DPD-Director Michael Knaupe über Digitalisierung: „Man muss alle Mitarbeiter überzeugen“

Veröffentlicht: 12.09.2016 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 12.09.2016

Im Interview mit Michael Knaupe, Director Products & Services DPD GeoPost (Deutschland) GmbH, geht OnlinehändlerNews der Frage nach, wie erfolgreiche Digitalisierung funktionieren kann und warum sie Arbeitsplätze schafft.

Michael Knaupe, DPD

© DPD - Michael Knaupe, Director Products & Services DPD GeoPost (Deutschland) GmbH

OnlinehändlerNews: Herr Knaupe, der BVDW nennt fünf Reifegrade der Digitalisierung: von 1 bis 5 die Ruhe-Phase, die Starter-Phase, die Pilot-Phase, die Digitalisierungs-Phase und Digitalisiert. Wo müsste man auf dieser Skala DPD einordnen?

Michael Knaupe: DPD hat in den letzten drei Jahren sehr viel Energie darauf verwendet, die Möglichkeiten der Digitalisierung so konsequent wie möglich auszuschöpfen. Unsere Services und Prozesse sind heute schon in hohem Maße digitalisiert, daher sehe ich uns zumindest auf dem Sprung auf die fünfte Stufe. Das belegen übrigens auch Auszeichnungen wie der Digital Transformation Award der Wirtschaftswoche, bei dem wir uns als Unternehmen mit besonders hoher digitaler Durchdringung durchsetzen konnten. Dafür stehen etwa 20 Millionen Datensätze pro Tag, die wir mit bis zu 40 Millionen Haushalten pro Jahr verknüpfen und per App sauber aufbereitet auch dem Endverbraucher offenlegen.

Das zeigt sich natürlich auch im täglichen Geschäft: Dank Big Data und Predictive Analytics kann jeder Empfänger sein Paket online und mobil in einem kartengestützten Live-Tracking nachverfolgen. Private Empfänger halten wir zudem proaktiv via SMS und E-Mail auf Stand, in der Regel übermittelt uns der Versender dazu heute schon die Kontaktdaten. Noch 2016 wollen wir so mit 90 Prozent aller privaten Empfänger in den direkten Kontakt treten, das ist das erklärte Ziel. Für den E- und M-Commerce sind wir ein zentrales Bindeglied zwischen Online-Welt und physischem Warentransport. Dem wird sich kaum ein Händler auf Dauer verschließen wollen und können.

Selbst Experten sagen, dass die Digitalisierung ein schwieriger, komplexer Prozess ist. Warum schafft es DPD trotzdem? Was hat man bislang richtiggemacht?

Wichtige Voraussetzungen sind Hartnäckigkeit und ein uneingeschränktes Commitment des Top-Managements. Angefangen vom CEO wollen wir im Management zum Beispiel vorleben, wie digitale Plattformen in der täglichen Zusammenarbeit sinnvoll genutzt werden. Von entscheidender Bedeutung ist auch eine klare und ausdauernde Kommunikation: Man muss alle Mitarbeiter im Unternehmen davon überzeugen, dass uns eine konsequente Digitalisierung großartige Möglichkeiten bietet. Denn dafür gibt es sehr gute Argumente: Mit digitalen Innovationen können wir Kunden und Empfänger begeistern, weil wir ihnen so das Leben sehr viel einfacher machen. Letztlich können wir allen Beteiligten die Vorteile der Digitalisierung klar aufzeigen, natürlich auch unseren Kunden. Mit digitalen Services haben wir etwa beste Voraussetzungen, um Online-Vertriebskanäle mit dem lokalen Handel zu verknüpfen. Wir sind das Bindeglied dazwischen.

Wann wurde die Digitalisierung ein Thema für DPD?

Bei uns ging der entscheidende Impuls zu einer konsequenten Digital-First-Denkweise unmittelbar von der Unternehmensführung aus. DPD CEO Boris Winkelmann legt seit seinem Amtsantritt 2013 den Fokus auf eine entschiedene Nutzung der Digitalisierung als Wachstumschance. Und mit Innovationen wie der DPD App oder einem mobilen Paketschein haben wir im boomenden Paketversand für private Empfänger auch schon ein branchenweit einzigartiges Maß an Transparenz und Flexibilität erzielt.

DPD sagt selber, man brauche als Unternehmen eine „digitale Denkweise“ für eine Entwicklung. Wie sieht die „digitale Denkweise“ bei DPD aus?

Wir wollen das Bindeglied zwischen Online- und Offline-Welt sein, dank digitaler Innovationen soll die Zustellung nahtlos an den Onlinekauf anbinden. Dem ordnen wir alles unter. Ein Beispiel: Mobile Commerce ist mehr als der digitale Unterwegs-Einkauf: Bei fast jedem Online-Warenkauf ist auch ein Transport nötig. Und wer per Smartphone oder Tablet komfortabel einkauft, will auch den Versand mobil steuern. Lange jedoch war die Zeit zwischen Kauf und Zustellung von Ungewissheit geprägt.

Wie ändert sich die Unternehmensstruktur im Digitalisierungsprozess? Reden wir von großen Umwälzungen oder eher Detailanpassungen?

Aus unserer Sicht kann man bei der digitalen Transformation von einer kleinen Revolution sprechen: Die gesamte Unternehmenskultur sowie Prozesse und Strukturen in unterschiedlichsten Unternehmensbereichen werden neu aufgestellt. Daher gab es bei DPD auch keine allein verantwortliche Unit für die digitale Transformation. Wir arbeiten weniger hierarchisch, sondern halten die Fäden in crossfunktionalen Teams zusammen.

Gleichzeitig sind wir aber davon überzeugt, dass Digitalisierung in einem etablierten Unternehmen zu einer Top-Down-Priorität gemacht werden muss. Dementsprechend haben wir die digitale Transformation zu einem bestimmenden Teil der Unternehmensstrategie von DPD gemacht. Mittlerweile haben wir schon zahlreiche digitale Veränderungsprozesse in den Linienbetrieb überführt.

Kann man messbar belegen, welche Auswirkungen die digitale Transformation auf das Unternehmen hat? Wo konnten Kosten gespart werden? Gab es messbare Umsatz- und Gewinnsprünge, die darauf zurückzuführen sind?

Das Unternehmen verzeichnete 2015 das stärkste Wachstum seit 20 Jahren, ein Umsatzplus von 8 Prozent im Vorjahresvergleich. Wachstumstreiber ist dabei klar der Online-Handel: Der Marktanteil von DPD im B2C-Segment liegt mittlerweile bei 8 bis 10 Prozent, im Jahr 2013 waren es noch lediglich 5 bis 7 Prozent. Diese Erfolge führen wir unmittelbar auf unsere digitalen Services zurück.

Sie haben gesagt, man müsse „Impulse aus anderen Branchen weiterdenken“. Was meinen Sie damit konkret?

DPD orientiert sich bei der Entwicklung neuer Produkte und Services nicht am angestammten Logistik- und Paketmarkt, sondern an innovativen Apps und Trends aus der Online- und E-Commerce-Welt. Für DPD war dies die Voraussetzung, um mit einzigartigen Services zum Innovationsführer im B2C-Paketmarkt zu werden und dabei eine optimale User Experience auf dem Frontend zu gewährleisten. Darüber hinaus ist der kritische externe Blick auf etablierte Prozesse eine notwendige Voraussetzung für die kontinuierliche Weiterentwicklung. Bei der Umsetzung von Innovationsprozessen greift DPD zudem regelmäßig auf externen Sachverstand zurück. Gleichzeitig ist es für uns wichtig, mit zunehmender digitaler Durchdringung immer breitere digitale In-House-Kompetenz aufzubauen. Eine gesunde Balance aus externem Input und interner Expertise ist letztlich entscheidend dafür, dass eine digitale Transformation erfolgreich ist.

Ist es für Sie eigentlich ein eher lästiger Prozess oder treibt man den Prozess eher mit Spannung und Vorfreude voran, weil der Ertrag am Ende stimmt?

Digitalisierung war und ist für uns ein Veränderungsprozess, in den wir uns mit Begeisterung gestürzt haben. Wir haben die Digitalisierung stets als Chance gesehen, uns mit innovativen Features vom Wettbewerb abzuheben. Dazu analysiert DPD fortlaufend neue Trends auf Anknüpfungspunkte zum Paketmarkt. Ein wichtiges und spannendes Format dafür ist unser „digitaler Think Tank“: Alle drei Monate kommen dafür Vertreter von DPD aus verschiedenen Fachbereichen und Hierarchieebenen mit externen Stakeholdern und digitalen Experten zusammen. Dazu gehören etwa Startup-Gründer, Business Schools, Digitalagenturen, Unternehmensberater und IT-Anbieter.

Im digitalen Transformationsprozess sind Mitarbeiter ein durchaus heikles Thema, da zunächst die Angst vorherrscht, dass der Mensch durch Computerprozesse ersetzt werde. Schafft die Digitalisierung Arbeitsplätze? Rationalisiert sie sie weg? Oder verteilt sie sie nur um? Welchen Einfluss hat(te) die Transformation auf den DPD?

Engagierte Arbeitskräfte bleiben in unserem Geschäft auch auf lange Sicht wichtigster Erfolgsfaktor. Aber die Arbeit verändert sich. So werden etwa unsere Zusteller viel stärker als zuvor digital angeleitet und unterstützt. In Summe erleichtert das ihre Arbeit, zum Beispiel weil sie seltener vor verschlossen Türen stehen – denn bei DPD wissen die Empfänger genau, wann ihr Paket kommt – und können flexibel vorab reagieren, wenn sie zum prognostizierten Zustellzeitpunkt nicht zu Hause sein können. Gerade in der Entwicklung hat die Digitalisierung bei uns auch Arbeitsplätze geschaffen, nur so lassen sich innovative Ideen auch schnell auf die Straße bringen. Zudem sind im Unternehmen ganze Bereiche neu erstanden – etwa für das fortlaufende Testing unserer Services auf den digitalen Kanälen.

 


In der September-Ausgabe des Onlinehändler Magazins widmen wir uns im Artikel "Mammutaufgabe Digitalisierung" ausführlich dem Thema und klären anhand der 5 Reifegrade der Digitalisierung, wie man den Prozess als Unternehmen angehen kann.

Kommentare  

#1 Christian 2016-09-14 14:10
Digitalisierung schön und gut. DPD sollte lieber mal in Fahrer investieren die auch klingeln anstatt die Pakete aus Zeitknappheit gleich in den Shop zu bringen bzw. sie ohne Abstellgenhmigu ng irgendwo abzustellen...
Die "Problemquote" aufgrund Fehler in der Zustellung ist bei DPD ein vielfaches höher als z.B. bei DHL.
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