Porträt

Baby Sweets: Von der Facebook-Seite zum Millionen-Shop

Veröffentlicht: 28.11.2018 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 28.11.2018
Baby Sweets Logo

„Wir müssen auch Facebook machen.“ In Marketing-Abteilungen quer über die Welt dürfte das in den vergangenen zehn Jahren ein Standard-Input gewesen sein. Wer etwas produziert, verkauft oder anbietet, der benötigt eine Facebook-Präsenz. Das soziale Netzwerk ist schließlich der Ort, in dem sich die Internetgemeinde aufhält. Bei Baby Sweets aus Sachsen-Anhalt dürfte dieser Spruch nie gefallen sein. Denn Baby Sweets hat quasi bei Facebook angefangen, bevor es überhaupt einen Online-Shop gab.

Ende 2014 wird Mitgründer Tino Hartmann Vater einer kleinen Tochter. Die Schwangerschaft seiner Lebensgefährtin nehmen Hartmann und der zweite Unternehmensgründer Tom Wachsmann – schon früher baute man gemeinsam kommerzielle Projekte auf – zum Anlass, eine Facebook-Seite für junge Familien aufzusetzen, um „Inspirationen zu präsentieren“, so Hartmann. Die Idee: Über Provisionsvergütungen bei erfolgreich vermittelten Verkäufen über die großen Plattformen (Amazon, Ebay und Co.) das Geschäft zu monetarisieren und eine Community aufzubauen. Das funktioniert so gut, dass man schon Ende 2015 100.000 Facebook-Fans hat. „Dies war der ausschlaggebende Punkt als wir überlegten, welches passende Business Modell wir auf diese Community aufsetzen müssen. Und so entstanden die ersten Ideen zur Gründung von Baby Sweets als Unternehmen Anfang 2016 und der operative Start zum Mai 2016.“

Online-Shop und neuer Standort

Einen eigenen Online-Shop gibt es da immer noch nicht. Zu Beginn fokussiert man sich auf den Ausbau der Kooperationen mit passenden Shops und Marken, die sich auf das Segment Baby und Kleinkind konzentrieren. 2017 zieht Hartmann von München zurück in die Region Leipzig/Halle und in dieser Zeit entsteht auch der Online-Shop – damals noch unter dem Namen „my Cute Baby“. Ende 2017 schließt man eine Finanzierungsrunde mit einem regionalen Business Angel ab und im August 2018 wird über eine weitere Finanzierungsrunde ein siebenstelliger Betrag eingenommen.

Innerhalb der ersten beiden Geschäftsjahre wächst das Unternehmen sowohl umsatztechnisch auch personell so stark, dass man sich einen neuen, der Größe (und dem Wachstum) entsprechenden Standort sucht und diesen in Zöschen (Leuna), westlich von Leipzig gelegen, findet. Seit diesem Sommer verfügt man nun über 330 Quadratmeter Büro- und 1.500 Quadratmeter Lagerfläche. Noch in diesem Jahr wird der 60.000ste Kunde erwartet, für 2018 rechnet das junge Unternehmen mit einem Umsatz im niedrigen Millionen-Bereich.

Mobil mit Content

Auch die Shopping-App von Baby Sweets erfreut sich großer Beliebtheit, weist sie doch bereits 150.000 Downloads auf. Mobil ist ein gutes Stichwort. Zwar verkauft man auch klassisch über die großen Marktplätze, Hartmann stellt aber klar: „Wir haben uns seit Anfang an auf den direkten Absatz über unseren eigenen Online-Shop und dabei vor allem für die Ansprache unserer Kunden über mobile Endgeräte entschieden, um hier einfach mit der Zeit zu gehen und dem immer noch zunehmenden Trend des mobile Shopping zu folgen. Unsere Shopping-App für Android- und iOS-Geräte ist dabei ein wichtiges Kundenbindungsmittel geworden.“

Auch ein umfangreicher Magazinteil auf der Webseite soll für verweilende Kunden sorgen, frei nach dem Motto „Content is King!“ Im Magazin werden Themen rund um Babys und Kleinkinder aufgriffen, aber auch „Themen, die aus unserer Community heraus gefragt sind und auftreten“ und die nicht nur nach den eigenen Ansichten, sondern auch mit Hilfe von Experten beantwortet werden sollen. „Natürlich spielen hier auch SEO-Gesichtspunkte mit rein, wir wollen aber vor allem die Interaktion und die Verweildauer unserer Shopbesucher erhöhen und ihnen neben der großen Produktauswahl auch weitere Informationen bieten.“

Junge oder Mädchen?

Baby Sweets konzentriert sich im Produktsortiment auf die ersten zwei Lebensjahre und trennt schon auf der Startseite recht klar zwischen Jungen, und Mädchen und das hat durchaus nachvollziehbare Gründe. Tino Hartmann erläutert es mit einer Anekdote: „Wir waren gerade in den ersten Monaten unserer Händler-Tätigkeit sortimentstechnisch sehr stark auf Mädchenprodukte fokussiert und haben zahlreiche Anfragen von Jungen-Mamas erhalten, warum wir denn so wenig Produkte für Jungen im Shop haben. Hier hatten wir wohl etwas die rosarote Brille auf, geblendet durch meine Tochter“. Die Anforderungen zwischen Müttern von Jungen und Müttern von Mädchen würden doch recht stark auseinandergehen, erstere würden sich eben schwerer mit grellem Rosa oder Pink tun. „Hier muss man also den schmalen Grat finden beide gleichermaßen abzuholen“.

Im Produktangebot sind die Unterschiede – von der Farbwahl abgesehen – weniger auffällig, denn im Grunde tragen Kinder in diesem Alter weitgehend das Gleiche. Neben den Farben sind die Motive die entscheidenden Faktoren, bei den Jungs wird eben öfter zum Auto oder zum Dinosaurier gegriffen, bei den Mädels eher zum Herzchen oder zur Prinzessin. Und: Bei den Mädchen gehen die Kleider vielleicht besser als bei den Jungs.

Dass das eine praktikable Herangehensweise ist – genaue Kategorisierung, aufwändige Präsentation schon vor dem Kauf – zeigt die Retourenquote, die Hartmann zufolge deutlich unter zehn Prozent liegt. Für einen Bekleidungsshop ist das eine sehr gute Quote. Im Sortiment befinden sich etwa 600 Produkte („Tendenz steigend!“) und dabei wird die in der EU produzierte Eigenmarke von Baby Sweets immer wichtiger. „Wir haben uns gerade zu Beginn im Retail stark auf kleinere unbekannte Marken mit außergewöhnlichen Produkten fokussiert, wollen uns inzwischen aber mehr und mehr zu einem Markenshop über unsere Eigenmarke entwickeln. Wir lassen in die Kollektionen der Eigenmarke natürlich eigene Ideen & Inspirationen einfließen, nehmen aber auch Learnings und wertvolles Feedback aus unserer großen Community auf Facebook von inzwischen fast 400.000 Müttern bzw. jungen Familien mit in die Designentwicklung auf.“

Das Weihnachtsgeschäft, das für viele Händler ganz aktuell wieder mit einer ganzen Menge Überstunden verbunden ist, können Hartmann, Wachsmann und sein Team übrigens relativ entspannt angehen. Auch wenn sich ein Großteil der Produkte natürlich gut als Geschenk eignet, sieht man Baby Sweets nicht unbedingt als klassischen „Geschenke-Shop“. Man freut sich natürlich über die höhere Kaufbereitschaft, es sei aber eher ein „Mitnahmeeffekt“. Babys werden schließlich „relativ gleichmäßig über das Jahr geboren, sodass wir Weihnachten gar nicht im Speziellen adressieren müssen. Wir haben aber natürlich auch passende und süße Weihnachtsoutfits für die Kleinsten im Shop!“

„Spannendes Jahr 2019“

Die Ausrichtung auf Kinder bis zu zwei Jahren ist bei Baby Sweets nicht in Stein gemeißelt. Pläne für eine Erweiterung des Sortiments gibt es, diese will man aber nicht überstürzen. Hartmann merkt zudem an: „Es ist sicherlich auch nicht verkehrt sich erstmal als Spezialist in der Nische bis zum 2. Lebensjahr aufzustellen, weil es darüber hinaus im Kleinkindalter auch andere Anforderungen an die Produkte gibt, die wir marketingtechnisch natürlich auch berücksichtigen müssten.“

In den kommenden Monaten werden Kollektionen und Produkte hinzugefügt und interne Prozesse in Logistik und Wareneinkauf optimiert. Hartmann und Wachsmann sehen hier noch viele Potenziale, ebenso im Marketing und im Kundenservice. „Darüber hinaus wollen wir natürlich personell Schritt gehen mit dem Wachstum und hier auch entsprechendes Personal rekrutieren. Es wird in jedem Fall ein spannendes Jahr 2019!“, schließt Hartmann mit einem Lächeln.

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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