Das NRW-Arbeitsministerium hat in diesem Sommer mit seinen Kontrollen zur Einhaltung von Sozialstandards bei KEP Diensten einmal mehr das Thema faire Logistik an die Öffentlichkeit gebracht. Im Ergebnis sieht das Ministerium besonders beim Einsatz von Subunternehmen grundlegende Mängel bei der Einhaltung der Sozialvorschriften. Diesem Missstand will das Arbeitsministerium mit einer neuen Gesetzesinitiative entgegentreten.
Ich denke, dass zusätzliche gesetzliche Bestimmungen allein nicht die einzige und erste Lösung für dieses Problem sind. Vielmehr ist dazu das Commitment und die Wertschätzung aller Marktteilnehmer, der Versender und Verbraucher genauso wie das der KEP Unternehmen, Subunternehmen und Politik nötig.
Für einen fairen Umgang und Verantwortungsbewusstsein
Der zunehmende Wettbewerbsdruck und kaum vorhandenes Verantwortungsbewusstsein für faire Logistik bei Versendern und Verbrauchern können dazu führen, dass Sozialstandards auf der Strecke bleiben. Besonders betroffen sind dabei Dienstleister, die auf der letzten Meile zum Einsatz kommen. Rechtlich, organisatorisch, kapital- und IT-seitig sind die Rollen in der Branche klar verteilt. Ändern können das Initiativen, die den fairen Umgang von Kunden und Lieferanten im Focus haben.
Bevor jedoch neue gesetzliche Maßnahmen beschlossen werden, sollten Händler und Verbraucher über ihre Verantwortung für faire Logistik sensibilisiert werden. Andere Branchen machen es vor. So gibt es bei Lebensmitteln und Kleidung Zertifikate für nachhaltig und fair produzierte Produkte. Ähnliche Zertifikate könnten auch für faire Arbeitsbedingungen in der Logistik sorgen.
Zusätzlich ist die Anpassung bestehender gesetzlicher Ausnahmeregelungen bei der Aufzeichnungspflicht für Postunternehmen an die Realität notwendig. Die stärkere Öffnung der bisher in sich geschlossenen IT-Systeme hin zu offenen IT-Systemen kann die Stellung von KEP Unternehmen ebenfalls stärken und Vertragsbeziehungen auf Augenhöhe ermöglichen.
Zertifikate für eine nachhaltige Logistik könnten helfen
Ich begrüße Initiativen, die den fairen Umgang von KEP Unternehmen fördern und sehe mich durch die NRW-Aktivitäten in meinem FairKEP Engagement bestätigt. Mit dem unter Federführung des Bundesverbandes der Kurier-, Express- und Postdienste (BdKEP), dessen Vorsitzender ich bin, entwickelten FairKEP Kodex gibt es eine tragfähige Grundlage für entsprechende Initiativen. Der FairKEP Kodex wurde entwickelt, um Unternehmen der KEP Branche Leitlinien für eine nachhaltige und transparente Unternehmensführung in den Bereichen Markt, Arbeitsplatz, Umwelt und Gemeinwesen an die Hand zu geben. Nun geht es darum, solche Initiativen von Seiten des Handels, der Verbraucher und der Politik zu stärken.
Der BdKEP vertritt kleine und mittelständische KEP Unternehmen, die bei den Kontrollen im Focus standen. Damit ihre Interessen bei der Lösungsfindung berücksichtigt werden, wollen wir uns bei der Erarbeitung und Umsetzung von Lösungen aktiv einbringen.
Folgende Lösungsansätze könnten dabei im Focus stehen:
- Etablierung eines FairKEP Siegels, das von einem branchenübergeifenden Commitment von Versendern über KEP Unternehmen bis zum Verbraucher und der Politik getragen wird.
- Präzisierung gesetzlicher Regelungen für Ausnahmen von Aufzeichnungspflichten bei Postunternehmen
- Qualifizierung von KEP Unternehmen bezüglich der Einhaltung von Sozialstandards bei der Auftragsvergabe und Dienstleistungserbringung
Im Zusammenhang mit der Einführung des Mindestlohns im kommenden Jahr, wird das Thema zusätzlich Aufmerksamkeit bekommen. Ich bin zuversichtlich, dass es gelingen wird, faire Marktteilnehmer zu fördern.
Über den Autor:
Andreas Schumann ist langjähriger Postexperte und seit Mai 2014 Vorsitzender des Bundesverbandes der Kurier-, Express- und Postdienste e.V. (BdKEP). Nach dem Studium der Landwirtschaft und Betriebswirtschaft hat er mit der Öffnung des Postmonopols 1998 einen der ersten Stadtpostdienste in Deutschland gegründet. Als die Fiege Logistik AG das Unternehmen übernahm, baute er den bis heute erfolgreich am Markt tätigen Briefdienst der Sächsischen Zeitung Postmodern auf. 2001 wechselte er zu EP Europost, heute TNT Post GmbH & Co. KG, nach Hannover. Dort hat er in verschiedenen Führungspositionen die Produkt- und Prozesslandschaft des Unternehmens maßgeblich geprägt und aufgebaut, zuletzt als Direktor Qualität. Im April 2010 gründete er die internetPost AG.
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