Angesichts der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges ist die Stimmung der Logistiker ins Negative gekippt.
Der Geschäftsklimaindex der hiesigen Logistikwirtschaft liegt für das zweite Quartal dieses Jahres bei einem Wert von 90,9 – das sei ein deutlicher Rückgang, wie die Konjunkturumfragen des ifo-Instituts im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) ergaben. Sowohl die Geschäftserwartungen als auch die eigene geschäftliche Lage wurden demnach von Unternehmen vergleichsweise pessimistischer beurteilt.
Die laufenden Geschäfte würden Logistikdienstleister aktuell noch positiv bewerten: Wegen der dynamischen Nachfrage gäbe es eine steigende Zahl an Aufträgen. Es sei mit großflächigen Preissteigerungen zu rechnen. Noch mehr Preissteigerungen seien im Handel und in der Industrie zu erwarten, diese Branchen zeigten sich in Bezug auf die Geschäftsentwicklung im kommenden halben Jahr häufiger besorgt. Unsicherheit bestimme den Blick in die Zukunft.
Geopolitische Situation hat merkliche Konsequenzen
Insgesamt hätten sich die konjunkturellen Aussichten im Vergleich zum Jahresbeginn eingetrübt – das gesamtwirtschaftliche Wachstum falle niedriger als damals zunächst prognostiziert. Eine Rezession ist akut zwar nicht zu erwarten, auch gibt es weniger Kurzarbeit und nur geringfügig Existenzängste. Dennoch: „Anhaltende Lieferengpässe werden eine Rezession herbeiführen und verstärken“, so die Einschätzung Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer, Vorsitzender des Vorstands der BVL. „Wir erleben eine Zeitenwende, hin zu einer neuen Weltordnung und Werteordnung. Eine mögliche Blockbildung (USA, Europa, China) birgt Risiken im weltweiten Austausch von Gütern und Dienstleistungen. Eine scharfkantige Abgrenzung politischer Systeme hat ernsthafte Konsequenzen, insbesondere bei kritischen Abhängigkeiten in globalen Wertschöpfungsketten“.
Nach einem leichten wirtschaftlichen Aufschwung noch im ersten Quartal dieses Jahres ist die konjunkturelle Entwicklung hierzulande seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges und aufgrund des mehrwöchigen Lockdowns in Shanghai belastet. Lieferengpässe, neue Sanktionen gegen Russland sowie die sprunghaften Anstiege der Energie- und Nahrungsmittelpreise ließen die Erwartungen der Unternehmen einbrechen, während die Preise für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie in der Produktion deutlich stiegen, skizziert die BVL die Entwicklungen.
- Warenverkehr: Neue Corona-Beschränkungen in Shanghai
- Ende des Shanghai-Lockdowns: Langsame Erholung und Schiffstaus in der Nordsee
- Gestörte Lieferketten: Containerschiffe stauen sich vor deutschen Häfen
- Hafenarbeiter streiken für höhere Löhne – harsche Kritik von Arbeitgebern
- Ukraine-Krieg belastet Lieferketten: Mehrheit der Firmen meldet Lieferengpässe
- Ukraine-Krieg: Logistiker, Reedereien und Zulieferer stoppen Geschäfte mit Russland
Keine kurzfristige Entspannung
„In den Wirtschaftsbereichen Einkauf, Produktion und Logistik hört man neue Leitsätze: ‚Flexibilität geht vor Kosten‘ und ‚Verfügbarkeit ist die neue Währung‘. Was gestern noch unökonomisch war, gilt heute als wirtschaftlich sinnvoll“, kommentiert Thomas Wimmer weiter. So müsse in einigen Branchen jedes Produkt mindestens im Dual Sourcing verfügbar sein. „Das ist ein starker Kostentreiber.“ Die Störungen in den globalen Lieferketten werden weiter anhalten, weshalb diese weiterhin widerstandsfähiger gestaltet werden müssen.
„Kurzfristig ist keine Entspannung in Sicht“, so der BVL-Vorstandsvorsitzende. Das zeige sich unter anderem an den aktuellen Schiffsstaus in der Nordsee und der in Staus gebundenen Fracht und Kapazitäten. Verspätungen sowie der Mangel an Containern sowie an Paletten und Kartonagen verschärften sich. Diese Probleme werden neben Preissteigerungen noch bis weit ins Jahr 2023 hinein anhalten.
Trotz allem seien Krisen auch für schnellere Innovationszyklen bekannt, motiviert die BVL und appelliert: „Also bitte mutig bleiben und agil und aktiv gestalten.“ Viele Unternehmen würden sich bereits resilienter und nachhaltiger aufstellen.
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