In der Politik regt sich der Ruf nach einer generellen Anhebung der Pendlerpauschale. Die Idee findet nicht nur Freunde.
Geht es nach Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), könnte die Pendlerpauschale ab 2023 noch einmal „deutlich“ erhöht werden. Als Reaktion auf die stark gestiegenen Energiepreise hatte der Politiker diese Idee am Dienstag via Twitter auf den Tisch gebracht. Er sei für einen entsprechenden Schritt offen.
Erhöhung „ab dem 1. Kilometer“
Zwar hatte die Regierungskoalition im Rahmen von Entlastungsmaßnahmen die Pendlerpauschale bereits rückwirkend zum 1. Januar 2022 um drei Cent auf insgesamt 38 Cent pro Kilometer angehoben, allerdings erst ab dem 21. Kilometer. Lindners Vorschlag zielt hingegen auf eine höhere Pauschale bereits ab dem 1. Kilometer ab und soll entsprechend auch auf Pendler betreffen, die kürzere Strecken zurücklegen.
Die vielen Menschen, die täglich zur Arbeit pendeln, treffen die hohen Energiekosten besonders. Wenn alle in der Koalition dieses Problem ernst nehmen, bin ich offen dafür, die #Pendlerpauschale ab 2023 deutlich zu erhöhen - ab dem 1. Kilometer und nicht nur für Fernpendler. CL
— Christian Lindner (@c_lindner) July 19, 2022
Für Bundesbürger, die bis maximal 20 Kilometer bis zur Arbeit pendeln, besteht derzeit die Möglichkeit, 30 Cent pro Kilometer steuerlich abzusetzen – und zwar egal, ob sie die Strecke via Auto, Fahrrad, mit Bus, Bahn oder zu Fuß zurücklegen.
Viel Kritik für geringe Nachhaltigkeit
Bereits kurz nach der Veröffentlichung seines Beitrags erhielt Lindner viel Gegenwind: Während die Politik aufgrund hoher Kosten Schwierigkeiten hat, einen adäquaten Nachfolger für das 9-Euro-Ticket auf die Beine zu stellen, mit dem der öffentliche Nahverkehr gestützt würde, sei eine Anhebung der Pendlerpauschale aus ökologischer Sicht wenig zielführend, so der Vorwurf.
Hey @fdp!Ab September wird der Zugverkehr für Spaniens Pendler vorübergehend kostenlos.Die Bahntickets werden durch eine neue Steuer für Banken&Energieunternehmen finanziert,die von steigenden Energiepreisen profitiert haben.Auch Jugendstipendienprogramme werden damit finanziert.
— Nurder Koch (@NurderK) July 19, 2022
Lieber @c_lindner, mit Verlaub: Wir haben eine Energiekrise und sollten Öl und Gas sparen. Da ist es keine kluge Idee, die Subventionen für Autofahren hochtreiben. Ich bin mir sicher, dass sie das Geld lieber in den ÖPV stecken, wenn Sie noch einmal etwas besser nachdenken. https://t.co/SIlEzSgyUy
— Volker Quaschning (@VQuaschning) July 19, 2022
Herr Lindner, wie wäre es denn mit einer Fortsetzung des 9-Euro-Tickets? Das entlastet Millionen von Menschen auch ab dem 1. Kilometer, direkt, und nicht erst über die nächste Steuererklärung. Und tut auch noch was fürs Klima.
— Nyke Slawik🏳️⚧️💚 (@nyke_slawik) July 19, 2022
Die Pendlerpauschale wird auf die Einkommenssteuer gerechnet und begünstigt so Menschen mit höheren Einkommen.Statt gezielt die zu unterstützen, die gerade in Existenznot geraten, fordert CL eine weitere fossile Gießkannensubvention. Mitten in einer globalen Hitzewelle. So absurd https://t.co/q5MewC0heN
— Nelly Waldeck (@waldecknelly) July 19, 2022
Von anderer Stelle wird Lindner etwa vorgeworfen, mit dem Vorschlag Wahlkampf zu betreiben, indem man der Kernklientel der FDP, in diesem Sinne Autofahrer und Skeptiker des öffentlichen Nahverkehrs, etwas Gutes tue. „Sinnvoller wäre es, die Ursache fürs Pendeln anzugehen. Es fehlt bezahlbarer Wohnraum dort, wo die Arbeitsplätze sind. Der Staat könnte das ändern – ohne Subventionen“, fordert Martin Gerth in einem Kommentar für die WirtschaftsWoche. Möglich sei dies etwa, indem Bauvorschriften entschlackt würden.
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