Studie

Klimabilanz: E-Commerce ist grüner als der stationäre Handel

Veröffentlicht: 13.04.2021 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 13.04.2021
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Es herrscht die weit verbreitete Meinung, dass der Online-Handel, allein aufgrund des hohen Transportaufkommens, schädlicher für das Klima ist als der stationäre Handel. Doch das scheint ein Irrtum zu sein. Eine Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman und der Logistics Advisory Experts GmbH, einem Spin-off der Universität St. Gallen, kommt zu dem Schluss: Es ist genau umgekehrt. Die Studie, die dem Handelsblatt vorliegt, besagt, dass der CO2-Ausstoß pro verkauftem Artikel im stationären Handel im Durchschnitt um den Faktor 2,3 höher liegt als im E-Commerce.

Einer der Hauptgründe: Online-Händler benötigen weniger physische Flächen, die mit Strom versorgt, beleuchtet und beheizt werden müssen. Außerdem werden beim Online-Handel „viele Waren beim Transport auf der letzten Meile gebündelt“, erklärt Joris D’Incà, Logistikexperte bei Oliver Wyman. Die Studie wurde zwar von Amazon in Auftrag gegeben, sei aber unabhängig und ohne Einfluss von Amazon durchgeführt worden, betonen die Autoren. Befragt wurden 10.000 Konsumenten und 800 Händler, außerdem flossen öffentlich zugängliche Statistiken in die Analyse mit ein.

Große Online-Händler setzen auf Nachhaltigkeit

Zudem sind die Studienautoren nicht die ersten, die dem Online-Handel eine bessere Klimabilanz bescheinigen. Das Umweltbundesamt hatte bereits im vergangenen Jahr mehrere Klimastudien ausgewertet und kam zum Ergebnis, dass „in der Mehrzahl der Fälle von einer ökologischen Vorteilhaftigkeit des Einkaufs im Onlinehandel gegenüber einem Einkauf im stationären Handel ausgegangen werden kann“.

Darüber hinaus steht das Thema Nachhaltigkeit mittlerweile bei vielen großen Online-Anbietern auf der Agenda. Alexander Birken, Vorstandschef der Otto Group, betont etwa gegenüber dem Handelsblatt: „Die Zeit des Greenwashing ist endgültig vorbei“. Nun gelte es, „konkrete Maßnahmen zur Vermeidung und zur Verringerung von CO2-Emissionen in den Kernprozessen“ zu integrieren. Bis zum Jahr 2030 will man komplett klimaneutral arbeiten. Amazon wiederum hat zugesichert, bis 2040 klimaneutral zu sein. Experten gehen sogar davon aus, dass der Konzern das deutlich früher schafft.

Im Vergleich zum stationären Handel hat es der E-Commerce in dieser Hinsicht leichter. Allein 30 Prozent der Klimawirkung, so die Studie, entfalle auf den Weg des Kunden zum Geschäft. Darauf haben die Händler selbst keinen Einfluss. „Es ist schneller machbar, die Transportmittel auf der letzten Meile zu elektrifizieren, als die Masse der Kunden zum Umstieg auf ökologischere Verkehrsmittel zu bewegen“, erklärt Eva Sprengnetter, Co-Autorin der Studie. Online-Händler wie Amazon setzen etwa auf Elektrolieferwagen für die Logistik und können so massiv CO2-Emissionen einsparen.

Deutschland hinkt hinterher – ein wenig

Je nach Produkt und Land, so die Untersuchung, schwanken die Umweltfolgen teils deutlich. Im stationären Modehandel ist der berechnete CO2-Ausstoß am höchsten. Dieser kommt im Schnitt auf 2,8 Kilogramm CO2-Äquivalente (CO2e), wie es die Studie nennt. Der Online-Modehandel kommt auf 954 Gramm. Besonders deutlich ist der Unterschied in Deutschland. Hierzulande kommt der stationäre Modehandel auf 4.291 Gramm CO2e. Dies liege vor allem am hohen Anteil fossiler Energie in Deutschland. Das Heizen und Beleuchten mache 60 Prozent der Klimawirkungen aus. Zum Vergleich: In Frankreich liegt der Wert bei 972 Gramm, weil dort der Anteil an Atomstrom sehr hoch ist.

Aber auch die Kunden haben ihren Anteil am Missverhältnis. Ein deutscher Konsument habe im Schnitt 15 Kilometer Anfahrt zu einem Geschäft und nutzt dafür häufig das Auto. In Italien beträgt der Weg durchschnittlich nur sieben Kilometer. „Bisher denken die Konsumenten eher darüber nach, was sie kaufen, und weniger, wie sie dies tun“, resümiert Eva Sprengnetter. Individuelles Verhalten sei aber nur ein Baustein, betont Logistikexperte D’Incà: „Wer zu Fuß zum Buchladen geht, kommt auf die gleiche Klimabilanz wie der Onlinekäufer“. Beim Kauf eines Modeartikels allerdings werde dennoch der doppelte ökologische Fußabdruck erzeugt.

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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Kommentare  

#1 Ingo Scharp 2021-04-14 08:29
Es sind nicht nur die Big Player wie Amazon und Co. die sich Gedanken um die Umwelt machen.
Wer selbst bei kleinen Unternehmen bestellt, wird mittlerweile häufiger Nachhaltige bzw. ökologischere Verpackungen finden als Früher.
Zertifiziert Transportverpac kung, Klebeband aus Papier oder Verpackungskord el statt PVC Klebeband, Füllmaterialien aus Recycelten Materialien statt Luftpolsterfoli e usw.
Unser Unternehmen arbeitet derzeit zu 95% mit Solar-Energie, den wir selber produzieren (PV Anlage + Speicher).
Das der Einzelhandel mit gemieteten Verkaufsflächen dort nicht mithalten kann, steht wohl außer Frage.
Freue mich aber persönlich bald wieder in Geschäfte bummeln zu können.
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