Kolumne: Wenn Amazon sich positive Berichterstattung kauft

Veröffentlicht: 07.03.2014 | Geschrieben von: Giuseppe Paletta | Letzte Aktualisierung: 07.03.2014

Gerade für Journalisten hat es immer einen bitteren Beigeschmack, wenn branchenfremde Multimillionäre sich in renommierte und traditionelle Medienhäuser einkaufen. Der erste Gedanke der ihnen dann durch den Kopf geht: Mit dem Geld kommt auch der Eingriff in die Berichterstattung. Angefangen vom Unterbinden kritischer Berichterstattung in Bezug auf den neuen Geldgeber und all seiner Unternehmen, in die er irgendwie involviert ist, bis hin zu einer Art Hofberichterstattung, bei der über die betreffenden Unternehmen nur noch positiv berichtet wird.

Petition fordert kritische Amazon-Berichterstattung

Dieser Gedanke ging vermutlich vielen Journalisten der US-Zeitung Washington Post durch den Kopf, als sie erfuhren, wer ihr neuer Chef werden würde. Kein geringerer als Amazon-Chef Jeff Bezos hat die Zeitung im vergangenen Jahr für 250 Millionen US-Dollar gekauft. Obwohl Jeff Bezos Wert darauf legt, zu betonen, dass er die Washington Post als Privatmann gekauft hat, bleibt der Interessenkonflikt offensichtlich.

Im Moment läuft in den USA eine Petition, die genau diesen Interessenkonflikt anprangert. Rund 35.000 Unterzeichner fordern von der Washington Post, einen Bericht über Geschäftsbeziehungen zwischen Amazon und dem US-Geheimdienst CIA zu schreiben. Die Washington Post, die regelmäßig über Geheimdienste berichtet, hat in Sachen Amazon nämlich mindestens ein Auge zugedrückt. Der E-Commerce-Gigant Amazon konnte sich im vergangenen Jahr gegen Konkurrenten wie IBM durchsetzen und einen 600 Millionen US-Dollar schweren Großauftrag des US-Geheimdienstes CIA sichern: Während Medien weltweit über den Deal berichtet haben, hat die Washington Post ihrem Chef zuliebe über den Deal bislang bewusst kein Wort geschrieben, geschweige denn ihn kritisch hinterfragt.

Jeff Bezos investiert in Großbritannien und Europa

Jeff Bezos, der Amazon-Chef, investiert indes weiter kräftig in Medienhäuser. Zuletzt hat er seine Anteile an dem nach Klicks vierterfolgreichsten Wirtschaftsportal weltweit, dem Business Insider, erhöht. Mit 25 Millionen Visits im Januar 2014, bestimmt das Online-Magazin maßgeblich, was Führungskräfte aus der Wirtschaft diskutieren und welche Meinung sie sich über einzelne Unternehmen bilden. Ein Grund, warum Jeff Bezos schon zwei Mal Anteile am Business Insider gekauft hat. Im vergangenen Jahr sammelte der Business Insider in einer Finanzierungsrunde fünf Millionen US-Dollar ein, in dieser Woche kamen in einer weiteren Runde 12 Millionen hinzu. Maßgeblich kam das Geld von Jeff Bezos.

Der Business Insider möchte mit dem neuen Geld nach Europa expandieren und auch bei uns eines der führenden Wirtschaftsmagazine werden. Der Hauptsitz der Redaktion wird in Großbritannien sein. An dem Ort also, wo die negative Berichterstattung über Amazon im vergangenen Jahr tatsächlich für Umsatzrückgänge beim Online-Händler gesorgt hat.

Es scheint also überflüssig zu fragen, ob der Business Insider in Europa in Zukunft kritisch über Amazon berichten wird, oder ob er nicht eher helfen soll, dass angekratzte Image des Online-Händlers aufzupolieren.

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