Die EU-Kommission hat am 04. Oktober 2017 ihre Pläne für eine weitreichende Reform des EU-Mehrwertsteuersystems vorgeschlagen. So soll den immensen Steuerverlusten durch Betrügereien vorgebeugt werden und das Mehrwertsteuersystem erleichtert werden. Ein zentraler Punkt: Innergemeinschaftliche Lieferungen werden generell mehrwertsteuerpflichtig.
Derzeit aus dem Jahr 1993
Die noch anwendbaren Vorschriften stammen aus dem Jahr 1993 und waren ursprünglich als Übergangsregelung gedacht. Durch ihr Alter von 25 Jahren können sie laut der Europäischen Kommission den technischen Entwicklungen, der Veränderung der Geschäftsmodelle und der Globalisierung nicht mehr gerecht werden. So hat eine Studie der Kommission ergeben, dass die sog. Mehrwertsteuerlücke eine Höhe von 152 Milliarden Euro aufweist. Allein der Schaden durch Betrug soll sich auf rund 50 Milliarden belaufen. Daneben sollen die neuen Vorschriften auch wesentlich verbessert und modernisiert werden.
Vier Eckpunkte der Änderungen
Um das derzeitige System der Mehrwertsteuer für Regierungen und Unternehmen zu verbessern, soll es vier Kernstücke geben:
- Generelle Mehrwertsteuerpflicht auf innergemeinschaftliche Lieferung zwischen Unternehmen. Diese Art von Handel ist derzeit davon befreit. Dies wurde oftmals zu Betrugszwecke genutzt.
- Einführung des Bestimmungslandprinzips. Der endgültige Mehrwertsteuersatz orientiert sich stets an dem Mitgliedstaat des Endverbrauchers und wird an diesen Staat abgeführt.
- Keine zusammenfassende Meldung mehr notwendig. Verkäufer können demnach auch bei grenzüberschreitendem Handel die Rechnung gemäß den Vorschriften ihres eigenen Landes ausstellen.
- Einführung einer einzigen Anlaufstelle. Unternehmer können so nun über ein Webportal in ihrer eigenen Sprache und denselben Vorgaben Erklärungen abgeben und Zahlungen vornehmen. Es bedeutet eine Abkehr von der Pflicht, sich bei bestimmten Schwellen in jedem Land registrieren zu lassen. Die Staaten leiten dann die entsprechende Mehrwertsteuer direkt einander ab. Um einen schrittweisen Übergang zu gewährleisten, dürfen zertifizierte Steuerpflichtige weiter mehrwertsteuerfrei Gegenstände in einem anderen Mitgliedsstaat erwerben und die Mehrwertsteuer im eigenen Land abführen.
Zertifizierte Steuerpflichtige
Dreh- und Angelpunkt der ersten Schritte ist dieser Status für vertrauenswürdige Unternehmen. Sofern, egal ob kleine oder große Unternehmen, bestimmte Kriterien erfüllen, können sie sich als zuverlässige Steuerpflichtige zertifizieren lassen (sog. zertifizierter Steuerpflichtige). Dazu müssen sie nachweisen, dass sie eine Reihe hinreichend vordefinierter Kriterien erfüllen, z. B. die ordnungsgemäße Zahlung der Steuern, zuverlässige interne Kontrollsysteme und den Nachweis der Zahlungsfähigkeit.
Nach ihrer Zertifizierung können die Unternehmen und ihre Geschäftspartner einige vereinfachte Verfahren für die grenzüberschreitende Mehrwertsteuererklärung und -zahlung nutzen. Der Status des zertifizierten Steuerpflichtigen wird von allen EU-Mitgliedstaaten anerkannt.
Weiterer Ablauf
Derzeit handelt es sich noch um einen Vorschlag, der noch keinen Einzug in das Gesetz gefunden hat. Zunächst müssen alle Mitgliedstaaten dem Vorschlag zustimmen, bevor er in Kraft treten kann. Sollte es eine Übereinstimmung geben, könnten die ersten Vorschriften schon 2019 zur Anwendung kommen. Darüber werden wird dann natürlich informiert. Für Interessierte: Hier geht es zum Vorschlag der Europäischen Kommission.
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