Angriff auf DHL? – DPD und GLS kooperieren bei der Paketzustellung

Veröffentlicht: 23.10.2024
imgAktualisierung: 23.10.2024
Geschrieben von: Hanna Behn
Lesezeit: ca. 4 Min.
23.10.2024
img 23.10.2024
ca. 4 Min.
Frau läuft mit GLS- und DPD-Paketen an Paketshop der beiden Anbieter vorbei
DPD Deutschland / GLS Germany
DPD und GLS sind Konkurrenten. Doch bei der Schaffung gemeinsamer Paketabgabe- und -annahmestellen ist man sich einig.


DPD und GLS tun sich zusammen – und wollen mit einem gemeinsamen Partnernetzwerk jetzt mehr Möglichkeiten zur Paketannahme und -abgabe schaffen. Erklärtes Ziel der Zusammenarbeit ist es, ein flächendeckendes „Out of Home“-Partnernetzwerk zu etablieren, wie beide Unternehmen aktuell verkündeten.

Derzeit betreiben beide Paketdienstleister jeweils rund 8.000 Paketabgabe- und -annahmestellen. Dazu zählen unter anderem Paketshops, die von Händler:innen betrieben werden. Diese mussten sich bisher entscheiden, ob sie entweder ein DPD- oder GLS-Paketshop sein wollen. Diese Exklusivität wurde nun im Rahmen der Kooperation aufgehoben. Neben den Shops soll es zudem gemeinsam genutzte Paketautomaten geben. Diese dürften dann so ähnlich funktionieren, wie die Packstationen der DHL Group. 

Out-of-Home-Zustellung im Trend

Der Aufbau des Paketstationen-Netzwerks basiert auf einer engen Zusammenarbeit mit dem Einzelhandel, Städten und Kommunen sowie weiteren Anbietern von Paketstationen. Paketstationen sollen nur wenige Minuten von den Verbraucher:innen entfernt sein. „Diese Netzwerkpartnerschaft ist der schnellste Weg, unseren Kunden den besten Service zu bieten“, erklärt Karsten Schwarz, CEO von DPD Deutschland, zur Kooperation. Mehr als ein Viertel der deutschen Online-Shopper bevorzuge die Zustellung an einen Paketshop – „Tendenz steigend“, sagt er mit Verweis auf Daten aus dem aktuellen Geopost E-Shopper-Barometer.

Auch in anderen Märkten ist längst eine Verschiebung weg von der Haustürzustellung zu beobachten, bestätigte Achim Dünnwald, CEO von GLS Germany, im Pressegespräch am Dienstag. So gehöre beispielsweise in Dänemark die Zustellung an Paketshops oder -automaten zum Standard, die Zustellung an die eigene Adresse kostet dort extra. In Polen treibt der Anbieter InPost die Out-of-Home-Zustellung voran. „Wir halten ein offenes Netzwerk für die richtige Antwort auf die Marktsituation“, so Dünnwald. In den nächsten drei Monaten soll es voraussichtlich insgesamt 10.000 gemeinsame Shops bzw. Automaten geben. Bis 2027 will man dann ein Partnernetz von rund 20.000 Out-of-Home-Punkten aufbauen – und so eines der dichtesten nationalen Netzwerke bieten. Über die Höhe der Investitionen bewahrt man Stillschweigen, sie soll sich aber im Bereich eines zweistelligen Millionenbetrages bewegen.

Händler können Out-of-Home-Zustellung im Check-out anbieten – und sparen?

Die Zustellung an Paketshops oder -automaten spart im Vergleich zur Zustellung direkt an die Haustür der Empfänger:innen auch Ressourcen. So ist die Haustürzustellung kostspieliger, weil mehr Adressen angefahren werden müssen – und nicht immer ist die Zustellung erfolgreich, etwa wenn bei der Lieferung niemand zu Hause ist. Zustellungen an Paketshops oder Paketautomaten hingegen bündeln die Sendungen und so reduziert sich auch der Aufwand. Auch ist es nachhaltiger. Darüber hinaus profitieren auch die Kommunen von weniger Lieferverkehr, führte der DPD-Deutschland-Chef aus.

Diese Effizienzsteigerung könne sich dann auch finanziell auswirken, so Schwarz. Es seien womöglich Einsparungen von 1 bis 2 Euro pro Sendung denkbar. Ob und wie sich diese Effizienzgewinne auf die einzelnen Beteiligten – Paketdienst, Handelsunternehmen und Kundschaft – aufteilen werden, ist aber noch Zukunftsmusik. Erst einmal müssten mehr Händler:innen überhaupt die Out-of-Home-Optionen von DPD und GLS direkt im Check-out anbieten, damit die Kundschaft sich dafür entscheiden kann. Einige Versender hätten ihren Check-out-Prozess diesbezüglich bereits angepasst. Doch gerade für kleinere Unternehmen ist das auch mit Aufwand verbunden. Es wäre aber möglich, dass bei einer höheren Nachfrage auch Shopsysteme wie Shopify, Shopware und Co. entsprechende Check-out-Systeme integrieren, mutmaßt der DPD-CEO. 

Anbieteroffene Stationen

Anbieteroffener DPD & GLS-Paketautomat – BeispielbildDie Paketshops und Automaten werden dabei nicht als exklusives System von DPD und GLS verstanden, sondern sind anbieteroffen. „Damit bieten DPD und GLS eine kundenfreundliche Alternative zu geschlossenen Systemanbietern“, heißt es in der Mitteilung beider Unternehmen. Man sei auch offen für weitere Kooperationen und habe etwa auch Hermes schon angefragt. Das Unternehmen habe bisher aber abgelehnt, hieß es beim Pressegespräch.

Bei den Paketshops soll es ein gemeinsames System geben, mit dem die Handelspartner arbeiten können. Als Vorteil stellten DPD und GLS heraus, dass es für Händler:innen mehr Laufkundschaft im Geschäft und damit mehr Umsatzpotenzial gebe. Es sei für bestehende Partnershops aber keine Pflicht, künftig auch die Sendungen des anderen Anbieters abzuwickeln. Dies könne auf freiwilliger Basis geschehen, betonte Achim Dünnwald. Vertraglich wird die Kooperation mit den jeweiligen Anbietern weiterhin getrennt. Händler:innen, die in ihren Shops also DPD- und GLS-Annahmepunkte etablieren wollen, schließen zwei Verträge. Die Trennung von Retouren je nach Versanddienst könne über das Versandlabel erfolgen.

„Die Paketbranche braucht kreative Lösungen, um die Bedürfnisse ihrer Kunden nach Komfort und Zukunftsfähigkeit bestmöglich zu erfüllen – und diese Partnerschaft ist genau das“, resümiert Karsten Schwarz. Dass sich DPD und GLS jetzt auch in anderen Bereichen vereinen und so Platzhirsch DHL die Stirn bieten wollen, zeichnet sich aber nicht ab. Das Angebot in anderen Bereichen der Zustellung bleibe getrennt und man bleibe Wettbewerber – im Bereich des Zustellnetzwerkes habe sich die Zusammenarbeit aber angeboten. Und wer weiß, vielleicht mischt DHL in Zukunft auch mit? In diesem Jahr hatte die DHL Group das Tochterunternehmen OneStopBox gegründet, das ebenfalls anbieteroffene Paketautomaten bereitstellt.

Veröffentlicht: 23.10.2024
img Letzte Aktualisierung: 23.10.2024
Lesezeit: ca. 4 Min.
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Hanna Behn

Hanna Behn

Expertin für Handel & Unternehmertum

KOMMENTARE
2 Kommentare
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öjendorfer
25.10.2024

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Meiner Meinung nach dient der Aufbau von Paketshops / Stationen im wesentlichen zur weiteren Gewinnerzielung der Unternehmen. Ich schleppe doch nicht 100derte von Metern ein schweres Paket durch die Straßen, bei Wind und Wetter, von Hamburg, obwohl der Versender die Kosten bis zur Haustür bezahlt hat. Aber wie Herr Dünnwald von DPD sagt" man könne dadurch auch die Versandkosten reduzieren" , oh je, glaubt der Mann noch an den ""Weihnachtsmann"" ? Das System hat bestimmt in vielen Bereichen, gerade bei Vollberufstätigen Bürgern, seine Berechtigung, sollte aber keine Zwangsmaßnahme sein! Dänemark ist nicht immer ein gutes Beispiel. Ich bin mir nicht immer sicher, aber manch einer freut sich auch, dass er einen Arbeitsplatz bei einem Logistiker gefunden hat. DPD und GLS wollen dan bestimmt abbauen. Das finde ich aus sozialer Sicht ,bei allen Nachteilen in diesem Job, volkswirtschaftlich nicht gut. Tschüs Wolfgang
Mathias Wegener
23.10.2024

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Zustellungen an zentrale Stellen wie Paketshops oder Paketautomaten mögen die Effizienz der Zusteller und der dahinter stehenden Logistik durchaus steigern. Ob sie allerdings volkswirtschaftlich und auch ökologisch vorteilhaft sind, ist stark zu bezweifeln. Zwar müssen bei der Auslieferung von Paketen die einzelnen Adressen nacheinander angefahren werden. Aber dies geschieht heute natürlich nach einem ausgeklügelten Fahrplan, der Ressourcen und Zeit schonen soll. In einem zugegebenermaßen theoretischen Idealfall fährt ein Zusteller 10 km an einem Tag. Dabei liefert er 100 Pakete entlang dieser 10 km aus. Benzin beziehungsweise Diesel wurde also nur für diese 10 km verbraucht. Würden die 100 Haushalte aus dem oben genannten Beispiel nun sich aber alle auf dem Weg zu einem Paketshop machen, würden im schlimmsten Fall 100 Fahrten anfallen. Hinweg und Rückweg natürlich. Es ist glaube ich sehr klar erkennbar dass dies die ökonomisch und ökologisch deutlich schlechtere Lösung wäre. Also Paketshops oder Paketautomaten sind sicherlich eine gute Lösung für einzelne Kunden. Dies aber ähnlich wie in Dänemark quasi zu einem Standard zu erheben, wäre ein Rückschritt.