Kolumne: Facebook kauft sich mit WhatsApp reich

Veröffentlicht: 21.02.2014 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 25.02.2014

Facebook legt ganze 19 Milliarden US-Dollar für den Nachrichtendienst WhatsApp auf den Tisch und das Internet ist in heller Aufregung. Alternativen werden sofort vorgestellt, einige User erklären ihren Absprung von WhatsApp. Doch den normalen Bürger wird die Übernahme kaum interessieren.

Facebook kauft sich reich - und zwar an Nutzerdaten. Bei 19 Milliarden Dollar, 450 Millionen WhatsApp-Nutzern und 55 Mitarbeitern zahlte das Netzwerk also pro Nutzer 42 Dollar und pro Mitarbeiter über 345 Millionen Dollar. Dass Facebook an den Nutzerdaten interessiert ist, dürfte kaum jemanden überraschen. Aber es scheint noch einen anderen Grund für die Übernahme gegeben zu haben: Facebooks eigene Messenger-App ist wenig erfolgreich. Mit WhatsApp will man also das eigene Wachstumspotenzial im Mobile-Messaging-Bereich nutzen, wie auch die Zeit berichtete. Facebook hat schließlich sein Ziel, das Internet (und nun auch das mobile Netz) dominieren zu wollen, nicht aus den Augen verloren.

WhatsApp-Alternativen: Die Rettung aus dem Höllenfeuer?

Als Reaktion auf die Übernahme schickten sich umgehend alle Medien und einige Privatpersonen an, die breite Nutzerschaft von WhatsApp vor Facebook zu bewahren. Threema, surespot, ChatSecure, Telegram, ChatOn – das sind nur einige der WhatsApp-Alternativen, die fast sofort nach Bekanntwerden der Übernahme in den Medien vorgestellt und angepriesen wurden. Die Zeit, die Welt, RP Online, der Spiegel – ja, fast jedes Nachrichtenportal sorgte sich um das Wohl der armen WhatsApp-Nutzer. Dass WhatsApp schon länger für Sicherheitslücken bekannt war, wie auch der Spiegel mitteilt, scheint zunächst egal. Kaum kommt Facebook um die Ecke und kauft den Dienst, springen sie alle auf und werfen mit Alternativen um sich. Facebook hat offensichtlich die Eigenschaft, Unternehmen und Dienste als böse zu brandmarken. Kaum tritt das größte soziale Netzwerk auf den Plan, schreit alles nach Flucht.

Dass das Otto Normalverbraucher nicht interessieren wird, zeigte bereits Google Plus: Das eigene Netzwerk des Suchmaschinenriesen sollte als Facebook-Alternative auftreten. Einige User ergriffen die Gelegenheit auch, um sich aus den Fängen der Datenkrake Facebook zu befreien – und wechselten zur Datenkrake Google Plus. Dort sitzen sie nun aber alleine herum, denn Google Plus wird von kaum jemandem genutzt. Es ist immer noch eine Randerscheinung voller „Karteileichen“. Google strengt sich mit der G+-Pflicht bei Youtube inzwischen an, sein Netzwerk durch Zwang beliebt zu machen. Aber weil die meisten Menschen bei Facebook sind, bleiben die meisten Menschen auch bei Facebook.

Die Meisten werden bleiben

Im Fall WhatsApp wird es ähnlich laufen. Einige User mögen sich zwar direkt von dem Nachrichtendienst abspalten und auf eine Alternative umsteigen, auch wenn sich durch die Übernahme zunächst nichts ändert. Doch solang der eigene Bekanntenkreis nicht mit zur Alternative umzieht, sitzen diese Nutzer dann alleine da. Der Großteil der Menschen wird weiter bei WhatsApp bleiben. WhatsApp müsste schon große Änderungen, wie zum Beispiel deftige Preiserhöhungen, einführen, um seine Nutzer aktiv zu vertreiben. Dass Daten mit Facebook ausgetauscht werden könnten – und wahrscheinlich auch werden – wird für keinen Exodus sorgen. Facebook gibt es schließlich auch noch, obwohl etliche Datenskandale, der NSA-Skandal und eine ganze Reihe unbeliebter Updates über die Jahre erfolgten.

Es ist wieder einmal viel Lärm um nichts, der auf die Übernahme folgte. Einige Nutzer echauffierten sich auf Twitter, die Medien nutzten die Chance und stellten munter Alternativen vor. Ändern wird sich kaum etwas. Facebook hat für viel Geld eine unglaublich große Zahl an Nutzerdaten zu seinem sowieso schon unermesslich großen Datenschatz hinzugekauft. Gebe ich meine Daten gerne ab? Nein. Wenn ich etwas bei Facebook teile, mache ich das schon sehr bewusst. Dass ich nun aber vorsichtiger sein werde, was ich meiner Familie, meiner Freundin und meinen Freunden bei WhatsApp schreibe, wage ich zu bezweifeln. Dass es dem Großteil der Menschen genauso gehen wird, dessen bin ich mir sicher. Unsere Daten sind der Preis dafür, dass wir die Dienste nutzen können. Im Vergleich zur alten SMS ist und bleibt WhatsApp ein sehr nützlicher und guter Dienst. Die Übernahme wird daran nichts ändern.

Kommentare  

#1 Jakob 2014-03-18 08:33
In erster Linie haben vermutlich einige Nutzer aus Wut zur Konkurrenz gewechselt, aber ich denke schon, dass viele mit der Zeit wieder auf Whatsapp zurückgreifen werden, vor allen Dingen weil sicherlich im Bekanntenkreis dieser Messanger am ehesten genutzt wird. Da bringt es nicht viel, wenn man als einziger auf die Alternativen zurückgreift.
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