte das Logistikcenter in Frankfurt eigene und besondere Anforderungen an das Realisierungsteam, die es zu beachten galt, erklärte Herr Siegler. Somit war es z.B. wichtig, eine Nutzung über mehrere Ebenen zu realisieren und eine Multichannel-Strategie zu unterstützen. Das Gebäude selber ist denkmalgeschützt. Somit ergab sich daraus ein geringer Spielraum für etwaige bauliche Maßnahmen. Die 2,20 m an nutzbarer logistischer Raumhöhe sowie eine Vielzahl an Betonstützen waren ebenso als gegeben anzunehmen.
Auch waren der BLG Logistics folgende Punkte für die Implementierung der neu zu planenden Retouren-Abwicklung wichtig:
- Kurze Realisierungszeit
- Eine Integration in bestehende Prozesse
- Berücksichtigung der hohe Artikelbreite bei gleichzeitig geringem Bestand pro Artikel
- Schnelle Rückführung der Artikel in den Vorwärtsprozessen notwendig
Abbildung des Warenflusses in der neuen Retouren-Verarbeitung:
Der für ein Projekt in dieser Größenordnung vorgegebene und realisierte Zeitrahmen lässt hier durchaus den Rückschluss zu, dass sich das System bei einer entsprechenden Projektsteuerung schnell integrieren lässt. Gleichzeitig konnte das System, zumindest partiell, in Betrieb genommen werden und nach Erstinbetriebnahme parallel weiter optimiert werden. Diese Inhalte verdeutlichen, dass mit dem E-Commerce und den erweiterten Kundenanforderungen eine starke Bewegung in die Produktentwicklung der Anbieter von intralogistischen Lösungen gekommen ist.
Im Fokus sind hierbei flexible und automatisierte Lösungen, die gleichzeitig Prozesse- und Abläufe verbessern, und Menschen bei Ihrer täglichen Arbeit entlasten können. Diese Entwicklungen tragen somit dazu bei, dass logistische Tätigkeiten zukünftig effizienter gestaltet werden können und das bei einer gleichzeitigen physisch geringeren Belastung für den Menschen.
Ein Ausblick auf Teil 4
Während sich dieser und die vorangegangenen Teile (Tei 1 | Teil 2) schwerpunktmäßig mit der intralogistischen Entwicklung und den daraus resultierenden Trends auseinandergesetzt haben, wird der vierte und gleichzeitig auch letzte Teil dieser Reihe das Thema Krankenstände unter einem anderen Blickwinkel betrachten.
Denn neben der physischen Belastung ist gleichzeitig auch die psychische Belastung der Mitarbeiter heute ein wichtiges und viel diskutiertes Thema. Zumal diese Art der Belastung eine nicht zu unterschätzende Auswirkung auf den Faktor „Krankenstand“ hat. Die Praxis zeigt, dass die Themen „Führung und Führungskultur“ insbesondere im Rahmen einer Betrachtung der Krankenstände in den Unternehmen durchaus zu kurz kommen können.
Ein „Klassiker“, der auch in der Führungsliteratur immer gerne genannt wird, ist die Vorgehensweise, geeignete Führungskräfte danach zu rekrutieren, wie sie Ihre heutigen Aufgaben qualitativ erledigen. Natürlich: Es ist selbstverständlich, dass die zukünftige Führungskraft inhaltlich kompetent auftreten kann, Impulse gibt und die Entwicklungsrichtung der Abteilung vorgeben kann. Und genau dieser Punkt ist durch das genannte Auswahlverfahren i.d.R. auch hervorragend erfüllt. Denn diese basieren auf „Hard Facts“, also Leistungen, die klar nachvollzogen und belegt werden können.
Wenn die neue Aufgabe jedoch zusätzlich Führungsaufgaben beinhaltet, ist es unabdingbar, die favorisierte Person genau unter diesen neuen Anforderungen zu betrachten. Hier kommen die „Social Skills“ (die sozialen Kompetenzen) und somit die „Soft Facts“ zum Tragen, die wiederum im Vorfeld und vor Antritt der neuen Aufgabe nicht messbar sind. Und tritt der Mitarbeiter erstmalig eine Führungsaufgabe an, dann gibt es häufig bestenfalls ein „Bauchgefühl“ und die Eindrücke im Umgang mit den Kollegen.
Die Erfahrung zeigt, dass fehlende Führungskompetenz manchmal sogar kurzfristig, meist jedoch mittel- und langfristig, einen nicht zu unterschätzenden Schaden anrichten kann.
Aus dieser Perspektive gibt uns Frau Nathalie Tenkhoff von dellian-consulting im kommenden Teil weitere Einblicke. Frau Tenckhoff ist heute als Gesundheitscoach tätig und kann im Rahmen Ihrer Expertise gleichzeitig auf eine jahrzehntelange Führungserfahrung zurückblicken.
Hier finden Sie die weiteren Teile unserer Themenreihe:
Krankenstand in der Logistik - Teil 1
Krankenstand in der Logistik - Teil 2
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