Kundenservice ist Kundengewinnung und -bindung

Veröffentlicht: 13.04.2015 | Geschrieben von: Peter Höschl | Letzte Aktualisierung: 04.09.2015

Wie können Online-Händler ihren Kunden einen professionellen Service per Telefon und E-Mail bieten? Und: Lohnt sich der Aufwand, einen telefonischen Kundenservice anzubieten, überhaupt? E-Commerce-Experte und Mitglied des Händlerbundbeirats, Peter Höschl gibt mit einem Fallbeispiel aus der Praxis Antwort.

 Telefon

(Bildquelle Telefon: Rat007 via Shutterstock)

Wenn ein Kunde in einem Fachgeschäft eine Frage zu einem Produkt hat, wendet er sich an einen Verkäufer. Diese Möglichkeit gibt es bei einem Online-Shop nicht. Hier muss die Produktbeschreibung möglichst alle aufkommenden Kundenfragen beantworten. In der Praxis kann das natürlich nicht immer funktionieren.

So ist es zum Beispiel bei einem Sortiment mit vielen ähnlichen Produkten für die Kunden nicht immer ersichtlich, wo nun die Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen liegen. Finden sie auf Anhieb keine Antwort, suchen sie im Online-Shop nach einem Service-Angebot, das sie schnell und unkompliziert nutzen können – wie eine Telefon-Hotline oder ein Online-Chat. Bietet der Shop solch einen Service nicht an, ist die Absprungwahrscheinlichkeit hoch.

Wenn Fragen zu Produkten offen bleiben

Sobald Shop-Betreiber ihren Kunden einen telefonischen Service anbieten, werden sie erst merken, wie viele Fragen ihre Produktbeschreibungen nicht beantworten. So bezieht sich ein Großteil der telefonischen Anfragen von Kunden auf Nachfragen zu konkreten Produkten. Diese Erfahrung hat auch Julia Ebert gemacht, die bei der babymarkt.de GmbH für den Kundenservice verantwortlich ist:

„In etwa 80 Prozent der Fälle geht es bei den Anfragen um einfachere Fragen zum Produkt und der Bestellabwicklung, wie auch Lieferzeiten oder Rücksendemöglichkeiten. Hier merkt man, dass sich unsere Kunden bereits vorab meist intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt haben und auch welche Produkte in Frage kommen bzw. welche Eigenschaften das Produkt haben sollte.“

Solche telefonischen Kundenanfragen beschäftigen einen Service-Mitarbeiter nach Angaben von Ebert pro Fall im Schnitt zwischen zwei und drei Minuten. Diese Arbeitszeit ist gut investiert, schließlich liegt bei solchen Kunden bereits eine konkrete Kaufabsicht vor. Werden ihre Anfragen zu ihrer Zufriedenheit beantwortet, ist eine Bestellung deshalb sehr wahrscheinlich.

Mit einem hohen Service-Level von den Wettbewerbern abgrenzen

Babymarkt.de hat seinen Kundenservice im Laufe der letzten Jahre konsequent ausgebaut und beschäftigt inzwischen zehn Vollzeitmitarbeiter in diesem Bereich. Diese Investitionen zahlen sich aus, denn durch einen professionellen Service kann man sich im E-Commerce von seinen Mitbewerbern absetzen. „Viele Online-Shops haben im direkten Vergleich zum rein stationären Einzelhandel teilweise gravierende Defizite im Serviceniveau. Für den Kunden wird aber auch beim Online-Kauf ein guter Service zunehmend wichtiger als Entscheidungskriterium“, erklärt Ebert.

Ein gut organisierter, kompetenter Kundenservice hilft nicht nur bei der Neukundengewinnung, sondern auch bei der Kundenbindung. Dabei kann es helfen, sich bei Problemen mit Bestellungen und Gewährleistungsansprüchen kulant zu zeigen. Auch dann, wenn man das rein rechtlich nicht müsste. Dieser Ansicht ist Ulrich Pöhner, der E-Commerce-Unternehmen seit vielen Jahren bei der Optimierung ihrer Kommunikations- und Informationsprozesse begleitet:

„Meiner Meinung nach ist die Kundenzufriedenheit – und das heißt nicht, dass der Kunde grundsätzlich Recht hat – der wichtigste Faktor bei den Customer Touchpoints. Denn wenn der Service das Problem eines Kunden löst, ist dieser glücklich, zufrieden und kommt wieder – obwohl der Preis vielleicht woanders günstiger wäre. Denn was ein Verbraucher wegen eines Problems nicht möchte, ist zig Mal um Hilfe betteln.“

Kundenservice wirkt langfristig

Mit dem Credo „Im Zweifel immer für den Kunden entscheiden“ punktet auch der Branchen-Primus Amazon und bindet so viele Kunden an sich, die bei Amazon bestellen, obwohl sie wissen, dass andere Anbieter die gewünschten Produkte günstiger anbieten.

Wie sich die Einführung eines professionellen Kundenservices auf die Kundenbindung und -gewinnung auswirkt, lässt sich nicht schon nach kurzer Zeit schwarz auf weiß in Zahlen ausdrücken. Der positive Effekt wirkt langfristig. „Hier gilt natürlich, dass die Früchte der harten Arbeit erst im Laufe der Zeit geerntet werden können. Stichpunkt Bewertungen und Social Media: Positive Äußerungen helfen, das Image eines Shops in der Dichte der Angebote langfristig zu verbessern und besser zu positionieren“, erklärt Pöhner.

Wie Online-Händler auch mit geringen personellen und finanziellen Ressourcen ihren Kunden einen professionellen Service bieten können, ist zu lesen in der aktuellen Ausgabe des Praxis-Magazins shopanbieter to go. Dort finden Shop-Betreiber und E-Commerce-Entscheider unter anderem ausführliche Experten-Interviews mit Julia Ebert und Ulrich Pöhner.

Peter Höschl

 

Über den Autor

Peter Höschl bewegt sich seit 1997 beruflich im Internethandel, gilt als E-Commerce-Experte und verfügt über große gelebte Praxiserfahrung. Er ist Autor mehrerer Fachbücher und einer Vielzahl von Fachartikeln zu allen Aspekten des Online-Geschäfts. Heute berät und begleitet er StartUps, genauso wie mittelständische Unternehmen im E-Commerce. Peter Höschl ist außerdem Mitglied des Händlerbund-Beirats.

Obwohl er alle Facetten des Online-Handels beherrscht, gilt seine Leidenschaft dabei dem Onlinevertrieb über Marktplätze und dem Controlling für Online-Versender.

 

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