Das Landesarbeitsgericht Hessen entschied über die Klage zweier Fahrradkurierfahrer, die Essen und Getränke an Kunden auslieferten. Der Arbeitgeber weigerte sich dagegen, seine Angestellten mit den erforderlichen Arbeitsmitteln auszustatten.
Die beiden Kläger, die für Lieferando arbeiteten, haben sich dagegen gewehrt, dass sie darauf angewiesen waren, ihr eigenes Rad und ihr eigenes Mobiltelefon zu verwenden. Um den Job auszuführen, musste eine spezielle App verwendet werden, für die mobiles Internet notwendig war. Die Kuriere mussten dafür das mobile Internet ihres eigenen Vertrages nutzen. Das Landesarbeitsgericht Hessen entschied nun zugunsten der Kläger (Urteil vom 19.02.2021 – 14 Sa 306/20, 14 Sa 1158/20).
Leihequipment gab es – allerdings weder Fahrrad noch Handy
Der Arbeitgeber hatte in seinen Vertragsbedingungen vorgesehen, dass Arbeitsequipment gegen einen Pfand in Höhe von 100 Euro geliehen werden kann. Zu dem Equipment, welches geliehen werden konnte, gehörte allerdings weder ein Fahrrad noch ein Handy.
Das Gesetz regelt allerdings in § 618 BGB, dass der Arbeitgeber alle Arbeitsmittel, die zur Ausführung des Jobs benötigt werden, zur Verfügung zu stellen hat. Diese Regel kann man zwar grundsätzlich im Arbeitsvertrag ausschließen, im vorliegenden Fall ist dies allerdings nicht geschehen.
Arbeitsgericht Frankfurt am Main gab dem Arbeitgeber recht
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main gab zunächst dem Arbeitgeber recht. Dieser behauptete, der Arbeitnehmer habe sich konkludent darauf eingelassen, sein eigenes Rad und sein eigenes Mobiltelefon für die Arbeit zu nutzen. Dies ergäbe sich daraus, dass der Arbeitnehmer ja gesehen habe, dass unter dem verfügbaren Equipment weder ein Fahrrad noch ein Handy war. Trotzdem habe er den Vertrag unterschrieben. Vor dem jetzt gültigen Arbeitsvertrag war zwischen den Vertragsparteien mündlich vereinbart worden, dass Handy und Fahrrad vom Arbeitgeber nicht gestellt werden.
Die Kläger gingen daraufhin in Berufung und bekam vor dem Landesarbeitsgericht Hessen recht. Rechtsgrundlage des Arbeitsverhältnisses ist der wirksame schriftliche Vertrag. Dieser schließt mündliche Nebenabreden aus, sodass es nicht darauf ankommt, ob vor Vertragsschluss etwas anderes vereinbart wurde.
Das Landesarbeitsgericht entschied somit, dass der Arbeitgeber in diesem Fall dazu verpflichtet ist, ein Fahrrad und ein Handy, mit ausreichend mobilem Internet, zur Verfügung zu stellen.
Update: Das Bundesarbeitsgericht bestätigte diese Entscheidung nun, wie es in seiner Pressemitteilung (Nr. 38/21) vom 10.11.2021 bekannt gab. Damit ist das Urteil rechtskräftig.
Hinweis: Die erste Version dieses Beitrags erschien am 20.10.2021 und wurde am 10.11.2021 um die aktuellen Informationen ergänzt.
Kommentar schreiben