Quengelzone im Internet: Impulskäufe funktionieren auch online

Veröffentlicht: 05.07.2016 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 05.07.2016

Eine Analyse der E-Commerce-Agentur Kairion und der TU Braunschweig zeigt: Impulskäufe, wie man sie aus dem Supermarkt im Kassenbereich – der sogenannten Quengelzone – kennt, funktionieren auch online. Richtig platzierte Werbebanner für niedrigpreisige Waren können Spontankäufe erheblich steigern.

Kind im Supermarkt

(Bildquelle Kind im Supermarkt: Yury Kozlov via Shutterstock)

Man kennt das: Im Supermarkt bewegt sich die Schlange an der Kasse nur im Schneckentempo und man hat genügend Zeit, sich ausgiebig mit dem ausliegenden Kleinkram zu beschäftigen. Schokoriegel, Kaugummis oder Batterien für vergleichsweise geringe Euro-Beträge rufen förmlich: Kauf mich! Da besonders Kinder gern auf diesen Ruf hören, heißt der Bereich kurz vor der Kasse im Volksmund passenderweise Quengelzone. Die Impulskäufe, die dort getätigt werden, sorgen für etwa sieben Prozent des Gesamtumsatzes. Das Konzept funktioniert, weil man an der Kasse oft warten muss und Zeit hat, Reize aufzunehmen. Aber funktionieren solche Impulskäufe möglicherweise auch im Internet?

Analyse belegt: Impulskäufe im Internet funktionieren

Die E-Commerce-Agentur Kairion und der Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement der TU Braunschweig sind der Frage nachgegangen, indem sie über 100.000 Besucher eines Online-Shops einer großen Drogerie-Kette zwischen Februar und Mai 2015 (anonymisiert) analysiert haben. Dafür haben sie die Nutzer zufällig in vier Gruppen eingeteilt, denen Werbebanner eines Impulskaufprodukts der Drogerie-Kette im Wert von 50 Cent zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Kaufvorgang angezeigt wurden. Zum einen variierte der Ausstrahlungszeitpunkt des Banners: Der einen Gruppe wurde es angezeigt, wenn ein Produkt bereits im Warenkorb lag (Impulskauffokus), der anderen, während sie noch im Shop stöberte (ohne Impulskauffokus). Zum anderen gab es unterschiedliche Platzierungen: Entweder in der konkreten Produktgruppe des beworbenen Produktes (enges Targeting) oder in einer übergeordneten Kategorie (weites Targeting).

Das Ergebnis: Die Interaktion mit der beworbenen Marke stieg bei der Werbemittelausspielung signifikant an, wenn sich bereits ein Produkt im Warenkorb befand. Im engen Targeting ohne Impulskauffokus führten 3,32 Prozent der Werbeeinblendungen zu einem Detailseitenbesuch des Impulsproduktes, mit Impulskauffokus waren es 8,42 Prozent – das entspricht einem Anstieg von 150 Prozent! Ebenso stiegen Click-Through-Rate und Conversion Rate mit Impulskauffokus. Ähnlich sah die Tendenz im weiten Targeting aus, wenn auch in stark abgeschwächter Form. Dass das enge Targeting durchweg besser funktionierte, zeigt die Relevanz des Werbeinhalts, auch wenn es gleichbedeutend mit einer geringeren Reichweite ist. Alle Ergebnisse wurden in einem Whitepaper veröffentlicht.

Die Ergebnisse dürften im Online-Handel für Aufsehen sorgen. Wenn es auch keine wirkliche Quengelzone im Online-Shop gibt, so kann man den Kunden doch offenbar gezielt zum Impulskauf anregen, wenn man die richtigen Artikel an der richtigen Position bewirbt. Umgekehrt muss man als Anbieter freilich genau aufpassen, was man in welcher Form bewirbt. Schließlich funktioniert die Quengelzone im Supermarkt gerade deswegen so gut, weil der Kunde scheinbar zufällig (im Warten) auf Produkte aufmerksam wird und nicht, weil ein Marktschreier den Schokoriegel mit aller Macht im Einkaufswagen unterbringen möchte.

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