Kommentar: Twitter und die Würze der Kürze

Veröffentlicht: 27.09.2017 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 27.09.2017

„Ich schreibe dir einen langen Brief, weil ich für einen kurzen keine Zeit habe.“ – So lautet ein berühmtes Zitat, das mal mehr mal weniger Johann Wolfgang von Goethe zugeschrieben wird. Letztendlich ist es an dieser Stelle wohl irrelevant, wer den Satz verfasst hat. Er zeigt jedenfalls eindrücklich, dass es durchaus als Kunst gilt, sich kurzzufassen.

Jeder kann um den heißen Brei herum reden. Wohl jeder kann seine Gedanken schweifen lassen und in aller Ausführlichkeit seine Erfahrungen, Eindrücke oder Ideen festhalten.

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Schwieriger ist es hingegen, den Kasus Knacksust oder – wie man so schön sagt – den Kern des Pudels zu erfassen und das Wichtigste kurz und bündig zusammenzufassen. Doch genau das verlangt Twitter seinen Nutzern ab. Alles, was sie zu sagen haben, alles, was sie der Welt mitteilen möchten, müssen sie auf das Notwendigste komprimieren. Sie müssen die Quintessenz aus ihren Gedanken filtern und diese in knappen 140 Zeichen zu Protokoll bringen.

Kurzum: Twitter zwingt uns zur Kürze. Zumindest bis jetzt…

… denn der Nachrichtendienst experimentiert aktuell mit einer Erweiterung, der Tweets mit einer Länge von 280 Zeichen zulässt. Und warum? Die mutmaßliche Antwort lautet: Weil das Unternehmen zumindest IRGENDETWAS tun muss, um die nicht enden wollende Reihe negativer Bilanzen zu durchbrechen. Twitter kommt aus der Verlustzone einfach nicht heraus und selbst für die positivsten Menschen dürfte ein Blick auf die Zahlen der vergangenen Jahre recht niederschmetternd sein:

Twitter-Gewinne und Verluste bis Q2 2017
© Statista

Viele Twitter-Nutzer zeigen sich unzufrieden

Doch reicht es, den Nutzern mehr Raum für Kommentare zur Verfügung zu stellen, um mehr Nutzer zu generieren und die eigenen Zahlen zu pushen? Die ersten Reaktionen auf die Erweiterung der Tweets zeigen zumindest gemischte Gefühle bei den Nutzern. Wie die Zeit schreibt, wird unter anderem Kritik laut, nach der „Twitter mit dem Schritt ein Stück seiner Identität aufgebe“. Auch müsse Twitter erst einige andere, schwerwiegendere Probleme lösen, bevor es Hand an die Tweet-Länge legt. Zum Beispiel müsse konsequenter gegen Diskriminierung und Hass auf der Plattform vorgegangen werden.

 

 

 

   

Und die Händler?

Wenn nun zumindest die „normalen“ Nutzer, also die Privatpersonen, keinen Nutzen von der Änderung haben, könnte die Neuerung dann vielleicht mit Blick auf Unternehmen geplant worden sein? Abwegig ist dieser Gedanke zumindest nicht. Denn natürlich verdient Twitter mit den kleinen privaten Nutzern kein Geld. Wenn Anbieter, Dienstleister, Online-Unternehmen aller Art künftig jedoch mehr Raum bekommen, ihre Services und Produkte anzupreisen, könnte dies im Sinne des E-Commerce durchaus nützlich sein.

Ob sich die 280 Zeichen schlussendlich durchsetzen werden, steht bis dato sowieso noch nicht fest. Bis es eine endgültige Entscheidung vonseiten Twitters gibt, heißt es also abwarten, Tee trinken und ausdruckstechnisch ruhig mal ein bisschen über die Stränge schlagen …

  

Über die Autorin

Tina Plewinski
Tina Plewinski Expertin für: Amazon

Bereits Anfang 2013 verschlug es Tina eher zufällig in die Redaktion von OnlinehändlerNews und damit auch in die Welt des Online-Handels. Ein besonderes Faible hat sie nicht nur für Kaffee und Literatur, sondern auch für Amazon – egal ob neue Services, spannende Technologien oder kuriose Patente: Alles, was mit dem US-Riesen zu tun hat, lässt ihr Herz höherschlagen. Nicht umsonst zeigt sie sich als Redakteurin vom Dienst für den Amazon Watchblog verantwortlich.

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