Umsatzsteuer bei Auslandsverkäufen – was Sie beachten müssen [Gastartikel]

Veröffentlicht: 08.12.2016 | Geschrieben von: Redaktion | Letzte Aktualisierung: 14.12.2016

Markus Muskelmacher betreibt seit einigen Jahren einen Online-Shop für Fitness-Geräte und Hanteln. Die Geschäfte laufen gut. Deshalb möchte Markus seine Produkte jetzt auch im Ausland verkaufen - für noch mehr Umsatz! Wenn da nicht das leidige Thema Umsatzsteuer wäre…

Handel

© FreelySky/Shutterstock.com

Das Finanzamt macht es Online-Händlern nicht leicht: Sobald ins Ausland verkauft wird, gelten plötzlich andere Regeln! Reverse Charge, Schwellenbeträge, Mini-One-Stop-Shop - selbst ambitionierte Händler wie Markus werfen bei so viel Kauderwelsch schnell das Handtuch.

Damit ist jetzt Schluss! Wir erklären Ihnen leicht verständlich, was Sie bei Auslandsverkäufen beachten müssen. So verkaufen Sie schon bald weltweit – und Ihr Umsatz geht durch die Decke!

Anmerkung: Dieser Ratgeber behandelt vor allem Verkäufe ins EU-Ausland – für die meisten Online-Händler das wahrscheinlichste Szenario.

Die Gretchenfrage: Wer kauft bei Ihnen?

Am Anfang steht die Frage: Wer kauft bei Ihnen? Andere Unternehmen, die Ihre Produkte selbst weiterverkaufen (B2B)? Oder liefern Sie an Privatkunden  (B2C)?

Diese beiden Fälle bestimmen Ihr weiteres Vorgehen in Sachen Umsatzsteuer im Ausland!

Unser Markus Muskelmacher muss sich mit beiden Szenarien auseinandersetzen: Er möchte sowohl an österreichische Fitnessstudios liefern, die seine Geräte ihren Mitgliedern gegen Gebühr zur Verfügung stellen; aber er möchte auch an private Kraftsportler im Ausland direkt verkaufen.

Möglichkeit 1: Der Firmenkunde

Bei Firmenkunden im EU-Ausland erfolgt die Lieferung an den Empfänger grundsätzlich OHNE Angabe der Umsatzsteuer, weil es sich um eine sog. „steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung“ handelt. Sie müssen aber zusätzlich zu Ihrer eigenen USt.-ID auch die gültige USt.-ID des Leistungsempfängers angeben.

Was muss Markus also jetzt konkret tun, wenn er seine erste Rechnung an ein österreichisches Fitnessstudio stellt?

  1. Er muss die USt.-Identifikationsnummer des Käufers einfügen.
  2. Er muss die Angabe „steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung“ in der Rechnung machen
  3. Er muss die Versandpapiere und den Prüfbeleg der USt.-ID-Abfrage aufheben, um diese ggf. dem Finanzamt vorlegen zu können.

„Das ist ja gar nicht so schwer!“ denkt sich Markus – und Recht hat er. Also auf zum nächsten Fall, dem Verkauf an Privatkunden!

Möglichkeit 2: Der Privatkunde

Beim Verkauf an Privatkunden in der EU haben Sie die Wahl: Sie können auf der Rechnung den deutschen Umsatzsteuersatz angeben – oder Sie weisen den Umsatzsteuersatz aus, der im betreffenden Zielland gilt.

Markus entscheidet sich aus Gewohnheit dafür, den deutschen Umsatzsteuersatz zu verwenden. Das bedeutet, dass er die Umsatzsteuer ganz normal in Deutschland abführen muss.

Hätte Markus sich dagegen für den österreichischen Umsatzsteuersatz entschieden, dann hätte er die Umsatzsteuer an das österreichische Finanzamt abführen müssen – und diese Entscheidung hätte ihn für 2 Jahre gebunden!

Schwellenbeträge

Die eben beschriebene Wahlmöglichkeit gilt aber nur eingeschränkt: Wird bei Verkäufen ins Ausland ein sog. Schwellenbetrag überschritten, dann MUSS die Umsatzsteuer mit dem Überschreiten des Schwellenwerts im Ausland abgeführt werden.

Auch Markus bekommt das bald zu spüren: Seine Privatkunden in Österreich sind ganz wild auf seine Heimstudio-Lösungen. Nach 6 Monaten steigt sein Auslandsumsatz durch Privatkunden über den in Österreich geltenden Schwellenbetrag von 35.000 Euro!

Markus kann nun nicht länger die deutsche Umsatzsteuer auf der Rechnung angeben: Er muss ab 35.000 Euro zum österreichischen Umsatzsteuersatz wechseln. Tritt dieser Fall einmal ein, dann gilt er automatisch auch noch für das nächste Jahr; erst im übernächsten Jahr könnte Markus wieder den deutschen Umsatzsteuersatz angeben.

Manche EU-Länder legen einen anderen Wert als 35.000 Euro zugrunde; eine komplette Auflistung finden Sie hier.

Nicht alle Produkte werden gleichbehandelt!

Markus hat es mit seinen Fitnessgeräten relativ leicht: Für seine Produkte gelten keine weiteren Sonderregeln. Für die Waren in Ihrem Shop könnte das aber anders aussehen!

Abgabenpflichtige Produkte:

Bei Alkohol und Tabak greift die Erwerbsbesteuerung nach § 3c Abs. 5 S. 2 UStG: Es findet die Erwerbsbesteuerung immer dann im Bestimmungsland statt, wenn der Erwerber kein Unternehmer, sondern ein privater Abnehmer ist. Eine Lieferschwelle gibt es in diesen Fällen auch nicht. Insoweit gelten für verbrauchsteuerpflichtige Waren und Fahrzeuge Sonderregelungen.

Elektronisch erbrachte Leistungen:

Sie betreiben einen Online-Shop, der keine physischen Waren verkauft, sondern Download- oder Streaming Produkte? (z.B. Handy-Spiele, E-Books, Online-Videokurse etc.).

Hier gilt: Die Umsatzsteuer MUSS immer im Land des Käufers abgeführt werden!

Für elektronisch erbrachte Leistungen kommt außerdem das sog. Mini-One-Stop-Shop-Verfahren zur Anwendung: Eine separate Steuererklärung, die alle im Ausland getätigten Umsätze vereint. Nach erfolgter Meldung wird die erhobene Umsatzsteuer dann je Land an das Bundeszentralamt für Steuern abgeführt.

Und die Schweiz?

Nachdem Markus in Österreich mit seinen Hanteln voll durchgestartet ist, will er jetzt auch in der Schweiz Fuß fassen. Allerdings ist die Schweiz kein EU-Land! Was ist also zu tun?

Grundsätzlich gilt: Verkaufen Sie in die Schweiz, müssen Sie keine Umsatzsteuer ausweisen! Nur der Hinweis „Umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferung“ sollte in der Rechnung auftauchen. Und unbedingt die Versandpapiere aufheben: Sie müssen ggf. nachweisen können, dass die Ware angekommen ist!

Was ist aber, wenn ein Kunde von Markus als Rechnungsadresse die Schweiz angibt (kein EU-Land), aber nach Österreich liefern lässt? (EU-Land). In diesem Fall wird die Bestellung wie eine EU-interne Bestellung behandelt – entscheidend ist die Lieferadresse!

Worauf warten Sie noch?

Das Thema Umsatzsteuer bei Auslandsverkäufen mag erstmal abschrecken – es ist aber kein guter Grund, sich Umsätze entgehen zu lassen! Tatsächlich ist es gar nicht nötig, all die unterschiedlichen Begriffe und Gesetze ständig im Kopf parat zu haben – Sie müssen einfach nur schauen, welcher der oben gelisteten Fälle auf Sie zutrifft, und dann wie beschrieben verfahren. Das reduziert die Komplexität des Themas gewaltig!

Machen Sie es also wie Markus: Seien Sie schlau, und liefern Sie auch ins Ausland! Als Händlerbundmitglied beraten wir Sie selbstverständlich auch weitergehend zu diesem Thema.

Haftungsausschluss: Wir machen außerdem darauf aufmerksam, dass unser Blog-Beitrag lediglich dem unverbindlichen Informationszweck dient und keine Rechtsberatung / Steuerberatung im eigentlichen Sinne darstellt. Der Inhalt dieses Angebots kann und soll eine individuelle und verbindliche Rechtsberatung / Steuerberatung, die auf Ihre spezifische Situation eingeht, nicht ersetzen. Insofern verstehen sich alle angebotenen Informationen aus unserer Praxis ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.


Über den Autor

Stefan Quisdorf ist eCommerce-Experte der ersten Stunde: Bereits seit 1992 hilft er als Gründer von TIKAL Communication anderen Online-Unternehmern zum Erfolg. Die Maxime von TIKAL Communication: Wir bauen Shops, die Umsatz generieren. Denn was nützt der schönste Shop, wenn er nicht verkauft? Mit dieser kundenzentrierten Herangehensweise hat sich TIKAL Communication zu DER Shop-Agentur für kleine und mittelständische Online-Händler entwickelt. Von der Geschäftsfeldanalyse über die Prozessoptimierung bis hin zur Auslieferung wird das komplette eCommerce-Spektrum abgedeckt; auch Beratungsleistungen werden angeboten!

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Über den Autor

Kay Krebel
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Kommentare  

#3 Roger Gothmann 2016-12-09 00:34
Der Artikel enthält noch einen zweiten Fehler.

Die Lieferung an einen Firmenkunden in Österreich stellt eine steuerfreie innergemeinscha ftliche B2B-Lieferung dar. Reverse Charge kommt grds. nicht zur Anwendung.

Roger Gothmann
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#2 Roger Gothmann 2016-12-09 00:33
Der Artikel enthält zudem einen zweiten Fehler.

Bei B2B-Lieferungen in das EU-Ausland greift meistens kein Reverse-Charge- Verfahren, wie es eingangs behauptet wird.

Es handelt sich um eine in Deutschland steuerfreie innergemeinscha ftliche Lieferung.

Roger Gothmann
www.taxdoo.com
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#1 Roger Gothmann 2016-12-08 22:42
In dem Artikel ist ein Fehler.

Produkte wie Tabak oder Alkohol müssen immer dort versteuert werden, wo der Empfänger sitzt. Das gilt auch für Mineralöle oder neue Fahrzeuge - vollkommen unabhängig von den Lieferschwellen.

Roger Gothmann
www.taxdoo.com
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