Könnten einige Lager und Supermarktregale in der Weihnachtszeit leer bleiben? Die Logistikbranche schlägt Alarm. Der Straßengüterverkehr gilt für Warenlieferungen als wichtigster Transportweg, doch den Speditionen fehlen die nötigen Fachkräfte, um die Aufträge in der geschäftigsten Zeit des Jahres auch tatsächlich stemmen zu können: Rund 100.000 Lkw-Fahrer:innen gebe es derzeit bundesweit zu wenig, warnt der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik Entsorgung (BGL).
„Das wird Auswirkungen auf das Weihnachtsgeschäft haben, weil Warenlieferungen oder Pakete verspätet abkommen können“, zitiert der Spiegel den BGL-Präsidenten Dirk Engelhardt mit Verweis auf Aussagen in der Bild-Zeitung. Bei Händler:innen und Kundschaft könnte es zu Verspätungen kommen.
Wachsende Nachfrage trifft fehlende Kapazitäten
„Wir müssen aufpassen, dass wir keine britischen Verhältnisse bekommen“, so Engelhardt. Durch die Pandemie und den Brexit kam es im Vereinigten Königreich in den letzten Jahren immer wieder zu Lieferschwierigkeiten. Jährlich würden der Transportbranche erneut 15.000 Fahrer:innen fehlen. Jedes Jahr gehen über 30.000 von ihnen in Rente, es komme aber nur gut die Hälfte an neuen Fachkräften nach.
Gleichzeitig steigt allerdings das Frachtaufkommen. Nach Erhebungen der Frachtenbörse Timocom Mitte Oktober liegt das Missverhältnis zwischen Fracht und Laderaum in etwa bei 70:30 für die letzten Monate dieses Jahres: „Aus Kreisen der Konsumgüterindustrie ist zu hören, dass angesichts des geringen Frachtraumangebots an den heißen Tagen vor Weihnachten ein außergewöhnlich massiver Run auf die freien Kapazitäten zu erwarten sei“, sagte Gunnar Gburek, Head of Business Affairs bei Timocom, zu dieser Auswertung.
Zu hohe Kosten drücken die Gehälter
Eine Stellschraube sind die Gehälter in der Branche. „Viele Spediteure würden ihren Fahrern gern noch mehr zahlen, aber uns sind oft die Hände gebunden“, erklärt die Spediteurin und Lkw-Fahrerin Mona Smeets vom gleichnamigen Familienunternehmen in einem Interview mit der Wirtschaftswoche. So werden Mauterhöhungen und Kraftstoffpreise bereits eingepreist, doch: „Die Industrie blockt weitere Preiserhöhungen ab, das geht zulasten der Gehälter“, erklärt sie.
Es gebe aber auch weitere Probleme. Es sei eine körperlich anstrengende Tätigkeit, es fehlt an Parkplätzen und Raststätten, vor allem aber würden Fahrer:innen in den Unternehmen und an den Rampen auch schlecht behandelt: „Da gibt es in den Unternehmen häufig Lagerarbeiter, die sich in Machtspielchen gegenüber den Fahrern üben, sich überordnen wollen. Das kann beispielsweise sein, dass sie die Berufskraftfahrer extrem lange warten lassen.“ Es fehle insgesamt an Wertschätzung, so die Insiderin.
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