Shitstorm - Medienhype oder echte Gefahr?

Veröffentlicht: 06.03.2013 | Geschrieben von: Redaktion | Letzte Aktualisierung: 08.03.2013

Er ist der Schrecken für jeden Community-Manager: der Shitstorm. Dank prominenter Beispiele in der jüngeren Vergangenheit ist die mediale Aufmerksamkeit gerade groß. Doch wie gefährlich ist ein Shitstorm wirklich, welche Macht hat das soziale Netz und was sollte man tun, wenn es den eigenen Shop erwischt? Wir haben mit Barbara Schwede gesprochen. Schwede ist Expertin für Unternehmenskommunikation und Community-Managerin.

Frau Schwede, wie groß ist denn die Gefahr eines Shitstorms für ein Unternehmen tatsächlich, kann man das irgendwie einschätzen?

Es ist natürlich schwierig, das absolut anzugeben. Es gibt Unternehmen, die sind stärker gefährdet, weil sie ein höheres Krisenpotential mitbringen als andere. Grundsätzlich würde ich sagen, die aktuelle Aufmerksamkeit in den Medien ist wesentlich höher als das, was tatsächlich passiert. Und es wird auch viel darüber berichtet, wo es bei einem Unternehmen einfach um eine intensivere Kritikphase geht, wo ich aber noch lange nicht von einem großen Imageproblem oder einem Shitstorm reden würde.

Prinzipiell wären große Unternehmen wie Adidas also stärker durch einen Shitstorm gefährdet als ein kleiner Onlineshop?

Ja, genau. Große Unternehmen sind natürlich stärker gefährdet. Dann sind natürlich Unternehmen stärker gefährdet, die gegen irgendein allgemeines Thema verstoßen - also zum Beispiel das Thema Ernährung. Coca Cola hat hier wahrscheinlich mehr Potenzial, angegriffen zu werden als irgendeine Biokette. Es sei denn die Biokette begeht große Fehler, dann ist sie natürlich in ihrer Glaubwürdigkeit eingeschränkt und wird zur Zielscheibe, wie es beispielsweise dem WWF passiert ist.

Das heißt, es könnten auch Unternehmen von Leuten kritisiert werden, die erst mal gar nichts mit dem Unternehmen zu tun haben?

Ja, selbstverständlich, gerade die. Das haben wir ja zum Beispiel gesehen im Fall der Diba, die wegen des Werbespots, in dem ein Basketballer ein Stück Wurst in der Metzgerei bekommen hat, plötzlich ganz stark von Veganern angegriffen wurde. Diese Leute hatten zuerst mal überhaupt kein Interesse an der Bank. Da ging es eigentlich mehr darum, ihr Engagement an einem großen Player aufzuhängen, um damit die entsprechende Aufmerksamkeit auf ihre eigenen Themen zu bekommen.

Wie kann man sich denn als Unternehmen am besten auf so einen Shitstorm vorbereiten?

Das Entscheidende ist, dass man mal schaut, was das denn für Themen sind, die da für Krisenpotenzial sorgen. Die meisten Unternehmen kennen diese Punkte und könnten theoretisch auch wissen, wo ihre Angriffspunkte sind. Aber man ist da so ein bisschen träge, und solange man auch noch geschäftlich profitieren kann, lässt man das auch schleifen. Wenn es solche wirklich großen Punkte gibt, dann sollte man als Unternehmen einfach davon ausgehen, dass die früher oder später in den Fokus geraten. Die Öffentlichkeit hat den Anspruch mitzudiskutieren und auch mitzuentscheiden und wird den Druck, den sie zur Verfügung hat, nutzen, um Unternehmen in Bewegung zu bringen.

Kann man sich strukturell im Unternehmen auf einen Shitstorm vorbereiten?

Ja, indem man zum Beispiel einmal entsprechende Ressourcen schult, die dann im Zweifelsfall Aufgaben übernehmen können. Zum Beispiel im Community-Management, wenn es um Suchmaschinenmarketing, Krisenkommunikation, usw. geht. Das heißt aber auch, dass das Management sensibilisiert sein sollte für diese Themen und für die Art der Kommunikation, die in den sozialen Medien gepflegt wird. Man hat da wesentlich stärker mit dem Dialog auf Augenhöhe zu tun, den die Öffentlichkeit heutzutage auch wesentlich mehr erwartet.

Dann kommt dazu, dass man gerade den Leuten im Management klar machen muss, wie die Zeitverhältnisse so sind in sozialen Medien. Da kann man nicht mal drei Tage warten, bis man ein Statement abgibt, sondern muss relativ frühzeitig und klar reagieren und Stellung beziehen bzw. schauen, wie man den Leuten entgegen kommen kann.
Shitstorm - was tun, wenn‘s brennt?

Sie haben gerade schon das Management angesprochen. Wer im Unternehmen sollte denn bei einem Shitstorm handeln? Nur die PR-Abteilung? Oder der Community-Manager?

Hier gilt die ganz normale Krisenregel: Je höher die Wellen schlagen, desto weiter oben im Unternehmen muss reagiert werden. Also, wenn es wirklich eine große Krise gibt, dann muss der CEO sich dazu äußern, ganz klar.

Jetzt ist Shitstorm natürlich ein sehr medienwirksamer Begriff, der aber auch nicht immer so zutrifft. Ab wann ist denn ein Shitstorm überhaupt einer?

Ich sage: Ein Shitstorm tritt dann ein, wenn die Diskussion erstens sehr aggressiv abläuft und wenn die Diskussion auf verschiedenen Kanälen läuft. Solange die Kritik nicht nur in einer Community aktuell ist, sondern sich wirklich ausbreitet und Leute über die klassischen Medien und über Online-Medien erreicht werden, die sonst nicht in sozialen Netzwerken unterwegs sind. Wenn es also wirklich um eine Vergrößerung der Reichweite geht und es zum allgemeinen Thema wird - dann ist es für mich ein Shitstorm.

Angenommen es läuft gerade ein Shitstorm. Wie sollte ein Unternehmen reagieren?

Es kommt natürlich auch hier wieder darauf an. Wenn wir zum Beispiel das Adidas-Beispiel noch einmal nehmen, die ja wegen der Hundetötungen in der Ukraine angegriffen worden sind. Das sind dann massive Zahlen, die da auf ein Unternehmen einprasseln. Da geht es dann darum, dass man das Ganze mal ein bisschen intern sortiert. Um was geht es eigentlich, was sind die Themenstränge, um dann in geballter Form darauf zu antworten. Man kann dann nicht mehr, wie man das sonst so im Community-Management eigentlich empfiehlt, mit den einzelnen Usern in Diskussion gehen und das Gespräch führen. Sonst verzettelt man sich einfach.

Der für mich wichtigste Punkt ist, dass man es in der Krise schafft, die eigene Position gut sichtbar zu machen, um dann den Dialog mit den Wortführern zu suchen und zu schauen, mit wem ich einen wirklichen Dialog führen und mit wem ich mich mal in der Realität treffen kann. Und man sollte nachsehen, wo man Potenziale für das Unternehmen entwickeln kann. Es gibt ja einfach Fehler, die im Unternehmen passiert sind. Dann muss man sich entschuldigen und dann ist die Sache meistens vorbei oder man zieht noch irgendwelche Konsequenzen, sei es personeller Art oder in Form von einer Wiedergutmachung.

Also kann ein Shitstorm auch im Unternehmen Positives bewirken?

Ja, und ich denke, das ist ja auch das Ziel der Öffentlichkeit. Die wollen Dinge bewegen im Unternehmen. Die wollen die Unternehmen besser machen. Und in vielen Fällen wird dies auch erreicht. Es gibt ja eine ganze Menge dieser Fälle, wo Unternehmen sich dann aufgrund dieses Drucks bewegt haben. Wenn ein Unternehmen merkt, dass immer wieder Druck aufgebaut wird, weil es seine Mitarbeiter zu schlecht behandelt, dann wird es reagieren. Dieser Druck führt zu etwas, da bin ich ganz sicher und das kann man auch nachweisen. Zum anderen können Unternehmen, wenn sie richtig reagieren, auch imagemäßig profitieren. Wenn nach dem Shitstorm durch ein schnelles, konsequentes, offenes Handeln und eine authentische Haltung die Meinung der User besser ist als vorher.

Hier kann man Barbara Schwede bei Twitter folgen.

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