Der Suezkanal ist eine der wichtigsten Handelsrouten zwischen Asien und Europa – die kurzzeitige Sperrung wirkt sich womöglich noch mehrere Monate lang auf Lieferketten aus.
Nach der rund einwöchigen Blockade des Suezkanal durch den Containerfrachter „Ever Given“ konnte das Schiff freigelegt werden, nach und nach löst sich nun auch der Stau von etwa 400 Schiffen, die den Kanal in dieser Zeit nicht passieren konnten, wieder auf. Rund um die Uhr würden nun Schiffskonvois durch den Kanal gelotst, um den Rückstau abzuarbeiten, meldet der Logistik-Service GAC zur aktuellen Lage.
Der 400 Meter lange Frachter war im Kanal auf Grund gelaufen und hatte sich schließlich in eine komplette Querlage manövriert, sodass Bug und Heck jeweils an die Kanalseiten stießen. Zahlreiche Schlepper und kleine Bagger hatten es schließlich geschafft, diesen wieder freizulegen.
Dass dies gelang, sei insbesondere für globale Lieferketten eine erfreuliche Nachricht, so Holger Lösch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI): „Ohne die zeitige Freilegung wären die Probleme im Seeverkehr zwischen Europa und Asien mit jedem weiteren Tag exponentiell gewachsen“, heißt es in einer Verbandsmeldung.
Hoher Andrang an europäischen Häfen erwartet
Bis sich der Rückstau völlig aufgelöst hat und der Schiffsverkehr wieder wie gewohnt fließen kann, dauert es vermutlich noch einige Tage. Die Verzögerungen im Ablauf werden nun insbesondere europäische Häfen zu spüren bekommen – vor allem im Mittelmeer, die dortigen Häfen sind oft erste Anlaufpunkte für Schiffe aus Asien.
In Rotterdam rechne man mit 60 Schiffen, die nun nach der Sperrung noch unterwegs zu Europas größtem Hafen seien, und deren Fracht abgefertigt werden muss. Auch in Hamburg stelle man sich auf eine höhere Auslastung ein. Terminalbetreiber Eurogate gab gegenüber der Süddeutschen Zeitung an, dass sich der zu erwartende Andrang nur durch eine Umverteilung auf mehrere Häfen auflösen lasse.
Maritime Lieferketten voraussichtlich bis Herbst angespannt
Die höhere Auslastung werde allerdings den Druck auf die Lieferketten merklich erhöhen. Unter anderem für die Chemie- und Autoindustrie stellt dieser Seeweg eine wichtige Handelsroute dar, hier seien in Zukunft Engpässe zu befürchten – die Folgen der zeitweiligen Suez-Kanalsperrung wären gar monatelang spürbar, prognostiziert Holger Lösch vom BDI: „Der Druck im Seeverkehr wird weiterbestehen. Es kann nicht mit einer Entspannung der maritimen Lieferketten vor dem dritten Quartal gerechnet werden“.
Steigende Transport- und Versicherungskosten
Darüber hinaus könnten nun auch die Containerpreise in der Schifffahrt erneut steigen: „Schon die Corona-Krise hat für Verwerfungen im maritimen Handel gesorgt und die Preise für den Container-Transport explodieren lassen“, erklärt Vincent Stamer, Experte für maritimen Handel am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel). So waren die Transportkosten für Container von Ostasien nach Europa zum Jahreswechsel fast fünfmal so hoch, wie im Vorjahr, wertete das Institut aus. Auch der Bundesverband Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA) hatte im Februar bereits darauf hingewiesen. „Die Schiffshavarie im Suezkanal und ihre Nachwirkungen kommen nun noch als zusätzliche Belastung hinzu. Das treibt tendenziell die Preise für den Seehandel nach oben, was sich früher oder später auch in den Produktpreisen niederschlagen dürfte“, so Stamer laut Institutsmeldung.
Auch mehr Schadensmeldungen bei Versicherungen, u. a. wegen verspäteten Lieferungen, seien infolge der Suez-Blockade zu erwarten. Bei den Rückversicherern, die Risiken der Erstversicherer auffangen, könnten weltweit gar Ansprüche in dreistelliger Millionenhöhe auflaufen, schreibt die Sächsische Zeitung mit Verweis auf Schätzungen der Ratingagentur Fitch. Das könnte letztlich auch insgesamt zu höheren Versicherungsbeiträgen führen.
Kommentar schreiben