Interview mit Ebay-Händlerin Laura Noderer

Als Frau im Fahrzeugteile-Handel: „Vorurteile in den Köpfen"

Veröffentlicht: 06.03.2019 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 06.03.2019
Laura Noderer von Bee Racing

Im 21. Jahrhundert sollten überkommene Rollenbilder von Frau und Mann eigentlich der Vergangenheit angehören, doch Geschlechter-Ungerechtigkeit herrscht noch immer. In Berlin ist der Internationale Frauentag am 8. März daher zum gesetzlichen Feiertag erklärt worden. Laura Noderer wird am Freitag aber nicht frei haben. Noderer ist Mechanikerin und Online-Händler. Mit ihrem Unternehmen Bee Racing verkauft sie Ducati-Teile. Und muss sich auch im Jahr 2019 noch mit Männern herumplagen, die „lieber einen Mechaniker" sprechen wollen, wenn sie mit Noderer in Kontakt stehen. Im Interview spricht sie über ihren Werdegang, ihr Geschäft und die Realität als Frau in einer „Männerdomäne".

OnlinehändlerNews: Wie kam es zu Ihrer Leidenschaft für Motorräder und speziell Ducati?

Laura Noderer: Die Leidenschaft entwickelte sich erst etwas später bei mir. Ich war technisch schon immer sehr interessiert und hatte mir als Jugendliche eine Simson gekauft und diese im Sommer im Garten komplett demontiert und neu aufgebaut. Bei den größeren Motorrädern verliebte ich mich einfach in die Optik der 916 Ducati, für mich bis heute das schönste Motorrad, welches je gebaut wurde. Da ich mehr über dieses Motorrad lernen wollte, kam dann die Universität und die Ausbildung zur Zweiradmechanikerin, in der ich sehr viel Wissen mitnehmen konnte.

Warum gründeten Sie mit Bee Racing eine eigene Firma anstatt „klassisch“ bei einem Unternehmen anzufangen?

Ich denke, für viele ist es ein Traum, sein eigener Chef zu sein. Die Selbstständigkeit kannte ich aus meiner Familie und da ich die Baufirma von meinem Vater 2015 übernommen habe, war die Entscheidung für mich leicht, den Schritt als Mechanikerin in die Selbstständigkeit zu wagen.

Zudem habe ich in der Vergangenheit in Werkstätten gearbeitet und Praktika absolviert. Viele Mechaniker leisten wirklich eine sehr gute Arbeit, die leider oftmals nicht gut entlohnt wird.

Da der Mechanikerberuf auch Anstrengungen mit sich bringt, die als kleine Frau nicht immer so einfach zu bewältigen sind, schreckt das auch viele Werkstätten ein wenig ab. Mit der richtigen Technik kann ich in meiner eigenen Firma selbst entscheiden, welche Arbeiten ich wie ausführe.

Erzählen Sie uns von Bee Racing. Was bieten Sie an, wie erfolgreich handeln Sie online?

Bee Racing bietet Spezialteile für Ducatis an. Bei den Teilen handelt es sich um hochwertige Frästeile aus Italien und in Italien produziert. Außerdem biete ich Spezialumbauten und verschiedene Motorservices sowie einen Rennstreckenservice an.

Wenn ich nur mein Online-Unternehmen alleinstehend betrachte, sehe ich es als erfolgreich an. Ich verkaufe Neuteile sowohl bei Ebay also auch auf meiner eigenen Webseite, die nur für eine Motorradmarke ausgelegt sind und zudem auch noch speziell.

Welchen Stellenwert hat Ebay bei Ihnen? Welchen Umsatzanteil generieren Sie über den Marktplatz?

Ebay hat für mein Unternehmen einen sehr großen Stellenwert, da ich über Ebay Kunden in der ganzen Welt erreichen kann. Der Anteil meines Umsatzes von Ebay ist stark, da ich online zum Großteil über Ebay verkaufe. Viele Kunden sind durch Ebay auf mein Unternehmen aufmerksam geworden und haben mich für Servicearbeiten an ihren Motorrädern in Anspruch genommen.

Nutzen Sie auch andere Online-Marktplätze?

Ich nutze keinen anderen Online-Anbieter, nur Ebay. Ebay ist für meine Branche der beste Marktplatz, um Kunden zu erreichen.

Eigentlich würde man 2019 ja denken, dass wir bei der Gleichberechtigung schon weiter sind, aber Sie sagen selbst, dass Sie sich in einer „männerdominierten“ Domäne starken Vorurteilen ausgesetzt sahen. Wie äußerte sich das?

Die besten Beispiele sind einfach, wenn mich Leute das erste Mal sehen. Wenn ich Kunden auf der Rennstrecke habe und dort als Mechanikerin gebucht wurde, kann es schon passieren, dass das Motorrad mal nicht funktioniert und dann Panik ausbricht und ich gar nicht mehr an das Motorrad rankomme, da dann fünf Männer drum herum stehen und jeder seinen Senf dazu geben will. Als Mechanikerin werde ich dann gar nicht für voll genommen oder komplett ignoriert. Da muss man sich dann schon durchsetzen können, denn mein Job ist es, in dem Moment den Fehler zu finden und dem Kunden zu helfen. Es gestaltet sich in solchen Situationen aber oftmals sehr schwer. Ich musste mich bisher immer beweisen und bin auch schon oftmals verzweifelt.

Vieles fängt auch schon beim telefonischen Kontakt mit dem Kunden an. Da ich den Kunden auch telefonisch einen technischen Service geben möchte, rufen mich viele an, um technische Daten zu erfragen oder ihre Probleme zu schildern. Wenn ich den Hörer abnehme, ist oftmals die erste Frage, ob man bitte einen Mechaniker ans Telefon holen könnte.

Als ich ganz am Anfang in einer Werkstatt gearbeitet hatte, gab es oft Probleme mit den Kunden. Viele wollten zum Beispiel nicht, dass eine Frau den Service an ihrem Motorrad macht.

Um einfach mal den Unterschied zwischen Männern und Frauen im Beruf aufzuzeigen – arbeitet ein Mann in einer „Frauendomäne“, wird das doch von den meisten als toll und fortschrittlich angesehen. Arbeitet eine Frau in einer „Männerdomäne“, runzelt man doch erstmal mit der Stirn und erwartet einfach nicht, dass eine Frau genauso toll (oder besser) arbeitet wie ein Mann im gleichen Beruf.

Hatte das auch Einfluss auf ihre berufliche Karriere? Auf welche Schranken und Hindernisse trafen Sie, auf die Männer nicht treffen?

Hindernisse sind zumeist Vorurteile, die die Menschen in ihren Köpfen haben. Und obwohl viele von uns denken, dass es eine Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft gibt, gibt es diese einfach in vielen Berufsfeldern eben nicht. Als Frau in einem Männerberuf muss man sich immer beweisen. Niemand traut einem anfangs etwas zu. Wenn mal ein Fehler passiert, ist das bei einer Frau viel schlimmer, als wenn einem Mann der gleiche Fehler passieren würde.

Ich wurde in der Vergangenheit auch vor Kunden vorgeführt und auch heute machen sich Leute über mich manchmal lustig. Nicht nur weil ich eine Frau bin, sondern auch weil ich eine kleine Gehbehinderung habe und so beim Laufen etwas eingeschränkt bin.

Aber es gibt natürlich auch Ausnahmen, die mich, gerade weil ich eine Frau bin, etwas mehr gefordert haben, um mich so besser zu machen. Viele sehen und sahen in mir meine Leidenschaft für die Marke Ducati und haben mich so auf meinem Weg bis zum eigenen Unternehmen besser gemacht. Kritik und Kritiker waren und sind für mich der beste Ansporn, um besser zu werden.

Ist es für Ihre Verkäufe ein Vorteil, dass bei Ebay eher auf das Produkt geachtet wird? Will sagen: Denken Sie, dass viele Männer wegen offensichtlich vorsintflutlicher Ansichten eher woanders kaufen (würden), wenn Sie wüssten, dass sie bei einer Frau kaufen?

Ehrlicherweise denke ich, dass tatsächlich weniger Menschen kaufen würden, wenn in erster Linie aufgezeigt wird, dass das Produkt von einer Frau vertrieben wird. Natürlich sieht man bei Ebay, dass die Firma einer Frau gehört, aber ich denke, dass viele nicht wissen, dass hinter Bee Racing auch wirklich nur diese eine Frau (ich) steht.

Was sagen Sie Frauen, die sich einen Werdegang, wie Sie ihn hingelegt haben, nicht zutrauen?

Ich kann es sehr gut nachvollziehen und würde es auch nur Frauen raten, die wirklich komplett mit voller Leidenschaft dabei sind und auch bereit sind, evtl. ein paar Tränen zu vergießen. Wenn das Interesse und die Ambition wirklich da sind, dann sollte man definitiv dafür kämpfen und sich bemühen.

In Berlin ist der internationale Frauentag am Freitag nun ein gesetzlicher Feiertag. Ein richtiger Schritt?

Natürlich ist es toll für uns als Berliner Frauen, dass wir nun einen gesetzlichen Feiertag haben. Der fehlt jetzt nur noch im Rest von Deutschland.

Werden Sie als Online-Händlerin trotzdem arbeiten? ;)

Als Selbstständige Unternehmerin bedeutet das auch für mich selbst und ständig. Ich bin also am 8. März wie gewohnt für die Kunden da.

Vielen Dank für das Gespräch!

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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