Kommentar: Das NetzDG hat keine Chance gegen die „Diskussionskultur“

Veröffentlicht: 03.01.2018 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 03.01.2018

Wird das Netzwerkdurchsetzungsgesetz zu rechtlich einwandfreien, gepflegten Diskussionen in den sozialen Netzwerken führen? Eher nicht.

Facebook

© Lukasz Stefanski / Shutterstock.com

Was für ein Aufreger: Beatrix von Storch, eine der Frontfrauen der AfD, twittert als Reaktion auf einen arabisch-sprachigen Tweet der Kölner Polizei von „barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden“ und liefert die erste Erfolgsmeldung für das NetzDG, weil Twitter sich nicht lumpen lässt und von Storchs Profil wegen „Verstoß gegen Regeln über Hass-Inhalte“ vorübergehend sperrt. Die AfD geht auf die Barrikaden, sieht sich in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt und das Lieblingskind von Ja-immer-noch-Justizminister Heiko Maas ist in aller Munde.

Es ist ein Eklat mit Ansage und dass er zu Beginn des Jahres von der AfD kommt, dürfte auch ärgste Befürworter der Partei weder wundern noch ernsthaft ärgern, im Gegenteil. Das Ziel ist erreicht: Nutzer, Medien und eben auch andere Parteien, die der AfD eher nicht so nahe stehen, zerreißen das Gesetz in der Luft. Oder stellen seine Funktionalität in Frage. Denn aktuell wird auch und vor allem Satire gern gelöscht. Es ist so sicher wie der Milliardenerfolg für Amazon am nächsten Prime Day, dass das NetzDG in seiner jetzigen Form nicht lange bestehen wird. Genauso sicher ist es, dass sich nach dem ersten Trubel in den ersten Januarwochen viel beruhigen wird und nicht jeder prominente Löschvorgang das Land in Aufruhr versetzen wird.

Unter dem Radar

Vor allem sicher ist aber, dass das NetzDG an der Diskussionskultur auf Facebook, Twitter und Co. wenig bis gar nichts ändern wird. Klar, wenn sich Beatrix von Storch öffentlichkeitswirksam blamiert, dann ist Twitter in Zugzwang. Wer sich aber die „Diskussionen“ unter Facebook-Posts von Spiegel, Welt, Tageszeitungen und so fort durchliest, stellt recht schnell fest, dass der Staat die Unternehmen dazu verdonnert, gegen Windmühlen zu kämpfen. Um jeden menschenverachtenden, volksverhetzenden Post zu löschen, entsprechende Accounts zu sperren und im Zweifel Strafverfolgung einzuleiten, fehlen selbst den ganz großen Netzwerken die Mittel und das Personal.

Auch mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das in seiner Idee vielleicht sogar notwendig, in seiner Umsetzung aber „bekloppt“ ist, wie es Sascha Lobo in seiner SpOn-Kolumne ausdrückt, werden sich im Internet nicht alle plötzlich benehmen und brav argumentativ gehaltvoll debattieren. Weil die allermeisten gar nichts befürchten müssen. Denn seien wir ehrlich: Der ganz große Teil der grenzüberschreitenden Hasstiraden verliert sich in der Menge der Tausenden und Millionen Kommentare auf Facebook. Die wird es weitergeben, selbst wenn prominenten Rechtsaußen mal auf die Finger gehauen wird.

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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