Amazon verkürzt Widerspruchszeitraum für Ausgleichszahlungen deutlich

Veröffentlicht: 04.07.2017 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 11.09.2017

Amazon-Lieferanten haben ab dem 23. August nur noch 30 Tage Zeit, um Ausgleichszahlungen zu widersprechen, wenn sie fälschlicherweise belastet wurden.

Amazon

© Claudio Divizia / Shutterstock.com

Amazon-Lieferanten haben in den vergangenen Tagen eine Mail über eine bald in Kraft tretende Änderung vom Vendor Central erhalten. In der Mitteilung, die OnlinehändlerNews vorliegt, werden die Lieferanten darüber informiert, dass am 23. August 2017 der Widerspruchszeitraum für Ausgleichszahlung von 120 auf 30 Tage verkürzt wird – also um ganze 90 Tage! Amazon begründet den Schritt damit, „die Bearbeitungszeit von Ausgleichszahlungen zu verkürzen sowie deutlicher darzustellen, welche Beträge letztendlich berechnet werden“. Dass Amazon das Kürzen der Einspruchsfristen in einen Vorteil umdeutet, trifft bei den Betroffenen auf wenig Gegenliebe.

Im Klartext bedeutet das, dass Lieferanten nach dem 23. August „Ausgleichszahlung innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt der Benachrichtigung widersprechen“ müssen, wenn sie ihrer Ansicht nach fälschlicherweise belastet wurden.

Darf Amazon den Zeitraum "einfach so" verkürzen?

Uns erreicht nun mehrfach die Frage, ob "solch einseitige negative Vertragsänderungen überhaupt zulässig sind". Wir fragen nach bei Yvonne Bachmann, Rechtsanwältin beim Händlerbund, die schon 2016 Bedenken hinsichtlich der Ausgleichszahlungen hatte: "Bei dem Vertrag zwischen Amazon und dem Lieferanten ist zwar zu berücksichtigen, dass sich dieser im B2B-Bereich abspielt. Hier ist der Spielraum also deutlich weiter als gegenüber Verbrauchern. Liefert ein Vertragspartner nicht oder nicht vertragsgemäß, dann muss Amazon dies zum einen sofort melden. Zum anderen muss Amazon auch beweisen, dass der Lieferant seine Lieferpflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat, um rechtliche Ansprüche nicht zu verlieren. Die Einhaltung dieser Voraussetzungen sind für Amazon offensichtlich nicht praxistauglich".

Deshalb sind wohl die Ausgleichszahlungen die Lösung. Die Rechtsanwältin gibt dazu aber zu bedenken, dass Amazon ein pauschale Ausgleichszahlung beansprucht, die in Deutschland per sé kaum durchsetzbar ist - ob mit 120 oder mit 30 Tagen Widerspruchsfrist. Die Antwort dürfte auch nach dem luxemburgischen Recht – welches Amazon in seinen Verträgen vereinbart - nicht gravierend anders ausfallen. Wer sich juristisch dagegen zur Wehr setzen will, müsste vor ein luxemburgisches Gericht ziehen. Ein solches Verfahren mit ungewissem Ausgang dürfte in jedem Fall kostspielig und langwierig sein.

Update: Amazon kommentiert den Schritt gegenüber OnlinehändlerNews wiefolgt: "Die Reduktion der Bearbeitungszeit für Ausgleichszahlungen auf 30 Tage spiegelt die durchschnittliche Zeit wider, die Lieferanten im Falle eines Widerspruchs beanspruchen. Damit beschleunigen wir die Abwicklung von Ausgleichszahlungen."

 

Richtigstellung: In einer früheren Version dieses Artikels wurde von Amazon-Händlern gesprochen. Amazon weist explizit darauf hin, dass sich die Frist-Verkürzung auf Lieferanten im Rahmen von Amazon Vendor bezieht.

Kommentare  

#4 H.-P. 2017-07-05 18:08
Klagen gegen Amazon?
Doch nur in Luxemburg; wer kann sich denn diesen Luxus leisten ...
Gruppenklage ?
Dann warte mal die Entscheidung der Gerichte zum Dieselskandal gegen VW ab. Zur Zeit kennt Germany keine Gruppenklagen ...
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#3 Peter 2017-07-05 10:14
Der Riese Amazon macht mit seinen Händler was er will. Kaum ein Händler wagt es gegen Amazon vorzugehen, geschweige denn zu klagen. Zu wichtig ist die Plattform für die meisten Händler geworden. Betroffene Händler sollten über eine Gruppenklage nachdenken.
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#2 Thorsten 2017-07-05 08:46
Ich kann den Ansatz mit der Rechtsanwältin nicht verstehen. Es handelt sich hier um "Amazon Vendor". Das heisst: Händler oder Hersteller verkaufen seine Produkte an Amazon. Amazon verkauft dann die Ware im Namen und Eigentum von Amazon. Also Strafzahlungen, "nichtabnahmeve rpflichtungen" bei verspätetter Lieferung, Rücknahme nicht verkaufter Ware etc. sind doch mitlerweile normale Abmachungen um im Grosshandel Ware verkaufen zu können.....
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#1 Fragaria 2017-07-04 15:36
Ein neuer Grund, der gegen Amazon spricht. Ich glaube langsam das Ebay und Amazon keine Händler mehr wollen.
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