Die Deutsche Post betreibt laut der Bundesnetzagentur hierzulande etwa 12.700 stationäre Annahme- bzw. Abgabestellen. Nicht alle Einrichtungen werden dabei von Beschäftigten der DHL Group betrieben – Partneragenturen haben in der Regel eigene Betreiber:innen. Diese haben sich entsprechende Poststellen zusätzlich im eigenen Kiosk, Schreibwarenhandel oder Lebensmittelladen eingerichtet, um so beispielsweise für das eigene Geschäft zu werben und sich eine Provision dazuzuverdienen.
Doch unter anderem dieses Geschäftsmodell nutzte eine Tätergruppe jetzt massiv für sich aus. Sie soll Finanzströme verschleiert und Bargeldbeträge in Millionenhöhe abgehoben haben, teilten die Staatsanwaltschaft und die Polizeidirektion der Stadt Hannover mit, die gegen die mutmaßlichen Kriminellen aus der Region ermitteln.
Strohleute eröffneten Konten bei Postagenturen
An dem groß angelegten Betrug sollen sich unter anderem vier Postagenturen und ein ehemaliges Notariat beteiligt haben. Die Postagenturen verfügten nicht nur über das typische Angebot von Post- und Paketdienstleistungen, sondern auch eine Erlaubnis zum Anbieten von Postbank-Finanzdienstleistungen.
Das Netz der Verdächtigen reicht aber noch weiter: EU-Staatsbürger wurden im Ausland angeworben, damit die Kriminellen hier in Deutschland auf deren Namen Bauunternehmen gründen und Bankkonten eröffnen. „Mutmaßlich wurden die Strohleute mit erfundenen Geschichten angelockt, nach Hannover gekarrt und hier dann selbst hereingelegt“, erklärte der zuständige Staatsanwalt Oliver Eisenhauer gegenüber t-online. Ihre Ausweise habe man kopiert und in den Postagenturen Konten auf ihre Namen eröffnet, bevor man sie wieder zurück nach Hause sandte.
Geldwäsche im großen Stil
Die Gründung der Baufirmen wurde immer vom selben Notar abgesegnet. Diese dienten lediglich als Scheinfirmen, gingen also keinen legalen Tätigkeiten nach, sondern sollten nur Geldtransfers verschleiern. Die Gelder wurden mutmaßlich durch Betrugstaten, etwa durch Phishing, Enkeltricks, Internet- sowie Anlage- und Abrechnungsbetrug, sowie durch Steuerhinterziehung erworben. Die Tatverdächtigen sollen die eigenen Postagenturen dann dazu genutzt haben, um sich die Gelder von den zuvor eröffneten Bankkonten in bar abzuheben. Dabei habe man mehr als 60 Millionen Euro erbeutet.
Den insgesamt 15 Beschuldigten im Alter zwischen 22 und 70 Jahren werden Verstöße gegen das Waffengesetz, Betrug, Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Einbruchdiebstahl vorgeworfen.
Update vom 15.05.2024: Bafin untersucht verdächtige Vorgänge bei Postagenturen und Postbank
Nach Bekanntwerden der Vorfälle in den Post-Partnerfilialen in Hannover hat sich auch die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin eingeschaltet. Die Behörde untersucht jetzt die verdächtigen Vorgänge und will auch die Postbank selbst genauer unter die Lupe nehmen.
„Wir nehmen das Thema sehr ernst, und wir stehen mit den betroffenen Unternehmen und der Staatsanwaltschaft in Kontakt“, erklärte Birgit Rodolphe, für Geldwäsche zuständige Exekutiv-Direktorin, auf der Jahrespressekonferenz der Bafin am 14. Mai. Sie nannte die Postbank dabei nicht namentlich, laut dem Handelsblatt sei jedoch ersichtlich gewesen, dass sie sich dabei auf das Kreditinstitut bezogen habe.
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
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Hallo Stephan Eschen,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Wir orientieren uns an der offiziellen Meldung der Staatsanwaltsch aft. In dieser wird zur Herkunft der Tätergruppe kein Hinweis gegeben, diese Informationen sind also kein „allgemein bekanntes Wissen“. Es gibt einen Zusammenhang zu Osteuropa, allerdings nicht so, wie sie ihn dargestellt haben. Die Tätergruppe hat sich gezielt Personen aus dem EU-Ausland gesucht und ausgenutzt (laut Staatsanwaltsch aft). T-Online (Bericht ist im Beitrag verlinkt) konnte von den zuständigen Behörden erfahren, dass jene Personen vornehmlich aus Osteuropa stammten, die von der Tätergruppe getäuscht worden sind.
Viele Grüße
die Redaktion
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