Influencer Marketing: „Fehlende Kennzeichnung führt zu negativem Feedback von Followern“

Veröffentlicht: 24.08.2018 | Geschrieben von: Corinna Flemming | Letzte Aktualisierung: 10.08.2022

Influencer Marketing bietet für Unternehmen eine gute Möglichkeit, ihre Produkte einer bestimmten Zielgruppe näher zu bringen. Welche Chancen, aber auch Risiken diese Form der Werbung mit sich bringt, erklärt Philip Papendieck, Co-Founder und Geschäftsführer der Influencer-Marketing-Agentur INTERMATE Media GmbH in einem Interview.

Was muss gute Social-Media-Werbung Ihrer Meinung nach haben? Gibt es die perfekte Werbung?

Bei jeder Kampagne sollte im Vordergrund stehen, wie Markenbotschaften zum jeweiligen Influencer, zur jeweiligen Plattform und zur Sprache der Zielgruppe passen. Anstatt Kampagnen in einzelnen Postings zu denken, verfolgen wir immer einen holistischen Ansatz. Vor allem das Storytelling auf Augenhöhe ist hier entscheidend.

Die Digital Natives schauen fast kein Fernsehen mehr, sondern sind vor allem mobil unterwegs und haben für soziale Inhalte eine kurze Aufmerksamkeitsspanne. Der Inhalt muss also an diese Formate angepasst werden und muss vertikal, informativ und vor allem unterhaltend gestaltet werden, damit die Zielgruppe nicht sofort mit einem Swipe nach links etwas anderes auswählt. Entertainment und Infotainment sowie die Talente der Influencer sollten also maßgeblich für die Planung einer Kampagne sein.


Welche gängigen Fehler gibt es bei Werbung in sozialen Netzwerken und wie lassen sich diese vermeiden?

Kunden gewichten das Schlagwort Authentizität oft falsch. Marketer sollten gar nicht erst versuchen, ein Produkt subtil und überraschend aus der Situation heraus – also vermeintlich authentisch - zu platzieren, sondern stattdessen darauf bestehen, dass jede Kooperation klar als Werbung gekennzeichnet ist. User wissen inzwischen, dass hier Geld fließt und finden das nicht weiter schlimm. Im Gegenteil, fehlende Kennzeichnung führt vielmehr zu negativem Feedback von Followern. Authentizität beim Influencer Marketing heißt vor allem sich die individuellen Charakteristika, Hobbies, Talente der Social Media Stars zu Nutze machen und die Besonderheiten der jeweiligen Plattform (bspw. Instagram Stories) zu verinnerlichen.

Auch bei der Auswahl der Influencer können viele Fehler gemacht werden. Denn nur wenn jemand viele Follower hat, müssen nicht automatisch die politische Einstellung, die Werte oder Meinungen, die über den Social-Media-Kanal geäußert wurden, zu denen der Marke passen. Man sollte sich daher immer doppelt absichern. In einem ersten Schritt bekommen wir die wichtigsten Informationen aus unserer Datenbank, aber in einem zweiten Schritt werden die relevanten Influencer von uns händisch ausgewählt. Natürlich sichern wir uns auch rechtlich ab, für den Fall, dass jemand nicht zum Dreh kommt oder die Rechte Dritter verletzt werden. In diesem Bereich fließt sehr viel Budget und Kunden wollen dafür natürlich auch maximale Sicherheit. Während wir das schon sehr streng regeln, besteht hier auch der Bedarf, dass sich die gesamte Branche im Bereich Influencer-Marketing noch mehr professionalisiert.

Was macht Influencer Marketing Ihrer Meinung nach aktuell so erfolgreich?

Ein Erfolgsfaktor ist sicherlich, die genaue Ansprache der Zielgruppe. Denn bei Fernsehwerbung ist es im Endeffekt sehr schwer herauszufinden, wer jetzt genau den Spot auch gesehen hat und wer stattdessen gerade mit etwas anderem beschäftigt war. Beim Influencer Marketing schauen sich Follower die Inhalte viel bewusster an. Noch besser, sie folgen den Accounts ja ganz aktiv, weil sie sich für genau diese Inhalte interessieren und sich über Empfehlungen und Neuigkeiten von den Social-Media-Stars freuen.

Aktuell macht wieder das Thema Kennzeichnung von Werbung die Runde, bei denen einige Influencer sich geweigert haben, Post entsprechend zu kennzeichnen, weil es sich angeblich nicht um Werbung, sondern um eine freie Meinungsäußerung handelte. Wie ist Ihr Standpunkt dazu?

Ich finde es gut, dass mittlerweile so streng gekennzeichnet wird. In der Zusammenarbeit sagen wir Influencern auch immer, dass sie richtig kennzeichnen sollen. Und zwar nicht so, dass es in der Tag-Cloud untergeht, sondern direkt am Anfang, dass es für den Nutzer sofort klar ist, dass hier eine Kooperation stattfindet, für die der Influencer Geld bekommen hat.

Eine kommerzielle Kommunikation muss generell immer als solche erkennbar sein. Dazu gehört alles, was die eigene Position des Influencers im Wettbewerb oder jene eines Dritten (bspw. eines Kunden) begünstigen soll. Wir raten Influencern, die Produkte aktiv promoten und bewerben und nicht einfach nur zeigen (bspw. den Schuh einfach nur tragen), daher auch, dies ordentlich zu kennzeichnen.

Was müssen Firmen beachten, die mit Influencern zusammenarbeiten wollen?

Für die professionelle Zusammenarbeit mit Influencern, sollten Firmen einen mehrstufigen Prozess beachten:

  • Strategie und Kreation:
    Im ersten Step bei der Kreation sollten Firmen vor allem darauf achten, welche Ziele sie erreichen möchte und welche Plattformen, Kampagnenmechaniken und Inhalte dafür den größten Erfolg versprechen.

  • Influencer-Selektion:
    Strategie und Kreation bedingen dann auch im zweiten Schritt die Influencer-Selektion. Bei der Auswahl gehen wir zu allererst datengetrieben vor und schauen, welche Accounts anhand diverser Selektionskriterien passen. Wir schauen uns die Unique Follower eines Influencer-Portfolios an, das Kanalwachstum auf der jeweiligen Plattform, die Audience Credibility oder aber die demographischen Daten.

    Im zweiten Schritt gilt es dann aus den relevanten Accounts jene zu filtern, die auch zu der übergeordneten Strategie und den konkreten Kampagnenmodulen passen. In einigen Fällen passen wir die Kreation auch noch einmal marginal an die konkreten Accounts und deren Content-Formate an. Hier sehen wir also, dass wir Inhalte stets in Co-Creation mit dem Influencer gestalten.

  • Verträge und Briefings:
    Nach Kreation und Selektion folgt das Contracting und Briefing. Beides Themen, die mittlerweile deutlich mehr Umfang aufbringen, da wir Dinge wie Schadensersatz, Exklusivitäten oder falsche Kennzeichnung in die Verträge aufnehmen und auch in den Briefings immer aufwendigere Produktionen abbilden. Letzteres führt auch dazu, dass wir viele Kampagnen mit unserer eigenen Produktionsfirma begleiten, da wir Drehbücher mit solch umfassenden Markengeschichten schreiben, bei denen der Influencer mit den eigenen Produktionsmitteln an die Grenzen kommt.

Zu viel Werbung auf einem Kanal kann schnell die Glaubwürdigkeit senken, gibt es eine "goldene Regel" wie viel Werbung man sich leisten kann und wie viel echter Content notwendig ist?

Das kann man so pauschal nicht sagen. Es gibt beispielsweise Fashion-Influencer, die jeden Tag Mode auf ihren Kanälen featuren, die sie von Marken zugesendet bekommen haben. Diese täglichen Posts werden von der Community aber nicht als übermäßige Werbung aufgefasst, da die Follower durchaus erwarten, jeden Tag in der Kernkompetenz Fashion neue Impulse von dem Influencer zu erhalten. Der Influencer fungiert hier vielmehr als eine coole und nahbare VOGUE zum Anfassen für die digitale Zielgruppe. Dementsprechend legen wir keine Mindest- oder Maximalmengen vor, sondern raten den Influencern vielmehr, immer wieder neue Content-Formate, visuelle Gestaltungs-Updates und gutes Storytelling zu betreiben (mit und ohne Marke), um für die Zielgruppe relevant zu bleiben.

Oft sind die bekanntesten Influencer für kleinere Firmen unbezahlbar. Wie lässt sich dennoch die eigene Zielgruppe erreichen? 

Kleinere Firmen unterscheiden oft zwischen Mikro- und Makro-Influencern und schließen letztere pauschal für sich aus. Diese zweiteilige Kategorisierung bildet allerdings nicht ansatzweise den Markt ab, da es auch ein riesiges Feld zwischen diesen Social Superstars und den vermeintlich sehr „unberührten“ Mikro-Influencern gibt. So können auch kleinere Marken mit vielen Influencern zusammenarbeiten und Mechaniken wie Social Ads nutzen, um auch für überschaubares Budget noch mehr Reichweite zu erzielen.


Philip PapendieckPhilip Papendieck ist Co-Founder und Geschäftsführer der INTERMATE Media GmbH sowie der Co-Founder TRUEMATES GmbH. Als Vorreiter im Bereich Influencer-Marketing hat er mit INTERMATE, zunächst als Agentur für Instagram-Kampagnen gestartet, innerhalb kürzester Zeit eine der führenden deutschen Agenturen für Influencer-Marketing aufgebaut. Die Produktion aufwendiger Formate erfolgt in-house mit der eigens gegründeten Produktionsfirma TRUEMATES. Gegründet hat Philip Papendieck die Agentur 2015 zusammen mit Allessandro De Pasquale und Jörn Mecher.

Über die Autorin

Corinna Flemming
Corinna Flemming Expertin für: Internationales

Nach verschiedenen Stationen im Redaktionsumfeld wurde schließlich das Thema E-Commerce im Mai 2017 zum Job von Corinna. Seit sie Mitglied bei den OnlinehändlerNews ist, kann sie ihre Liebe zur englischen Sprache jeden Tag in ihre Arbeit einbringen und hat sich dementsprechend auf den Bereich Internationales spezialisiert.

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