Kleiderkreisel-CEO: "Wir wussten, dass ein Teil der Mitglieder negativ reagieren würde."

Veröffentlicht: 08.12.2014 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 08.12.2014

Im Oktober sickerten über die Medien Details zu einem neuen Bezahlsystem und Gebührenmodell bei Kleiderkreisel durch. Die User zeigten sich empört, dass sie nicht im Vorfeld von der Plattform informiert wurden, und auch die Umstellung an sich sorgte für Ärger. Die Nutzer befürchteten eine Kommerzialisierung der Kleiderkreisel-Community und bescherten dem Unternehmen einen Shitstorm. Kritik an den neuen Systemen wurde laut und die versprochene Sicherheit dahinter konnte kaum einen Nutzer überzeugen.

Frau mit Schirm

(Bildquelle Frau mit Schirm: Hasloo Group Production Studio via Shutterstock)

Das ist inzwischen über einen Monat her und seitdem haben wir uns mit einer Kleiderkreisel-Nutzerin darüber unterhalten, was aus Sicht der Nutzer bei der Mode-Plattform schief gelaufen ist, und MangoPay zu der Kritik an Kleiderkreisel und dem eigenen Unternehmen befragt. Denn der unbekannte Zahlungsanbieter, mit dem die Plattform bei seinem neuen Bezahlsystem zusammenarbeitet, sah sich selbst mitten im Shitstorm. Schuld daran ist die geringe Bekanntheit des Zahlungsanbieters, welche die User verunsicherte.

Inzwischen ist Kleiderkreisel ein wenig zurückgerudert und versprach, das Bezahlsystem – zumindest vorübergehend – als freiwillige Option zur Verfügung zu stellen. Ganz überzeugen konnte das Unternehmen seine Nutzer allerdings noch nicht. Nun haben wir Justas Janauskas, den Gründer der Kleiderkreisel-Mutter Vinted, persönlich zu dem Shitstorm befragt, mit ihm über die Wahl von MangoPay gesprochen und mit ihm in die Zukunft von Kleiderkreisel geschaut.

OnlinehändlerNews.de: Wie ist das Konzept von Kleiderkreisel entstanden?

Justas Janauskas: Als ich vor 6 Jahren in Litauen als Programmierer gearbeitet habe, habe ich Freunden von meinem Wunsch erzählt, eine Website zu programmieren, die sinnvoll ist und auf der ganzen Welt genutzt werden kann. Auf einer Party habe ich Milda kennengelernt, die gerade von Kaunas nach Vilnius umgezogen war. Sie schlug einen Online-Marktplatz vor, auf dem man seine ehemaligen Lieblingskleidungsstücke weitergeben kann. Milda hatte das in ihrem Freundeskreis schon gemacht, als sie noch in Kaunas lebte. Als sie dann neu nach Vilnius kam, hatte sie kein Problem damit, ihre Kleidungsstücke online weiter zu geben. Zwei Wochen später ist der Prototyp in Litauen online gegangen und war sofort ein Erfolg. Ein halbes Jahr später habe ich über Couchsurfing Sophie und Susanne kennengelernt, die zugestimmt haben, die Idee auch nach Deutschland zu bringen. So wurde Kleiderkreisel geboren. In den ersten drei Jahren waren wir eine Gruppe von Leuten, die mit Begeisterung in ihrer Freizeit an dem Projekt gearbeitet und dafür eigenes Geld investiert haben. In diesen ersten Jahren war ich der einzige Programmierer. Vinted/Kleiderkreisel wurde dann sehr groß und wir konnten uns nicht mehr um alles alleine kümmern. Wir haben uns Geld von Investoren besorgt, um mehr Leute einzustellen, professioneller vorzugehen, laufende Kosten zu decken und uns auf unsere Mission zu konzentrieren, Second Hand Kleidung weltweit zur ersten Wahl zu machen. Heute arbeiten 140 Leute bei uns und Vinted kann in 8 Ländern genutzt werden.

Es wurde Kritik laut, dass Kleiderkreisel mehr zu einem Online-Marktplatz wie eBay werde und sich von seiner „Shareconomy“-Idee entferne. Gab es langfristige Pläne, Kleiderkreisel in so einen Marktplatz umzuwandeln?

Ich bin mir dieser Kritik bewusst, vermisse aber Begründungen dafür. Das Konzept von Vinted/Kleiderkreisel wird durch die bevorstehende Einführung des sicheren Bezahlsystems nicht verändert. Das Versenden von Privatnachrichten und das Forum bleiben wie bisher und auch gewerblicher Handel wird nach wie vor nicht akzeptiert. Darin unterscheidet sich Kleiderkreisel/Vinted stark von eBay. Die am deutlichsten sichtbare Veränderung wird ein neuer „Kaufen“-Button sein. Er wird im Fenster des Nachrichtenverlaufs zwischen Interessent und Verkäufer erscheinen, nicht aber auf der Artikelseite, was auch einen großen Unterschied zu typischen Online-Handelsplattformen darstellt. Unsere Mitglieder können immer beides nutzen, sowohl die Nachrichtenfunktion als auch das Bezahlsystem. Sie können sich zunächst Privatnachrichten schicken und wenn sie sich dann sicher sind, dass sie den Artikel kaufen möchten, können sie den neuen „Kaufen“-Button anklicken und ihn über das KK-System kaufen. Dieses garantiert ihnen eine Rückerstattung, wenn Probleme auftreten. Kleiderkreisel ist nicht nur eine Plattform, auf der man Kleidung kaufen oder erwerben kann, sondern eine großartige, vielfältige Gemeinschaft. Das ist es, was uns vom Online-Handel unterscheidet.

Viele Nutzer kritisieren, dass MangoPay zu unbekannt ist, um Vertrauen aufzubauen. Was waren die Beweggründe, MangoPay als neuen Zahlungsanbieter zu nutzen anstelle eines besser bekannten Anbieters wie PayPal?

Im Gegensatz zu PayPal handelt es sich bei MangoPay um einen B2B-Anbieter, weshalb man sie nicht miteinander vergleichen kann. MangoPay stellt Technologie zur Verfügung, die es uns erlaubt, die Zahlungen viel besser in die App zu integrieren und den Kleiderkreisel-Geldbeutel einzuführen, durch den es möglich ist, das Guthaben direkt über die App zu verwalten. Außerdem bietet MangoPay mehr Kontrolle über die Transaktionen. In potentiellen Betrugsfällen kann Kleiderkreisel das gezahlte Geld beispielsweise einfrieren und eine Auszahlung an den Verkäufer verhindern. Ein weiterer wichtiger Fakt ist, dass es nicht nötig sein wird, sich bei einem dritten Service anzumelden, um Geld auf Kleiderkreisel bezahlen und empfangen zu können. Des Weiteren werden sich Mitglieder in allen Angelegenheiten, die mit Transaktionen zu tun haben, direkt an Kleiderkreisel wenden können anstatt an MangoPay, was einen großen Vorteil für sie darstellt.

Einige Nutzer haben mit starker Ablehnung auf die Ankündigung reagiert, dass MangoPay als neuer Zahlungsanbieter eingeführt wird. Wie habt ihr den Shitstorm nach der Ankündigung erlebt?

Wir respektieren die Gefühle der Community und hatten zugegebenermaßen nicht mit so einer Reaktion gerechnet, da die Nutzung von MangoPay bei der Einführung des sicheren Bezahlsystems in Großbritannien und Frankreich kein Problem darstellte. Die sofortige Änderung, die wir daraufhin eingeführt haben, war, das Bezahlsystem sowohl für Verkäufer als auch Käufer optional zu machen. So können Mitglieder, die dem Bezahlsystem oder einem Anbieter nicht trauen, KK weiter wie bisher nutzen oder das neue System ausprobieren, wenn sie möchten. Unsererseits werden wir hart daran arbeiten zu zeigen, dass die Community vom Bezahlsystem profitiert. 

Neben der Einführung von MangoPay als neuen Zahlungsanbieter wurde auch die mangelnde Kommunikation kritisiert. Viele Nutzer hatten das Gefühl, dass ihre Fragen überhaupt nicht beantwortet wurden. Haltet ihr es für notwendig, eure Kommunikation zu verbessern?

Ja, wir sehen es auch so, dass unsere Kommunikation mit der Community nicht die bestmögliche war. Es fing alles mit einem Online-Artikel über die bevorstehende Einführung des Bezahlsystems an, in dem einige Informationen nicht korrekt waren und der veröffentlich wurde, ohne dass wir uns dessen bewusst waren. Die Community fühlte sich verraten, von der Einführung durch die Medien anstatt von uns zu erfahren. Wir mussten die Kommunikation dann vorziehen, ohne fertig vorbereitet zu sein. Seit der Ankündigung sind bis zu 20 Leute mit der Situation betraut. Wir tun unser Bestes, alle Fragen zu beantworten und die Kommunikation zu verbessern.

Justas Janauskas
Justas Janauskas

Wie hat der Shitstorm Kleiderkreisel/Vinted global betrachtet beeinflusst? Waren erhebliche Auswirkungen erkennbar?

Basierend auf unseren Erfahrungen mit der Einführung des Systems in anderen Ländern wussten wir, dass ein Teil unserer Mitglieder negativ auf diese tiefgreifende Veränderung reagieren würde. Wir werden auch weiter mit unseren Mitgliedern über ihre Bedenken reden und ihnen entgegentreten, indem wir die Vorteile des neuen Systems erklären. Wir sind bereit, Hand in Hand mit der Community zu arbeiten, um das System so attraktiv wie möglich zu machen. Dass die Nutzung jetzt optional ist, ist ein Ergebnis davon. Momentan ist eine hohe Aktivität auf der Plattform zu beobachten, weil wir viel an die Community kommunizieren. Wir sehen aber auch das negative Feedback und werden weiter damit arbeiten.

Was sind eure Pläne für die nahe Zukunft von Kleiderkreisel/Vinted?

Wir alle hier arbeiten daran, Second Hand weltweit zur ersten Wahl zu machen. Wir sind noch sehr weit davon entfernt, das umzusetzen, und konzentrieren uns weiter darauf.

 

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