Diversity & Inklusion

„Eine große Hemmschwelle sind unbewusste Vorurteile bei Personalentscheidungen“

Veröffentlicht: 02.09.2020 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 19.10.2021
Gruppe von Leuten stapelt Hände übereinander

Dazugehören, mitreden, gleiche Chancen und Wertschätzung erfahren –  einige Firmen stellen diese Ideale öffentlichkeitswirksam als Teil der eigenen Unternehmenskultur heraus. Beispielsweise solidarisierten sich aufgrund der Tötung von George Floyd viele Unternehmen im Juni öffentlich mit der Black-Lives-Matter-Bewegung. Ebay hielt kürzlich explizit einen Händlerinnen-Workshop ab, Ikea feiert jedes Jahr den Weltfrauentag und Amazon und Otto behandeln beispielsweise durch Initiativen oder Kampagnen bewusst oder gar bewusst unaufgeregt Themen wie Vielfalt und Inklusion. 

Wie  wichtig das Engagement in diesem Bereich sein kann, zeigte sich jüngst bei Zalando: Nach Rassismus-Vorwürfen ehemaliger Angestellter leitete der Modehändler eine umfangreiche Untersuchung ein. Dabei stieß er auf Fälle, in denen diskriminierende oder unsensible Sprache sowie Äußerungen oder Handlungen aufkamen, die unterschwellig oder unbeabsichtigt Vorurteile gegenüber Personen aus unterrepräsentierten Gruppen ausdrücken. Zalando zog Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen, eine davon ist, sich künftig verstärkt für Vielfalt und Inklusion einzusetzen

Doch was ist überhaupt gemeint, wenn von „Diversity & Inclusion“ die Rede ist, wie werden Vielfalt und Inklusion im Firmenalltag verstanden und gelebt und wie lassen sie sich voranbringen? Darüber haben wir mit Amazon, Ikea, Otto und Dr. Julia Sperling, Expertin für Diversity und Inklusion sowie Partnerin bei der Unternehmens- und Strategieberatung McKinsey & Company, gesprochen. 

Diversity: Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Wenn über Frauenquoten bzw. Geschlechter- und Chancengerechtigkeit diskutiert wird, fällt meist das Schlagwort „Diversity“. Der Begriff „zielt auf die Anerkennung und Wertschätzung aller Menschen unabhängig von ihrer sozialen, ethnischen etc. Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung, ihrem Lebensalter, ihrer physischen oder psychischen Fähigkeiten oder anderer Merkmale“, schreibt hierzu etwa der Berliner Verein Eine Welt der Vielfalt e. V. und betont einen weiteren wichtigen Aspekt: „Dabei geht es nicht nur um die Unterschiedlichkeiten von Menschen und ihren Lebensentwürfen, sondern immer auch um die Entdeckung von Gemeinsamkeiten.“ Die Grundidee ist, dass alle Menschen gleich behandelt werden. 

Für Unternehmen bedeutet Diversity laut Dr. Julia Sperling, „wenn Belegschaft und Führungsteams die gesellschaftliche Vielfalt in ihren unterschiedlichen Dimensionen und Facetten widerspiegeln, also Geschlecht, Herkunft, fachlicher Hintergrund oder sexuelle Orientierung“. Und die Ärztin und Neurowissenschaftlerin ergänzt: „Das klingt selbstverständlich, ist es aber leider noch immer nicht.“ 

Auf derselben Party sein – und auch zum Tanzen aufgefordert werden 

Diversity taucht oftmals zusammen mit dem Begriff Inklusion auf. Hier denken viele zunächst an den Ansatz, Menschen mit Behinderungen zu integrieren. Doch stecken hinter Integration und Inklusion zwei verschiedene Konzepte, die oft noch gleichgesetzt werden: 

  • Bei Integration geht es eher darum, einen Menschen in ein bestehendes System mit aufzunehmen, dieses aber in seiner Beschaffenheit nicht grundlegend zu verändern.
  • Inklusion hingegen bedeutet, dass alle Menschen ein gemeinsames System nutzen.

Statt Eigenheiten also zugunsten einer Anpassung an Gegebenheiten aufzugeben, geht es darum, diese gesellschaftlich einzubinden. „Aus der Definition der Soziologie kommend, ist Inklusion das Gegenteil von Exklusion und macht den wertschätzenden Umgang mit Diversität sowie echte Teilhabe erst möglich“, schreibt die Initiative BeyondGenderAgenda zu dem Begriff. In einem LinkedIn-Post bringt die Organisation das Verhältnis von Inklusion zu Diversity mit den Worten von Vernā Myers, Vice President Inclusion Strategy bei Netflix, auf den Punkt: Diversity bedeutet, zur Party eingeladen zu sein. Inklusion heißt, auch zum Tanzen aufgefordert zu werden.  

Ein Unternehmen sollte also diese vielfältigen Hintergründe, Perspektiven und Meinungen sowohl aktiv fördern als auch bei der Entscheidungsfindung einbeziehen. „Entscheidend ist, dass möglichst verschiedene Stimmen gehört und unerwartete Fragen gestellt werden“, so Julia Sperling weiter und stellt klar. „Deshalb reicht es auch nicht, zum Beispiel eine Quotenfrau zu benennen und das Thema Diversität dann abzuhaken. Es bringt nichts, wenn Frauen zwar formal dabei sind, aber nicht gehört und zu entscheidenden Meetings nicht eingeladen werden.“

Amazon: „Schlicht und ergreifend richtig“

Wie sehr diese Ansätze bei Amazon bereits Teil der Unternehmens-DNA sind, veranschaulichen etwa die Ende Juli publizierten Fernsehspots, in deren Fokus Protagonistinnen und Protagonisten mit unterschiedlichen Hintergründen und Jobs im Unternehmen stehen. 

Da ist beispielsweise Hatice, die vor neun Jahren als Versandmitarbeiterin begann und jetzt Abteilungsleiterin ist. Sie erklärt: „Ich bin Türkin und trage Kopftuch. In meinem früheren Job als PTA (pharmazeutisch-technische Assistentin) hatte ich das Gefühl, meine Vorgesetzten sehen nur mein Kopftuch, aber nicht mich als Mensch. Bei Amazon darf ich so sein, wie ich bin“, wird sie auf dem Unternehmsblog zitiert

Oliver, der gehörlos und Logistik-Azubi ist, erzählt: „Früher hab ich ein Leben gelebt, das nur Ziele für gehörlose Menschen enthielt. Es kann jemandem, der gehörlos ist, schwerfallen, den Mut zu finden, mit hörenden Menschen zu arbeiten. Aber ich war schon immer ein Kämpfer.“ In zehn Jahren möchte er gern Teamleiter werden und sowohl gehörlose als auch hörende Angestellte führen. 

Auf unsere Frage, warum sich Amazon aktuell öffentlichkeitswirksam für das Thema einsetzt, erläutert der Online-Marktplatz: „Wir sind der Überzeugung, dass Diversität und Inklusion uns nicht nur dabei helfen, bessere Entscheidung im Sinne der Amazon Kundinnen und Kunden zu treffen – es ist schlicht und ergreifend richtig.“ So arbeiten Menschen aus unterschiedlichsten Nationen mit unterschiedlichsten Hintergründen – sei es hinsichtlich Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung oder Berufs- oder Lebenserfahrung – oder mit Behinderungen als Team zusammen.

„Wir sind sehr stolz auf alle Mitarbeitenden und die Arbeit, die sie leisten. Und wir wollen mit der Öffentlichkeit teilen, wie ihre Jobs und ihr Arbeitsumfeld wirklich aussehen, und wie sie selbst die Zusammenarbeit und Unternehmenskultur erleben. Vor diesem Hintergrund sind auch die Spots entstanden, die gerade zu sehen sind.“ 

Ikea: „Keine beliebige Option“ 

Ikea erklärte, dass es sich als humanistisches, werteorientiertes Unternehmen verstehe. „Als solches sehen wir Gleichberechtigung und Inklusion als zentrale Menschenrechte an“, so ein Sprecher. Damit seien Vielfalt und Inklusion für Ikea „keine beliebige Option“, sondern „eine der Voraussetzungen für unser erfolgreiches Geschäft“. Hier sieht Ikea auch schlicht eine Notwendigkeit, „um den Erwartungen unserer Kunden, Mitarbeitenden und der Gesellschaft gerecht zu werden. Menschen kaufen lieber bei vertrauenswürdigen Unternehmen mit einer bedeutungsvollen Marke ein; Unternehmen, die ihre Vielfalt widerspiegeln, und die sozial und umweltbewusst handeln.“

So hat zum Beispiel die Ikea-Konzernmutter Ingka Gruppe einen Verhaltenskodex und eine Richtlinie zur Gleichberechtigung aufgestellt. Sie soll sicherstellen, „dass unser Arbeitsplatz frei von Diskriminierung, Belästigung und Feindseligkeit ist“, so Ikea. Darüber hinaus werde auch in den sogenannten IWAY-Standards definiert, was das Unternehmen von den eigenen Zulieferunternehmen fordere, um die Menschenrechte zu wahren. 

Otto schafft ein Gegengewicht zu Hass und Hetze

Auch Otto hat das Thema Diversity seit mehreren Jahren auf dem Plan. „Wir finden, dass es insbesondere in der aktuellen Zeit immens wichtig ist, auch und gerade als Unternehmen ein Gegengewicht zu Hass und Hetze zu setzen“, sagen die Hamburger über die eigenen Beweggründe, dies auch immer wieder publik zu machen. „Diversität, Vielfalt und ein offenes Miteinander zeichnen unsere Unternehmenskultur intern aus, deshalb ist es für uns nur folgerichtig, diese Haltung auch nach extern konsequent zu vertreten. Als Unternehmen wollen wir dazu beitragen, die Sichtbarkeit und Akzeptanz von Vielfalt in Deutschland zu verstärken.“ 

Wie das in der Praxis aussieht, spiegelt sich in einem aktuellen Werbespot zum Thema Sommer und Wohnideen wider. Ganz bewusst „unaufgeregt“ und „fast schon beiläufig“ zeigt Otto hier ein gleichgeschlechtliches Paar. 

So lässt sich Diversität im Unternehmen leben

Mitgewirkt hat an der Entstehung dieses Clips „MORE*“, ein queeres Netzwerk sowie eins der vier Diversity-Netzwerke der Firma, das im Oktober 2019 eine Auszeichnung der Stiftung „Prout at Work“ als Newcomer-LGBT-Netzwerk des Jahres erhalten hat. Zudem gibt es bei Otto das Netzwerk Plan F, das ursprünglich als Frauennetzwerk gestartet war, ebenso #experienced – hier vernetzen sich Mitarbeitende über 50 Jahre – und ein Väternetzwerk, Väter@Otto. Die Organisationsgruppen sind in einem „Board of Diversity“ zusammengefasst, sie tagen monatlich und werden von der Otto-Bereichvorständin Katy Roewer, zuständig für Personal und Service, begleitet. So gewährleistet die Online-Plattform, dass Relevanz und Sichtbarkeit der Diversity-Themen auch in Richtung Vorstand verstärkt werden.

„Die Netzwerke organisieren teils eigenständig, teils gemeinsam mit dem Diversity Management verschiedene interne wie externe Veranstaltungen zum Thema Vielfalt und stoßen auch darüber hinaus konkrete Projekte und Aktivitäten an“, erläutert Otto. Beispiele für solche Aktivitäten sind etwa die Einführung einer genderneutralen Sprache im Unternehmen, ein Coding-Camp („develop<HER>“) für Frauen, ein genderneutrales WC auf dem Campus oder die Unterstützung einer Ausstellung des Hamburger Auswanderermuseums zum Thema „Fluchtursache: Liebe“. Das Engagement erfolgt dabei nicht ehrenamtlich, on-top zum Job, sondern erfolgt während der Arbeitszeit.

Auch bei Amazon gibt es eine derartige Netzwerkarbeit. Hier engagieren sich weltweit mehr als 40.000 „Amazonians“ über ihre Arbeit hinaus in sogenannten „Affinity Groups“. Die internen Netzwerke sind nach eigenen Angaben in mehr als 300 Ortsgruppen aktiv und werden vom Senior Management unterstützt.  

Den unbewussten Vorurteilen begegnen

Viele Unternehmen haben die Bedeutung von Diversität im Grundsatz erkannt, doch „die Hürden im Alltag sind teilweise noch groß und Ergebnisse stellen sich nur langsam ein“, weiß Dr. Julia Sperling von McKinsey. „Eine große Hemmschwelle sind nach unseren Erkenntnissen die sogenannten Unconscious Bias, also unbewusste Vorurteile, die sich in Personalentscheidungen einschleichen und auch den Arbeitsalltag von Frauen in vielen Kleinigkeiten belasten.“ Ihrer Auffassung nach sollte der eigene Vorstand mit gutem Beispiel vorangehen und beispielsweise ohne weibliche Kandidaten auf einer Beförderungsliste keine Entscheidung treffen. „Nur so lässt sich die gesamte Unternehmenskultur ändern.“

Die unbewussten Einflüsse und Vorurteile gilt es zu identifizieren. Deshalb sind bei Ikea alle Führungskräfte in ihrem Bereich in der Verantwortung, etwa in Bezug auf die Gleichberechtigung der Geschlechter, Hindernisse zu erkennen und sie abzubauen. „Wir haben hierzu spezielle Informationen und Lernmodule erstellt, um die individuelle Kompetenz bzgl. der Gleichberechtigung am Arbeitsplatz weiterzuentwickeln“, so ein Konzernsprecher. Um das Bewusstsein für Vorbehalte und stereotypische Annahmen zu schärfen bzw. Inklusion und Gleichberechtigung am Arbeitsplatz auch in der Breite zu fördern, gibt es außerdem Workshops – ausdrücklich nicht nur für Führungskräfte, sondern für alle Mitarbeitenden.

Bei Amazon gibt es weltweit Teams, deren Hauptaufgabe es ist, inklusive Prozesse und Maßnahmen zu prüfen, intern zu beraten sowie entsprechende Trainings oder Projekte zu initiieren und umzusetzen. Beispielsweise wird zu Diversität im Recruiting, inklusiven Teams oder Stereotypen und Denkfehlern aufgeklärt, auch gibt es ein Mentoring- und Netzwerkangebot. Hinzu kämen jährliche, stärkenbasierte Entwicklungsgespräche sowie ein faires Vergütungsprogramm mit objektiven jobbezogenen Kriterien.

Entscheidungsfindung: „Hierarchie ist selten ein guter Ratgeber“

Auch möchte Amazon sicherstellen, dass viele Stimmen im Unternehmen gehört werden und mitbestimmen können: „Hierarchie ist selten ein guter Ratgeber, wenn es um Entscheidungsfindung geht“, so der Online-Marktplatz. Ein in Amazons Führungsprinzipien verankerter Grundsatz ist: Führungskräfte „suchen unterschiedliche Perspektiven und hören niemals damit auf, ihre Überzeugungen auf den Prüfstand zu stellen“. Ein weiterer: Rückgrat zeigen, Entscheidungen und Argumente respektvoll herausfordern und Überzeugungen vertreten – und schließlich gemeinsame Entscheidungen zu unterstützen. „Dinge in Frage zu stellen und bewusst den Diskurs zu suchen ist also etwas, das tief in unserer Unternehmenskultur verankert ist“, bekräftigt ein Unternehmenssprecher. 

Dabei verzichte Amazon bewusst auch darauf, nur jenen Gehör zu schenken, die besonders laut sind: „Egal ob man introvertiert oder extrovertiert ist, sich vor Menschen wohler fühlt oder nicht, Senior Manager oder ganz frisch dabei ist – es zählen Ideen, Argumente und Zahlen mehr als bunte Folien und Bühnenpersönlichkeit.“ Angestellte, teils auch fachfremde, werden zudem auch in den Einstellungsprozess involviert. 

Sowohl bei Amazon als auch bei Otto gibt es zudem ein sogenanntes 360-Grad-Feedback. Bei Otto nennt es sich „Feedback im Dialog“ und „inkludiert neben einem Feedback der zuständigen Führungskraft auch Feedbacks von Projektmitgliedern und anderen Kolleg*innen, um einen umfassenden Blick aus mehreren Perspektiven gewährleisten zu können.“

„Vielfalt schafft keine Harmonie“

Vielfalt und Inklusion im Unternehmen zu verankern und zu leben, macht allerdings nicht alles leichter. „Ich sage immer: Vielfalt schafft keine Harmonie und kann durchaus Energie erfordern. Es erfordert Energie, sich mit verschiedenen Positionen zu beschäftigen und unterschiedliche Meinungen abzuwägen“, so Diversity-Expertin Julia Sperling und fügt hinzu: „Aber es lohnt sich.“ 

Diese Korrelation zwischen Diversity und Erfolg lässt sich durch Untersuchungen belegen. Eine McKinsey-Studie von Mai dieses Jahres, für die über 1.000 Unternehmen in 15 Ländern analysiert wurden, lieferte etwa in Bezug auf den Erfolg diverser Teams eindeutige Ergebnisse: Firmen mit hoher Gender-Diversität hätten eine um 25 Prozent, somit also eine bemerkenswert größere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein. 2014 habe dieser Wert noch bei 15 Prozent gelegen. In Bezug auf eine ethnische Diversität (Internationalität des Vorstands) käme man gar auf 36 Prozent. „Um in der heutigen Arbeitswelt zu bestehen und all die Herausforderungen zu bewältigen, die New Work mit sich bringt, sind zunehmend andere Führungsstärken gefragt. Homogene Führungsteams haben es schwerer, passende Antworten auf all diese Veränderungen zu finden“, weiß Sperling. 

Bei kleinen Dingen einen großen Unterschied machen

Amazon, Ikea, Otto, Zalando und viele weitere große Unternehmen verfügen oft über enorme Ressourcen, um Vielfalt und gerechte Mitbestimmung in der eigenen Firmenkultur zu verankern. Dies überhaupt zu tun, ist ein langfristiger, herausfordernder Prozess. 

Dr. Julia Sperling / McKinsey & Company

Doch: „Führungskräfte können schon bei den ganz kleinen Dingen einen großen Unterschied machen“, so Julia Spering. „Es fängt häufig schon damit an, genau zuzuhören und auch nach einer Meinung zu fragen, wenn sich jemand nicht zu Wort meldet. Dann sollte man das Team auch aktiv dazu aufrufen, neue und andere Meinungen zu äußern, solange sie fachlich fundiert sind. Das senkt deutlich die Hemmschwelle dafür, einen ganz neuen Blickwinkel in eine Diskussion zu bringen.“ Der Urheber einer guten Idee sollte in Team-Diskussionen nicht aus den Augen verloren werden: „Häufig wiederholen Männer einen zuvor von einer Frau geäußerten Gedanken auf eine selbstbewusstere Art und bekommen dafür fälschlicherweise die Lorbeeren“, so die Neurowissenschaftlerin. 

Das sind die wichtigsten inklusiven Maßnahmen für Unternehmen

Für Unternehmen, die sich gezielt inklusiv und divers aufstellen wollen, bringt die Expertin die vier wichtigsten Bedingungen und Maßnahmen auf den Punkt: 

  • Fairness: Beförderungen und Gehälter werden fair und leistungsgerecht entschieden. Zur Umsetzung gehört ein transparenter und standardisierter Bewertungs-Prozess, mit klaren Kriterien zur Leistungsbewertung und transparenten Karrierestufen.
  • Aufbau von unterstützenden Netzwerken und Mentoring: Diese fördern den ehrlichem und offenem Dialog über Team- und Hierarchiegrenzen hinaus. Sie machen erfolgreiche Role Models sichtbar und sorgen für Transparenz.
  • Vorbildfunktion von Führungskräften: Führungskräfte schaffen ein positives Umfeld, das sich durch Teamharmonie, Unterstützung und Fürsorge für das Wohlergehen der Mitarbeiter auszeichnet; sie fördern die Vielfalt der Gedanken und gemeinsame Diskussionen/Feedback
  • Professionelle Standards: Das Unternehmen hat formelle Richtlinien und Mechanismen, um Mitarbeiter vor Diskriminierung und unangemessenem Verhalten zu schützen.

Diverse Teams in der Praxis

Amazon, Otto und Ikea konnten mit diversen Teams vor allem positive Erfahrungen machen: „Diverse Teams arbeiten unserer Erfahrung nach kreativer und innovativer, da sich die Mitglieder gegenseitig zu neuen Denk- und Handlungsweisen anspornen. Die vielen unterschiedlichen Menschen tragen auf ihre je eigene Weise zum Erfolg unseres Unternehmens bei, indem sie sich ergänzen“, erklärte etwa Ikea. Teams würden hier „aktuell vor allem unter dem Aspekt der Altersdurchmischung sehr gut Synergien nutzen“ – etwa wenn ältere Kollegen ihr Wissen und ihre Erfahrungen an jüngere Kollegen weitergeben und im Gegenzug von deren digitaler Kompetenz profitieren. „Bei Ikea achten wir bei der Teamzusammenstellung, neben anderen Faktoren, auch auf diesen Aspekt“. 

Laut Otto lasse es sich aber nicht pauschal sagen, dass heterogene Teams besser als homogene arbeiten. „Auch wir beobachten, dass divers besetzte, tolerante, offene Teams bei uns eine bessere Arbeitsatmosphäre schaffen und somit auch ein produktiveres Arbeiten ermöglichen – aufgrund verschiedener Ansichten und Erfahrungsstufen innerhalb eines Teams etwa. Allerdings ist Vielfalt in der Teambesetzung eben auch stets nur einer von vielen Faktoren.“ So gehe es eben auch darum, eine Ausgewogenheit von introvertierten und extrovertierten Menschen  zu schaffen. Grundlegend stehe bei der Teamzusammenstellung selbstverständlich das Fachliche im Vordergrund. „Bei der Zusammensetzung achten wir allerdings darauf, Teams in möglichst vielen Diversity-Dimensionen vielfältig aufzustellen. Das gelingt uns mal besser, mal schlechter und ist letztlich immer auch ein wenig vom jeweiligen Bereich und der Fachdisziplin abhängig“, räumt Otto ein. Hier versuchen die Hamburger bei der Nachbesetzung der Stellen gegenzusteuern.  

Amazon erlebe jeden Tag überall, dass diverse Teams mit unterschiedlichen Hintergründen und Ansichten entsprechend vielseitige Perspektiven, Impulse und Meinungen einbringen. „Und um die richtigen Angebote zu entwickeln, die eine große Zahl von Kundinnen und Kunden zufrieden stellen können, braucht es auch Kolleginnen und Kollegen, die genauso unterschiedlich sind wie sie. Diversität und Inklusion machen uns besser in allem, was wir tun – davon sind wir grundlegend überzeugt“, so das Fazit des Online-Giganten. 

Über die Autorin

Hanna Behn
Hanna Behn Expertin für: Usability

Hanna fand Anfang 2019 ins Team der OnlinehändlerNews. Sie war mehrere Jahre journalistisch im Bereich Versicherungen unterwegs, dann entdeckte sie als Redakteurin für Ratgeber- und Produkttexte die E-Commerce-Branche für sich. Als Design-Liebhaberin und Germanistin hat sie nutzerfreundlich gestaltete Online-Shops mit gutem Content besonders gern.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Hanna Behn

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.