Preisgestaltung und Controlling

Wie Online-Händler die richtigen Hebel für die Gewinnmaximierung setzen

Veröffentlicht: 28.11.2018 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 28.11.2018
Geschäftsmann mit Zahnrädern

Der Preis ist heiß – vor allem im Netz. Denn im Online-Handel werden die Preise für Produkte immer wieder geprüft, angepasst und feinjustiert. Die Idee vom festen Preis, der über Wochen – ja, Monate – bestehen bleibt, gehört fast zur alten Welt. Eine Analyse von Prisync aus dem Jahr 2017 hat gezeigt, dass sich beispielsweise in Frankreich jeden Tag 5,93 Prozent aller Preise im Netz ändern. In Deutschland waren es immerhin 2,99 Prozent der Preise, die täglich angepasst wurden. Im August 2018 rief das die Marktwächter der Verbraucherzentrale Brandenburg auf den Plan, die sich an der dynamischen Preisanpassung im Netz stören.

Die Marktwächter hatten stichprobenhaft 16 Online-Händler untersucht und dabei herausgefunden, dass in 15 dieser Shops regelmäßig an den Preisen geschraubt werde. Bei manchen Produkten seien die Preise sogar täglich geändert worden.  Für die Kunden seien diese Schwankungen nur schwer durchschaubar, so die Meinung der Marktwächter: „Der Kunde kann nicht einschätzen, ob er bei seinem Kauf gerade spart oder draufzahlt“, warnte Kirsti Dautzenberg, Teamleiterin der Marktwächter.

Dabei sind die Preise heutzutage feine Stellschrauben, über die Online-Händler ihren Umsatz maximieren können. Durch die virtuelle Darstellung der Preise und den Einsatz von Algorithmen können die Beträge schneller und einfacher auf Marktentwicklungen angepasst werden, als es noch in den stationären Läden vor einigen Jahren der Fall war. Apropos stationärer Handel: Märkte wie Media Markt oder Saturn haben in ihren Filialen mittlerweile auch digitale Preisschilder angebracht, um die Preise dynamischer anpassen zu können. Der Marktforscher Metoda hat unterdessen bei 2.000 erfassten Online-Shops über 17 Millionen Preisanpassungen im Jahr 2017 gezählt – 3,6 Millionen davon bei Amazon.de.

Die Preisgestaltung ist in der heutigen Zeit „der entscheidende Hebel zwischen Erfolg und Misserfolg“, wie Korbinian Sigel, Gründer und Betreiber der Kalkulations- und Controlling-Software SellerMath, erklärt. „Es geht nicht darum, einen niedrigen oder hohen Preis anzubieten, sondern den Punkt zu finden, an dem der höchste Ertrag erwirtschaftet wird.“ Dabei sei die Preisgestaltung nicht nur wirtschaftlich kalkulatorisch, sondern auch psychologisch zu betrachten, erklärt Sigel weiter. Überspitzt ausgedrückt ist die Preisgestaltung ein stetiges Pokerspiel zwischen dem Händler und dem Kunden.

Das Ende der „Geiz ist geil“-Mentalität?

Das Prinzip, einfach den günstigsten Preis anzubieten und so die Kunden für sich zu gewinnen, greift heutzutage dabei nicht mehr, meint Peter Höschl, E-Commerce-Berater und Betreiber von Shopanbieter.de. Auf die Frage, ob sich Händler mit ihren Mitbewerbern auf eine Preisschlacht einlassen sollten, antwortet er klar: „Nein, warum auch?“ Ausnahmen seien nur gegeben, wenn es sich bei den Produkten um Ladenhüter handelt oder die eigene Liquidität es erforderlich mache. Auch, wenn das Produkt sich bald nicht mehr verkaufen lasse, etwa weil das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht wird oder das Nachfolgemodell in den Startlöchern steht, könne ein Händler den Preis drücken.

Dem widerspricht Korbinian Sigel allerdings: „Wer seine Preisstrukturen im Griff hat und das hängt heutzutage unter anderem mit einem guten Softwaresystem zusammen, der sollte die Preisschlacht bedingt im Rahmen seiner Möglichkeiten mitmachen.“ Vor allem für Händler auf Amazon sieht er allerdings die Gefahr, dass diese von den teils hohen Absatzmengen überrascht werden. Ohne gutes System, und dazu zähle auch das Controlling, so Sigel, werde man dann Opfer des eigenen Erfolgs. Die Preisschlacht solle man als Händler generell nicht wegen des Umsatzes mitmachen, warnt der SellerMath-Betreiber, „sondern wegen des Gewinns“.

Auch bei der „Geiz ist geil“-Mentalität, die vor einigen Jahren durch den Elektronik-Anbieter Saturn verkörpert wurde, ging es Sigel zufolge nie darum, den günstigsten Preis anzubieten – auch wenn diese Preisgestaltungsstrategie seiner Meinung nach funktioniert hat. Vielmehr sei es um das Gefühl gegangen, „was die Kunden brauchten, um den Verkaufspreis zu erzielen“. Heutzutage habe sich der Fokus vom Preis auf andere Aspekte, etwa Nachhaltigkeit, Regionalität und Bequemlichkeit, verschoben. „Der Konsument hat sich meiner Meinung nach verloren, im ständigen Preisvergleich“, meint Sigel. „Der Kunde ist nach wie vor preisbewusst, aber er legt auf die genannten Dinge wieder mehr Wert. Dafür ist er bereit zu bezahlen.“ Peter Höschl pflichtet dem bei: Bequemlichkeit und Zeitersparnis seien Aspekte, die immer wichtiger werden. „Daher können bei entsprechendem Zusatznutzen durchaus höhere Preise verlangt werden“, sagt er. Und genau an dieser Stelle kommt das Controlling ins Spiel.


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Über den Autor

Michael Pohlgeers
Michael Pohlgeers Experte für: Marktplätze

Micha gehört zu den „alten Hasen“ in der Redaktion und ist seit 2013 Teil der E-Commerce-Welt. Als stellvertretender Chefredakteur hat er die Themenauswahl mit auf dem Tisch, schreibt aber auch selbst mit Vorliebe zu zahlreichen neuen Entwicklungen in der Branche. Zudem gehört er zu den Stammgästen in unseren Multimedia-Formaten, dem OHN Podcast und unseren YouTube-Videos.

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