Kolumne: Netrada – Viel Lärm um Nichts?

Veröffentlicht: 18.10.2013 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 18.10.2013

Die Netrada Holding GmbH hat finanzielle Nöte. Das wurde vergangenen Samstag bekannt, als das Unternehmen überraschend Insolvenz beantragte. Netrada versicherte, immer noch zahlungsfähig zu sein – doch die Medien vermitteln mitunter ein anderes Bild. Ist die Situation des Dienstleisters wirklich so problematisch, wie die Berichte es vermuten lassen?

Acht Tage ist es her: Das Amtsgericht Hannover teilte mit, dass die Netrada Holding GmbH Insolvenz beantragt hatte. Das Verfahren sollte in vorläufiger Eigenverwaltung eröffnet werden und zunächst eine „Vermögens- und Gläubigersicherheit“ herstellen. Zahlungsunfähig sei die Dachgesellschaft nicht, sagte ein Gerichtssprecher. Die Geschäftsführung von Netrada soll weiter agieren können, selbst das 50 Millionen Euro teure geplante Logistikzentrum soll weiter gebaut werden. Die Gründe für die Insolvenz sieht der zuständige Verwalter Rainer Eckert in dem rasanten Wachstum von Netrada, für den das Kapital nicht ausreichend gewesen sei.

Vier Tage später erfolgte die nächste Meldung: Auch der E-Fashion-Dienstleister Netrada Europe, der unter anderem die Online-Shops von Hugo Boss, Esprit, C&A und Görtz betreibt, kündigte Insolvenz an. Einige Berichte sprachen von „unruhigen Zeiten“ für die Modehändler. Aber auch bei diesem Insolvenzantrag beschwichtigte Eckert und versicherte in einer offiziellen Erklärung, dass der Antrag „keinen Einfluss auf das laufende Geschäft“ haben werde. Und auch die Kunden des Dienstleisters scheinen gelassen auf die Meldung reagiert zu haben. Sowohl C&A als auch Esprit sprechen von einem problemlos weiterlaufenden Geschäft.

Um das Geschäft vorerst weiterzuführen, konnte der Insolvenzverwalter immerhin die beteiligten Banken von einer weiteren Finanzierung des Betriebs überzeugen. Zusätzlich setzten sich auch Netradas Kunden für den insolventen Dienstleister ein: Nach Angaben von Eckert helfen die Händler dabei, die Liquidität von Netrada zu verbessern. Und zwar alle. Eckert bekräftigt: „Alle, mit denen wir bisher gesprochen haben, halten zur Stange“. Experten vermuten inzwischen, dass die Großkunden sogar als Miteigentümer einsteigen werden, bevor Netrada untergeht. Schließlich, so Experten, wollen die Händler auch ihren Absatzkanal sichern.

Wahre Dramatik sieht anders aus

Ist die Aufregung um Netradas Insolvenz also gerechtfertigt? So wie es aussieht, nein. Schließlich ließ die Dachgesellschaft bereits bei der Anmeldung der Insolvenz verlauten, dass keine Zahlungsunfähigkeit vorliege. Der Insolvenzverwalter Eckert sieht ebenfalls gute Chancen für die Sanierung, wie in einer Pressemitteilung betont wird. Und auch die Tatsache, dass C&A und Esprit dem Verfahren gelassen entgegensehen, deutet auf recht wenige Probleme hin. Dass Netrada wirklich kurz vor dem Aus stehen soll, scheint also eher unwahrscheinlich – und zumindest die Kunden des Dienstleisters sollten ein großes Interesse daran zu haben, den Absatzkanal nicht untergehen zu lassen.

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