Ebay-Interview über Produktpiraterie: „Wir können Artikel nicht auf reinen Verdacht löschen“

Veröffentlicht: 28.06.2018 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 28.06.2018

Produktfälschungen schaden dem Online-Handel auf verschiedenste Weise: Zum einen entgehen seriösen Markenherstellern Einnahmen. Zum anderen können Produkte mit mangelhafter Qualität eine echte Gefahr für die Gesundheit der Kunden darstellen. Wie groß die Problematik ist, darüber haben wir mit Daphne Rauch von Ebay gesprochen. Dabei zeigt die Expertin unter anderem auf, wie der Marktplatz selbst versucht, gegen Plagiate vorzugehen.

Piratenflagge
© Natasha-Aleksandra – shutterstock.com

Onlinehändler Magazin: Welche Strategien hat eBay in petto, um gegen Produktpiraterie vorzugehen?

Daphne Rauch, Senior Manager Corporate Communications: „EBay ist ein offener Online-Marktplatz mit mehr als 171 Millionen aktiven Käufern weltweit, auf dem wir unseren Nutzern den Handel mit nahezu allen Dingen ermöglichen, die im Rahmen der in Deutschland geltenden gesetzlichen Bestimmungen und im Einklang mit unseren Grundsätzen handelbar sind. Dabei kümmern wir uns darum, unzulässige Artikel vom Online-Marktplatz fernzuhalten. Wir missbilligen ausdrücklich jeden Versuch, den eBay-Marktplatz für den Handel mit unzulässigen Artikeln zu missbrauchen. Artikel, die gegen rechtliche Vorschriften, die guten Sitten oder die eBay-Grundsätze verstoßen, dürfen bei eBay nicht zum Verkauf angeboten werden.

Das Anbieten von Fälschungen und rechtswidrigen Repliken/Kopien ist daher bei eBay grundsätzlich nicht erlaubt. Markenrechtsverletzende Angebote schädigen den eBay-Marktplatz, unseren Ruf und führen für unsere Käufer zu negativen Erfahrungen beim Handel.

Wenn zeitweise unzulässige Artikel auf unserem Marktplatz sichtbar sind, bedeutet dies keinesfalls, dass wir diese Angebote dulden oder erlauben. Es handelt sich dabei um Artikel, von denen wir bis dahin noch keine Kenntnis hatten und die deshalb noch nicht gelöscht wurden. Registrierte Verkäufer können zu jeder Zeit Angebote auf dem eBay-Marktplatz einstellen. Aufgrund der Vielzahl der Artikel, die bei eBay eingestellt werden, ist es nicht möglich, jeden Artikel individuell zu prüfen, bevor er auf dem Marktplatz erscheint.

Jeder, der mit seinen angebotenen Artikeln gegen Gesetze, die guten Sitten oder die eBay-Grundsätze verstößt, riskiert den Abbruch seiner Angebote, seinen Ausschluss vom eBay-Marktplatz und gegebenenfalls auch rechtliche Konsequenzen. eBay arbeitet dafür sehr eng mit den Ermittlungsbehörden – Polizei und Staatsanwaltschaft – zusammen. Die Behörden haben eigene Meldekanäle, über die sie sich mit Auskunftsersuchen im Rahmen ihrer Ermittlungen an uns wenden können. Die so angefragten Informationen werden von unseren Kolleginnen und Kollegen so schnell wie möglich zur Verfügung gestellt, um Ermittlungen bestmöglich zu unterstützen.

Wir löschen rechtsverletzende Angebote, wenn wir hinreichende Kenntnis von solchen Angeboten haben. Dabei sind wir auf verschiedenen Ebenen tätig: Unsere Sicherheitsteams suchen mithilfe einer hoch entwickelten Sicherheitssoftware nach Artikeln, die als Fälschungen erkennbar sind, löschen diese und sanktionieren die Anbieter. Die besondere Herausforderung bei diesem Thema ist für uns, dass Artikel für uns oft nicht als Fälschungen erkennbar sind. Hier sind wir auch auf die Unterstützung der Hersteller angewiesen, die ihre Produkte am besten kennen.

In diesem Zusammenhang haben wir ein eigenes Programm ins Leben gerufen, an dem mittlerweile weltweit mehr als 40.000 Rechteinhaber teilnehmen, das sogenannte Verifizierte-Rechte-Inhaber-Programm (VeRI). Im Rahmen dieses Programms können uns Rechteinhaber schnell und unkompliziert Angebote melden, die gegen ihre Rechte verstoßen. Diese Angebote werden von eBay gelöscht. Für eBay ist die Zusammenarbeit mit Rechteinhabern im Rahmen des VeRI-Programms von großer Bedeutung und hat sich bewährt. Denn in vielen Fällen ist es nur für die Rechteinhaber selbst ersichtlich, dass ein Angebot gegen ihre Schutzrechte verstößt.

Die Mitarbeiter von eBay können nicht Experten für jegliche Art von Produkten sein und in allen Bereichen Detailkenntnisse besitzen, woran Fälschungen bestimmter Produkte zu erkennen sind. Ebenso können wir Artikel nicht auf reinen Verdacht löschen, wir müssen zumindest hinreichende Hinweise haben, dass es sich bei einem Produkt um eine Fälschung handelt. 

Daphne Rauch von Ebay

Wir sind der festen Überzeugung, dass eine Zusammenarbeit mit Rechteinhabern – wie etwa im Rahmen des VeRI-Programms – der erfolgversprechendste Weg ist. Ein gutes Beispiel dafür ist auch das sogenannten „Memorandum of Understanding (MoU) über den Internethandel mit gefälschten Waren“, das unter Federführung der Europäischen Kommission erarbeitet und von namhaften Rechteinhabern und eBay unterzeichnet wurde. Das MoU hat die Kooperation mit Rechteinhabern verbessert und ein gutes Forum für „Best Practices“ geschaffen. Wir unterstützen die Bestrebungen der Europäischen Kommission, weitere Unternehmen für die aktive Teilnahme am MoU-Prozess zu gewinnen. (Foto: Daphne Rauch © Ebay)

Käufern, die davon ausgehen ein gefälschtes Produkt erhalten zu haben, raten wir, uns dies zu melden, damit wir geeignete Maßnahmen gegen den Verkäufer treffen können. War der Artikel mit dem eBay-Garantie-Logo versehen oder wurde er beispielsweise per Lastschrift, Kreditkarte oder mit PayPal bezahlt, erhalten die Käufer bei einem gefälschten Artikel, der als Originalware verkauft wurde, ihr Geld zurück, wenn sie einen Antrag auf Käuferschutz stellen. Käufern steht es natürlich außerdem frei, einen solchen Fall bei den Ermittlungsbehörden zur Anzeige zu bringen. EBay unterstützt die Behörden in solchen Fällen bei Ihren Ermittlungen.

Wir haben größtes Interesse daran, Rechteverletzungen wie Produktpiraterie zu unterbinden. Bitte beachten Sie aber, dass nicht eBay, sondern der Anbieter für die Inhalte seiner Angebote verantwortlich ist. Rechteinhaber müssen sich daher für alle Maßnahmen, die über die Entfernung des Angebotes hinausgehen, grundsätzlich an den Anbieter wenden.“

Anfang 2017 hat eBay in den USA „eBay Authenticate“ gestartet - ein Service, mit dem der Marktplatz gegen Plagiate vorgehen möchte. Wissen Sie, wie gut dieser Service angenommen wurde? Sind solche Services auch für Deutschland geplant?

„‚EBay Authenticate‘ kommt bei unseren Kunden in den USA, die hochwertige Handtaschen suchen, sehr gut an. Aufgrund der positiven Resonanz haben wir den Service dort um Uhren erweitert. In Deutschland fangen wir gerade damit an, den ‚eBay-Echtheitscheck‘ an den Start zu bringen, zunächst nur für Luxusuhren.“

Wie groß ist Ihrer Meinung nach das Problem der Produktpiraterie für die Online-Branche? Hat sich das Problem in den vergangenen Jahren eher verbessert oder verschlechtert?

„Bezogen auf unseren Marktplatz können wir keinen Anstieg von solchen Fällen feststellen. Es gibt den Online-Marktplatz eBay seit 1995, sicheres Handeln und Vertrauen in unserem Marktplatz ist von Beginn an ein großer Fokus von eBay gewesen und ist es noch. Wir haben mittlerweile mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Betrugsprävention und der frühzeitigen Identifizierung von Betrugsversuchen gesammelt und damit das Vertrauen von aktuell 171 Millionen aktiven Käufer weltweit gewonnen.“


Q2-Ausgabe Onlinehändler Magazin

Mit dem Thema der Produktpiraterie haben wir uns auch ausführlich in unserem neuen Onlinehändler-Magazin (Q3/2018) auseinandergesetzt. In dem Beitrag „Piraten im Online-Handel: Plagiate und wie Unternehmen versuchen, der Produktpiraterie beizukommen“ (ab Seite 88) beleuchten wir das Ausmaß der Problematik für die gesamte Branche. Für nähere Einblicke haben wir auch mit anderen Unternehmen gesprochen und mal nachgefragt, welche Gegenmaßnahmen es noch gibt.

Außerdem beschäftigen wir uns im neuen Magazin unter anderem mit dem Online-Handel in die Schweiz, der Plattformstrategie von Otto, Markenrecht für Online-Händler oder auch mit Adressvalidierungstools. Die neue Q3-Ausgabe des Onlinehändler Magazins finden Sie kostenlos unter folgendem Link:  

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Über die Autorin

Tina Plewinski
Tina Plewinski Expertin für: Amazon

Bereits Anfang 2013 verschlug es Tina eher zufällig in die Redaktion von OnlinehändlerNews und damit auch in die Welt des Online-Handels. Ein besonderes Faible hat sie nicht nur für Kaffee und Literatur, sondern auch für Amazon – egal ob neue Services, spannende Technologien oder kuriose Patente: Alles, was mit dem US-Riesen zu tun hat, lässt ihr Herz höherschlagen. Nicht umsonst zeigt sie sich als Redakteurin vom Dienst für den Amazon Watchblog verantwortlich.

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Kommentare  

#1 Christan 2018-07-04 16:09
Wir können nicht oder wir wollen nicht? Ich denke mal es ist diese "wollen nicht" was der eigentliche Grund ist. Gerade weil es mehr Arbeit macht, aus der Masse die richtigen Meldungen rauszufiltern. Von privat hat man da kaum eine Chance das Produkte gelöscht werden.

Auch Steuerhinterzie her (Scheingewerbli che) und illegale Verkäufer von Elektrogeräten (ohne WEEE) werden von Ebay großzügig geduldet. Bei letzterem hatte Ebay von mir eine Liste mit Verkäufern erhalten auch diese waren nach Wochen und Monaten noch online. Das liegt vielleicht auch an den tausenden von Bewertungen und somit auch der üppigen Provision die Ebay einsteckt.
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