Kolumne: Double-Opt-In oder nicht, das ist hier die Frage

Veröffentlicht: 06.02.2015 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 04.03.2016

Eine gute Möglichkeit, um Online-Händler in Angst und Schrecken zu versetzen, ist die Verbreitung eines neuen Urteils, welches den Alltag eines Händlers derart beeinflusst, dass die eigentliche Tätigkeit – nämlich das „Handeln“ – völlig in den Hintergrund rückt und der Fokus auf die Umsetzung von abstrakten rechtlichen „Spitzfindigkeiten“ liegt. Sind Rechtslage und die Urteilsgründe nicht ganz zutreffend wiedergegeben und auf bloße „Effekthascherei“ aus, zweifeln Online-Händler (und Juristen) manchmal an sich selbst und ihrer Arbeit. Diese Woche war es mal wieder so - ein weiteres Urteil ist publik geworden und wurde in den Medien mitunter ordentlich „aufgebauscht“.

Selbstredend ist es für jeden Besitzer eines E-Mail-Accounts nervenaufreibend, wenn tagtäglich unzählige Werbe-E-Mails eintrudeln, die von Warenkorb-Erinnerungen bis hin zu schlüpfrigen Angeboten gehen (können). Es macht natürlich Sinn, diesem Vorgehen per Gesetz einen Riegel vorzuschieben und die Zusendung solcher unbestellten Werbebotschaften zu verbieten. Doch wo hat das Ganze seine Grenzen?

Mail ist „sogar besonders aufdringliche Absatzförderungsmaßnahme

Ist die Bestätigung einer schlichten Kundenkonto-Eröffnung in einem Online-Shop mit diesen Werbemails wirklich zu vergleichen? Eine ganz klares „Ja“ kommt da aus Berlin Pankow (Urteil vom 16.12.2014, Az.: 101 C 1005/14). Aber: Nur wenn der Empfänger tatsächlich kein Kundenkonto angelegt hat. Zwar macht der Richter in seinem Urteil unmissverständlich klar, dass die Einstufung einer Bestätigungs-E-Mail zur Kundenkontoeröffnung keine Werbung ist, wenn der Empfänger der E-Mail die Einrichtung eines Kundenkontos tatsächlich veranlasst hat. Hat er dies hingegen nicht, muss sich eine solche E-Mail aus Sicht des Empfängers als „sogar besonders aufdringliche Absatzförderungsmaßnahme“ und damit letztendlich belästigende E-Mail-Werbung darstellen.

Und hier beißt sich die Katze quasi in den Schwanz. Vor Gericht landete ein Online-Händler, weil der Empfänger der Mail steif und fest behauptete, er habe nie ein Kundenkonto in dem betreffenden Shop eröffnet und schon gar nicht die Einwilligung in die Zusendung von E-Mail-Werbung erteilt. Der Online-Händler schaffte es nicht, den Richter vom Gegenteil zu überzeugen. Es verbleibe ungeachtet der eidesstattlichen Versicherung der Geschäftsführerin noch die Möglichkeit, dass die E-Mail-Adresse von Dritten missbraucht worden ist, sodass nicht glaubhaft gemacht werden konnte, dass es der Empfänger war, der sich für das Kundenkonto registriert hat.

Online-Händler wieder vor neuen Problemen

Für alle Online-Händler ein Schlag ins Gesicht… Dies bedeutet schließlich, dass der Nachweis, dass ein Kundenkonto angelegt wurde, nicht beweisen kann, wer es angelegt hat. Zahlreichen Shopsysteme und Plattformen, die jedoch auf diesem System basieren und derartige Bestätigungs-Mails automatisch und massenhaft versenden, würde damit ein weiterer technischer Anpassungsschritt bevorstehen. Jeder, der eine solche Bestätigungs-E-Mail bekommt, könnte demnach abmahnen oder gar vor Gericht ziehen, wenn er nie eine Registrierung vorgenommen hat. Für alle Online-Händler – auch die ganz großen – ein unkontrollierbares Risiko.

Logische Konsequenz wäre es, den Kunden anzuschreiben und nachzufragen, ob er ein Kundenkonto angelegt hat und sich die Bestätigung mittels Klick auf einen Bestätigungslink einzuholen, dass er derjenige war, der das Kundenkonto angelegt hat und die Eröffnung immer noch will. Vergleichbar ist diese Vorgehensweise mit dem Double-Opt-In Verfahren, dass man bei „echter“ E-Mail-Werbung kennt. Hier lässt das Gericht alle Online-Händler leider im Regen stehen, denn die Frage, ob zumindest der Versand einer E-Mail-Anfrage im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens zulässig wäre, wird ausdrücklich offen gelassen. Gerade in diesem Punkt besteht aufgrund zweier divergierender Oberlandesgerichtsurteile jedoch noch keine Rechtssicherheit. In den Medien konnte man aber in den letzten Tagen des Öfteren lesen, dass das Gericht gerade das Double-Opt-In-Verfahren als unzulässig bewertet hätte.

Eine weitere rechtliche Unsicherheit, die es Online-Händlern unmöglich macht, sich auf ihr eigentliches Geschäft zu konzentrieren. Stattdessen muss wieder einmal mühsam eine möglichst effiziente, preiswerte und praxisgerechte Lösung gefunden werden, die die Gefahr einer Abmahnung nie ganz ausschließt… das täglich Brot eines Online-Händlers eben.

Kommentare  

#3 Matthias 2015-02-13 12:51
Unglaublich! Ich hab das schon vor 4 Tagen gelesen und noch nicht ganz verdaut. Aber ich sehe schon die vielen Spam Mails, die mir suggerieren, ich hätte ein Kundenkonto eröffent:
"Bitte klicken Sie hier um es zu bestätigen.
Bitte klicken Sie hier, wenn Sie es nicht waren (Ätsch!)"
Ich bin sehr gespannt.....
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#2 Redaktion 2015-02-12 17:03
Hallo mylene,

vielen Dank für’s aufmerksame Lesen. Da hat sich tatsächlich der Fehlerteufel eingeschlichen und hat uns das „kein“ geklaut ;) Wir haben es korrigiert.

Die Redaktion
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#1 mylene 2015-02-12 11:33
"Ist die Bestätigung einer schlichten Kundenkonto-Erö ffnung in einem Online-Shop mit diesen Werbemails wirklich zu vergleichen? Eine ganz klares „Ja“ kommt da aus Berlin Pankow (Urteil vom 16.12.2014, Az.: 101 C 1005/14). Aber: Nur wenn der Empfänger tatsächlich auch ein Kundenkonto angelegt hat"

verstehe ich nicht.
Ist das am Ende falsch formuliert?

Das würde ja heißen das es eine Werbemail wäre WENN ein Kundenkonto eröffnet worden ist?

Grüße
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