Wer für große Plattformen – wie Lieferdienste – arbeitet, soll künftig in seinen Rechten gegenüber den Arbeitgebern gestärkt werden.
Das EU-Parlament hat die neuen Regelungen zur Plattformarbeit mit 554 Ja-Stimmen, 56 Nein-Stimmen und 24 Enthaltungen angenommen. Ein Richtlinien-Entwurf wurde bereits im Dezember 2021 vorgestellt, im Februar hatten sich Rat und Parlament dann schließlich auf die Richtline verständigt. Ziel der Gesetzesvorschriften ist es, den Beschäftigungsstatus von Plattformbeschäftigten korrekt einzustufen.
Bekämpfung von Scheinselbstständigkeit
Die Liefer- oder auch Taxi-Fahrer:innen, die im Auftrag großer Anbieter unterwegs sind, sind häufig ausschließlich für die jeweilige Online-Plattform tätig – jedoch nicht direkt bei dieser angestellt. Die neuen Regelungen sollen nun für mehr Transparenz sorgen: „Mit dieser Richtlinie erhalten bis zu 40 Millionen Plattformbeschäftigte in der EU Zugang zu fairen Arbeitsbedingungen. Diese historische Vereinbarung wird ihnen Würde, Schutz und Rechte verleihen“, führt Elisabetta Gualmini von der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament in der Mitteilung des EU-Gremiums aus. „Sie korrigiert Scheinselbstständigkeit, verhindert unlauteren Wettbewerb, schützt echte Selbstständigkeit und führt bahnbrechende Regeln für das algorithmische Management ein. Dies wird ein echter globaler Maßstab sein.“
Konkret müssen die Unternehmen künftig beweisen, dass kein Beschäftigungsverhältnis mit der jeweiligen Person besteht, die die Lieferaufträge ausführt. Auf diese Weise soll „das Machtungleichgewicht zwischen einer Plattformarbeit leistenden Person und der digitalen Arbeitsplattform“ korrigiert werden.
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Auch Datenschutz und KI im Visier
Außerdem sollen die Lieferfahrer:innen aus ihrem Auftragsverhältnis nicht einfach entlassen werden können, wenn ein Algorithmus oder ein automatisiertes Entscheidungssystem dies entschieden hat. „Die Plattformen müssen sicherstellen, dass wichtige Entscheidungen, die sich direkt auf die Beschäftigten der Plattform auswirken, von Menschen überwacht werden“, heißt es. Digitalen Arbeitsplattformen wird zudem die Verarbeitung bestimmter Arten personenbezogener Daten untersagt – dazu zählen beispielsweise Informationen über den emotionalen oder psychischen Zustand einer Person und persönliche Überzeugungen.
Der Rat muss noch seine förmliche Zustimmung zu der Regelung erteilen. Anschließend haben die EU-Mitgliedsstaaten zwei Jahre lang Zeit, um die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.
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