Kommentar: Ein langer Weg zur Kultur des Scheiterns

Veröffentlicht: 23.08.2017 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 23.08.2017

Das Gründertum erlebt in Deutschland einen neuen Aufschwung, aber die Sache mit dem Scheitern müssen wir noch lernen.

Geschäftsmann und Bananenschale 

© David Franklin – Shutterstock.com

Die Vox-Gründersendung „Die Höhle der Löwen“ mag den Investment-Prozess zwar stark vereinfachen, doch die Sendung hat zumindest dazu beigetragen, dass das Thema Gründertum wieder in der breiten Bevölkerung diskutiert wird. Gründer erhalten wieder eine Plattform und können zeigen, dass gute Ideen zu Erfolgen werden können. In den Medien wurde die Sendung immer wieder dafür kritisiert, dass man sich nur auf diese Erfolge konzentriere und die – doch zahlreichen – Geschichten, in denen die Gründer und ihre Unternehmen sich nicht am Markt behaupten können oder Deals doch nicht zustande kamen, verheimlichte.

Ein großer Makel der Show? Natürlich wirken Erfolge besser – vor allem im Fernsehen. Und Vox würde sich selbst keinen Gefallen tun, wenn die Sendung zeigen würde, dass ein Großteil der Erfolgsstories im Nachhinein dann doch nicht so stattgefunden haben. Augenwischerei könnte man dem Sender nun vorwerfen, doch Ralf Dümmel, Investor bei „Die Höhle der Löwen“, hat im Interview einen weiteren Aspekt aufgeworfen: Man bekommt keinen gescheiterten Gründer vor die Kamera, der im Fernsehen über sein Scheitern sprechen mag. Meistens seien sie schon mit dem nächsten Projekt beschäftigt – doch das Stigma des Scheiterns scheint noch schwer zu wiegen.

Scheitern ist noch immer verrufen

Die Gesellschaft muss akzeptieren, dass es keine lebenslange Schande ist, bei der Unternehmensgründung zu scheitern. Eindrucksvoll zeigte sich das auch 2015 im Landtag Nordrhein-Westfalens, als Christian Lindner von der FDP nach Zwischenruf eines SPD-Mitglieds zu einer Wutrede über Gründungskultur ansetzte.

 

Das Gründertum scheint in Deutschland wieder Fahrt aufzunehmen und Sendungen wie „Die Höhle der Löwen“ helfen sicherlich dabei, das Interesse an der Gründung wieder zu wecken. Und vielleicht ist die Kultur des Scheiterns irgendwann auch mit in der Gesellschaft angekommen, dass man sich als gescheiterter Gründer nicht mehr vor Fernsehkameras verstecken, sondern seine Erfahrungen teilen kann. Einen solchen Ansatz verfolgen schließlich auch die FuckUp-Nights, in denen Unternehmen von ihren Ausrutschern und Stürzen erzählen. Wir sind also auf einem guten Weg – aber der ist noch lang.


Mit der Kultur des Scheiterns haben wir uns auch in der Februar-Ausgabe des Onlinehändler Magazins beschäftigt. Das Magazin kann hier kostenlos online gelesen oder als Print-Ausgabe bestellt werden. 

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