Gastbeitrag von Kasthuri Gnaneshwaran

Umsatzkiller Purchase Anxiety: Wie Händler Warenkorbabbrüche verhindern

Veröffentlicht: 02.12.2021 | Geschrieben von: Gastautor | Letzte Aktualisierung: 07.12.2021
Online-Einkauf am Laptop

Stellen Sie sich vor, Sie produzieren das beste Produkt der Welt. Sie investieren große Summen in die Entwicklung, engagieren die weltweit führenden Marketing-Expert:innen, bauen einen teuren Online-Shop, erhalten zahllose Klicks und Leads, und dann – nichts. Viele Besucher legen das Produkt in den Einkaufswagen, aber brechen dann den Kauf ab. Was ist passiert?

Für den menschlichen Verstand ist Online-Shopping ein Hochleistungssport. Das Gehirn muss in kürzester Zeit zahllose visuelle Reize verarbeiten und durchgängig Entscheidungen treffen. Damit möchte es vor allem Gefahren vermeiden, und davon gibt es beim Online-Shopping einige: etwa die Gefahr vor falschen Entscheidungen, gesundheitsschädlichen Produkten oder Datendiebstahl. Häufig brechen potenzielle Kund:innen aus Angst vor diesen Gefahren den Kaufprozess vor dem Bezahlvorgang ab, das Unternehmen bleibt auf den Werbekosten sitzen. 

Die Wissenschaft nennt dieses Phänomen Purchase Anxiety. Das Resultat: Eine hohe Anzahl zurückgelassener Warenkörbe und abgebrochener Check-Out-Vorgänge. Marketing-Experten sollten sich daher mit gängigen mentalen Mechanismen und Verzerrungen auskennen, um ihren Kund:innen den Kaufvorgang zu erleichtern.

Durch Information Vertrauen schaffen

Unternehmen können die Ängste ihrer Kund:innen überwinden, indem sie es leicht machen, der Marke zu vertrauen und vor dem Kauf möglichst viele Informationen über das Produkt bereitstellen. 

Purchase Anxiety tritt vor allem bei kleineren Marken auf. Das kommt daher, dass Kund:innen noch keine Erfahrungen mit der Marke gemacht haben und sich über die Kauf-, Versand- und Rückgabe-Prozesse noch nicht im Klaren sind. Große Unternehmen profitieren hier hingegen von dem Halo-Effekt: Aufgrund der Markenbekanntheit besitzen Kund:innen bereits ein grundlegendes Vertrauen, welches kleinere Marken erst aufbauen müssen. 

Die gute Nachricht: Schon die Bereitstellung weniger zusätzlicher Informationen können die Customer Experience des Kunden positiv beeinflussen und den Kaufentschluss auslösen. Gleichzeitig spielt Motivation eine relevante Rolle – je motivierter der Kunde, also je dringender oder begeisterter er von dem Produkt ist, desto eher wird er seine Purchase Anxiety überwinden. 

Produktdetails bereitstellen

Unternehmen sollten sorgfältig überlegen, welche Produktdetails Kund:innen kennen müssen, um eine gut überlegte Kaufentscheidung zu treffen. Genügen Informationen zu Maßen, Farben, Material und Beschaffenheit? Sollten mehr Angaben zum Herstellungsprozess, zur Kombinierbarkeit oder sogar schon zum Recycling des Produktes bereitgestellt werden? Viele Fragen werden durch Close-Up-Fotos der Produkte schon beantwortet, für sehr hochwertige Produkte lohnt sich eventuell auch eine 3D-Animation. 

Auch eine Bewertungsfunktion im eigenen Online-Shop oder auf einer Vergleichsseite zahlt sich aus, denn viele Kaufinteressierte vertrauen auf das Urteil von früheren Käufer:innen. Testimonials, Gütezeichen und Siegel tragen ihr Übriges dazu bei, Besucher:innen von der Hochwertigkeit und Zuverlässigkeit Ihrer Produkte zu überzeugen.

Hochwertigen Service bieten

Purchase Anxiety bezieht sich neben dem Produkt auch auf den Kaufprozess – Kund:innen befürchten zum Beispiel, dass sie ein Produkt nicht zurückgeben können, wenn es ihnen nicht gefällt. Vielen Unklarheiten kann schon mithilfe der FAQs vorgebeugt werden. Auch ein guter Chatbot trägt zu einer besseren Kund:innen-Betreuung bei. Für alle weiteren Anliegen sollte der Customer Support möglichst leicht erreichbar sein, zum Beispiel über eine Verlinkung direkt auf der Produktseite. Idealerweise können User den Customer Support über mehrere Wege erreichen, etwa über Telefon, E-Mail, Social Media oder sogar WhatsApp. 

Mit Gratisversand und unkomplizierten Rückgabe-Policies können Unternehmen die Hürde beim Kauf weiter verringern, denn so haben Kund:innen keine finanziellen Konsequenzen zu befürchten, falls das Produkt nicht ihren Erwartungen entspricht. 

Der Bezahlvorgang ist ein besonders kritischer Punkt, denn viele User befürchten, dass ihre finanziellen Daten in die falschen Hände geraten könnten und springen deswegen noch während des Kaufprozesses ab. Hier sollten mehrere sichere Zahlmethoden angeboten werden, sodass die Kund:innen sich für den Anbieter entscheiden können, dem Sie am meisten vertrauen. Während des Kaufprozesses eignen sich zusätzlich bestätigende Botschaften, zum Beispiel mit einer Erklärung über den sorgfältigen Umgang mit Daten oder eine Rückmeldung zur erfolgreichen Bestellung.

Transparenz zeigen

Wer Vertrauen fordert, sollte selbst nahbar wirken, sich den Kund:innen „anvertrauen“: Etwa indem Unternehmen ausführliche Informationen über die Mission, die Gründungsgeschichte sowie das Team bereitstellen. Je mehr Infos auf der „Über uns“-Seite auffindbar sind, desto mehr sind Kund:innen beruhigt. Hochwertiges Design und professionelle Produktfotos tragen ebenfalls zu einem positiven Gesamteindruck bei. Schließlich lassen sich viele Kund:innen durch Social Proof und einer großen Anzahl von Social Media Abonnenten von der Seriosität und Professionalität eines Unternehmens überzeugen.

Motivation erhöhen

Diese Maßnahmen reichen noch nicht? Angaben zu begrenzten Produkt-Vorräten oder limitierten Rabatt-Angeboten erhöhen die Kaufmotivation zusätzlich. Auch eine Übersicht zur Anzahl der bereits verkauften Artikel und den beliebtesten Produkten wirkt motivierend. Ist ein Produkt begehrt und nicht unbegrenzt verfügbar, spricht das einerseits für hohe Verkaufszahlen und macht andererseits das Risiko bewusst, dass man durch Zögerlichkeit eine tolle Gelegenheit verpassen könnte.

Ausprobieren und Optimieren

Es lohnt sich in jedem Fall auszuprobieren, was bei den jeweiligen Kund:innen funktioniert und was nicht. Je nach Produkt und Unternehmen sind unterschiedliche Maßnahmen nötig, um Purchase Anxiety zu begegnen. Unternehmen sollten sich zudem effektive Testmethoden für ihre Experimente überlegen und anschließend deren Wirksamkeit analysieren – z. B. indem systematisch A/B-Tests durchgeführt werden. Umso schneller finden sich gute Lösungen. Auch wenn es Aufwand erfordert, von weniger Purchase Anxiety profitieren beide Seiten: das Unternehmen durch mehr Verkäufe, und die Kund:innen durch einen besseren Service beim Einkauf.


AB Tasty Kasthuri Gnaneshwaran Oktober 2021

Über die Autorin

Kasthuri Gnaneshwaran leitet bei AB Tasty das Customer Success Management für den Bereich DACH, Benelux & CEE. Gemeinsam mit ihrem Team betreut sie große Marken wie  Holzkern, Fleurop und Generali. Kasthuri ist Diplom-Bankerin und hat zuvor als Digital Optimations Analyst bei Maxymizer gearbeitet.

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