Kommentar: Kartenzahlung nicht möglich? Willkommen in der Vergangenheit

Veröffentlicht: 30.08.2017 | Geschrieben von: Julia Ptock | Letzte Aktualisierung: 30.08.2017

Die Deutschen lieben ihr Bargeld. Wir wurden jahrelang darauf trainiert, immer etwas Klimpergeld dabei zu haben. Tatsächlich gehör ich auch zu den Menschen, die so gut wie immer Bargeld dabei haben. Umso nerviger ist es dann, wenn man mal keines hat und plötzlich darauf angewiesen ist. So geschehen ist das letztens einer Kollegin.

Frau mit leerem Portmonee
© tanja-vashchuk – shutterstock.com

Nur Bares ist Wahres

Im Leipziger Bahnhof einkaufend, stand sie in einem Laden und wollte für um die 25 Euro einkaufen. An der Kasse dann die Ernüchterung. Das Portmonee war leer, Scheine und Münzen schon ausgegeben. Nun gut, wir leben im 21. Jahrhundert. Kartenzahlung gibt es ja überall – so war jedenfalls beim Gespräch unsere gemeinsame Meinung. Doch so kann man sich irren. Die Kassiererin erklärte meiner Kollegen, dass man hier nicht mit Karte bezahlen könne. Kein Bargeld dabei, Kartenzahlung generell nicht möglich. Ende vom Lied: Meine Kollegin verließ den Laden ohne Ware und der Shop hatte es solide versäumt, Umsatz zu machen.

So ein Erlebnis lässt einen nachdenklich werden. Das Bargeld war lange Zeit die einzige Möglichkeit, zu bezahlen. Es ist noch gar nicht so lang her, dass man beispielsweise bei Aldi, Lidl, Penny und Co. nur mit Scheinen oder Münzen zahlen konnte. Ob man es glaubt oder nicht, aber Aldi beispielsweise hat erst im Frühjahr 2009 (!) die Zahlung per EC-Karte eingeführt. Das ist keine zehn Jahre her. Und vielleicht glauben noch immer genug stationäre Händler, dass wir noch in der Vergangenheit leben. Kartenzahlung – dieses neumodische Zeugs.

Bitte etwas mehr Mut

Ich selbst gehöre zur Generation Y. Und ich kann mich gut erinnern, dass mein Vater, sobald es zum Einkaufen ging, regelrechte Geldscheinbündel einsteckte. Seitdem ist im stationären allerdings nicht viel passiert, außer der Einführung der EC-Karten-Zahlung. Seitdem herrscht mehr oder weniger Stillstand. Dabei bietet die Technik mittlerweile unendlich viele Möglichkeiten. Ich sag nur NFC. Aber irgendwie will sich die Technologie nicht durchsetzen. Das liegt allerdings nicht nur am stationären Handel – Thema fehlende Akzeptanzstellen. Die Deutschen sehen beispielsweise einfach keinen wirklichen Mehrwehrt beim Bezahlen mit dem Smartphone. Für viele ist es auch irgendwie zu kompliziert und zu unsicher. Deutschland ist damit in Europa Schlusslicht – gerade einmal vier Prozent wollten per Smartphone im Geschäft bezahlen.

Gut, sicherlich kann man niemanden dazu zwingen neue Technologie auszuprobieren, doch das gefühlt verbissene Festhalten am Bargeld durch den stationären Handel ist ziemlich kontraproduktiv. Und ja, ich weiß, dass die Gebühren für die Abrechnung von EC-Kartenzahlungen hoch sind. Aber es grenzt mittlerweile an Service-Verweigerung, wenn man als stationärer Händler auf Scheine und Münzen besteht. Das ist so, als ob ein Online-Händler nur Vorkasse anbieten würde. So macht Shoppen keinen Spaß. Als Kunde will ich Auswahl – und das nicht nur bei den Produkten, sondern auch bei der Art und Weise des Bezahlens.

Und vielleicht – so ein weiterer Gedanke – setzt sich deshalb der Online-Handel auch immer weiter durch. Denn selbst die kleinsten Händler haben verstanden, dass Kunden den Kauf abbrechen, wenn sie nicht die passende Payment-Art anbieten. Mit Blick auf den stationären Handel kann ich deswegen nur sagen: Werdet bitte endlich modern und bietet doch wenigstens neben der Annahme von Bargeld auch die EC-Kartenzahlung an. Und wenn ihr ganz mutig seid, denkt ihr auch über weitere Möglichen nach.

 

Kommentare  

#12 Seb 2017-09-10 13:52
@Imrö:
Wenn denn nur die Bank meine Daten hätte, wäre alles halb so schlimm. Und ohne jegliche richterliche Kontrolle können Finanzämter einen umfassenden Einblick in die Konten aller Bürger nehmen, wenn auch NOCH nicht heruntergebroch en auf jede einzelne Buchung. Aber auch das kommt demnächst.

Das Problem ist ein altes: Immer wenn es Daten gibt, wird der Staat sie auch gegen die Bürger verwenden. Da reicht manchmal eine kleine Gesetzesänderun g, manchmal mehr. Aber egal, die Daten liegen ja vor und mann kann mit ihnen geradezu orwellwsche Bewegungs- und Verhaltensprofi le erstellen. Nur die Speicherung von Bewegungsdaten über das Smartphone übertrifft dies noch.

Jeder kann für sich selbst entscheiden. Aber warum sollte ich dem Staat potentiell mehr Daten geben als es sich denn nicht verhindern lässt?

In der Weimarer Republik wurden die Bürger gezwungen, ihren Waffenbesitz beim Staat zu registrieren. Das diente natürlich nur der Sicherheit - so sagte die Regierung. Was machten die Nazis nach der Machtergreifung ? Als alles erstes gingen sie die Waffenregister durch und ließen alle Juden entwaffnen, damit sie sich später nicht mehr wehren konnten.

Wenn wir eines aus der Geschichte gelernt haben sollten, dann das man dem Staat niemals mehr als unbedingt nötig geben sollte, denn er wird es gegen einen verwenden.
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#11 Kalovich 2017-09-04 11:52
Deutschland ist das einzige Land in Europa wo man überall nur bar zahlen kann. Selbst im kommunistischen Weißrussland, der letzten Diktatur Europas, kann man ÜBERALL mit Karte zahlen, selbst in kleinen Kiosken auf der Straße. Da es ist normal, alle haben Kreditkarten, viele zahlen mit Karte, Akzeptanz im Handel über 90%. Und niemand würde dich dumm angucken wenn du nur €0.50 mit Karte zahlen muss. In WEIßRUSSLAND, wo alles Scheiße ist.

Ich zahle nur mit Karte wenn es möglich ist. Es ist ja bequem modern: Karte drauflegen, eine Sekunde warten , fertig.
Warum soll ich immer am Bargeld denken, es zählen usw?
Bei Kartenzahlung hab ich sehr klaren Überblick Dank der banking app. Es wird mir auf meinem Smartphone sofort angezeigt wo und Wieviel ich bezahlt habe. Viel besserer Überblick als beim Bargeld.

Das banksystem in Deutschland sollte reformiert werden und die Gebühren sollen minimisiert werden, damit alle zufrieden wären
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#10 Peter 2017-09-04 01:00
Interessant - es wird immer noch kosten bei Kartenzahlung gesprochen... BARgeld kostet nichts? Baren sehr teures wahres -> Transport, Sicherung, Versicherung etc.
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#9 Imrö 2017-09-03 21:40
Ich zahle übrigens am liebsten mit Smartphone (Smartwatch via Samsung Pay geht ja in DE nicht). Dank Token habe ich da nicht mal den identischen EMV Code bzw Kartennummer... letztere wäre übrigens bis auf die letzten Stellen eh anonymisiert.


Abgesehen davon das ich Datenschutz und Privatsphäre wichtig finde, frage ich mich aber was eigentlich so schlimm daran ist wenn die Bank, welche keine Daten herausgeben darf ohne entsprechende Strafermittlung , weiß was Kunde X am Tag Y ausgegeben hat bei Geschäft B und D ?

Wenn ich z.B. Sage ich war gestern für 12.-EUR in einer Pizzaria und Vorgestern für 20.-EUR im Edeka .... was ist das Schlimmste was dabei passieren kann im Alltag???? ....... NICHTS.... und wenn die Polizei mal ermittelt wann man wo war.. tja dann kann das nen Unschuldigen evtl. entlasten... ein Schulder würde natürlich belastet werden können... haben wir also so viele Kriminelle? ^^

Das Argument was ich letztens gehört habe...wenn die Bank das Konto sperrt.... Ähh ja was dann? Dann kann ich doch auch kein Bargeld mehr abheben.... da kommt dann "Dann hab ich aber noch welches zuhause" aehhh das Argument ist aber auch nur für Menschen geeignet die sich einige Tausend Euro in Bar zuhause lagern können (klingt totaaaalll sicher ;) )
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#8 Imrö 2017-09-03 21:40
Ich biete selber Kartenzahlung an. Es ist mir lieber als Bargeld.. ich zahle rund 1,5% mindestens aber 15.-EUR wenn ich Bargeld einzahlen möchte... warum sollte ich das machen wenn meine Kunden mit Karte zahlen (0,95%) oder per Überweisung...d ann zahle ich viel weniger..

Ich bin an vielen Geschäften vorbei gegangen mehrfach ohne was zu kaufen weil ich weis... ah kein Bargeld dabei.. die nehmen nur Bargeld.. dann kauf ich heute halt nichts.

Also, mir als Potentieller Kunde kann das nur Recht sein. Je mehr Geschäfte nur Bargeld nehmen, desto mehr Geld spare ich... da ich keine Spontanen Einkäufe tätige :D Aus Händler-Sicht und Kundenservice Sicht ist das aber bescheuert nur Bargeld anzunehmen.

Zum Thema Gläserner Bürger oder Kunde.... da sind die Leute aber ziemlich Dumm.

1. Der Händler kennt seine Kunden und weiß was der Kunde kauft.. egal wie er bezahlt !!!

2. Bei Zahlung mit Digitalem Geld sieht der Zahlungsdienstl eister zwar Wann, Wo und für wie viel gekauft wurde... aber nicht was gekauft wurde. Das sieht nur der Händler

3. Die bei den Deutschen so sehr beliebten Punkte, Payback und Kundenkarten erfassen Personenbezogen mit Alter, Geschlecht, Wohnort etc.. was sie wann wo und für wie viel kaufen.... und sie funktionieren auch mit Bargeld... ........ohne Worte....
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#7 Marc-Oliver Schaake 2017-09-03 18:53
Wer als Händler oder Gastronom heute keine Kartenzahlung anbietet, der drückt damit nicht nur Rückständigkeit , sondern auch Geringschätzung gegenüber dem potentiellen Kunden aus.

Deutschland ist so ziemlich das letzte Land in Europa, wo man solche schwachsinnigen Diskussionen überhaupt noch führen muss. So viel zum Thema High-Tech-Nation!

Für mich ist klar: No card? No sale!

Verweigert sich das Bäckerhandwerk der Kartenzahlung? Kein Problem. Dann halt zum Discounter.

Verweigert sich das kleine Café? Starbucks heißt mich willkommen, auch wenn ich deren Umgang mit Steuern nicht mag. Aber der Gastronom, der keine Karten akzeptiert, wird im Zweifelsfall eine ähnliche Steuermoral besitzen.

Verweigert sich der lokale Einzelhandel? Bestelle ich halt online.

Und darüber hinaus gibt es in fast jeder Branche immer einen Laden in der Nähe, der weiß wie Kundenservice geht. Egal ob Schuster, Textilreinigung oder sogar der Dönerladen der kontaktlose Kartenzahlung akzeptiert.

Ich kann nur alle Konsumenten aufrufen: Lasst Euch schlechten Kundenservice nicht mehr bieten. Im Zweifelsfall Ware an der Kasse stehen lassen - und ja nicht selbst wieder einräumen.
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#6 Denise 2017-08-31 22:15
Also die Kommentare hier spiegeln die Rückständigkeit des stationären Handels wieder. Sorry, aber da kann ich mich Sigi und Seb nur anschließen. Die Kosten waren noch nie günstiger als jetzt, EU sei Dank! Wer das jetzt noch als Argument ins Feld führt ist einfach nicht up to Date. Außerdem wird bei diesem Argument außer acht gelassen, dass Bargeld auch nicht kostenlos ist. Ich brauche Wechselgeld, muss es wieder zur Bank tragen, verwahren etc. Die Banken haben aufgrund der Bargeldprüfvero rdnung schon die Gebühren angehoben. Die Zukunft wird Bargeld nicht billiger machen. Wenn ich nur online die Wahl haben kann, dann sorry lieber stationäre Handel, dann sterbt ihr halt aus. Kundenservice ist nämlich leider meist nicht mehr vorhanden und somit bleibt kein Grund mehr bei euch einzulaufen!
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#5 Seb 2017-08-30 19:26
Ich schildere es mal aus reiner Kundensicht (meiner Sicht nämlich):

Ich selbst zahle wann immer möglich mit Bargeld. Warum? Weil ich das so möchte. Andere können das gerne anders handhabe. Das geht mich ja nichts an.

Aber wenn ich hier lese, dass an einem großen Hauptbahnhof (also nicht vielleicht in der Provinz in einem kleinen Hofladen in einem noch kleineren Dorf) keine Kartenzahlung möglich ist, dann fasse ich mich nur noch an den Kopf.

Natürlich ist es dem Händler freigestellt, keine Kartenzahlung anzubieten. Mir als Kunden ist es aber auch freigestellt, meinen Umsatz in ein anderes Geschäft oder gar online zu tragen.
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#4 Oliver 2017-08-30 19:16
Als Onlinehändler biete ich Paypal und Überweisung als Zahlungsmöglich keit an. In meinem stationären Geschäft jedoch nur Barzahlung!
Denn als Händler muß ich für die EC-Hardware bezahlen und dann noch für jede Transaktion. Und dann ist der Kunde auch noch gläsern, da alles gespeichert wird. Und wenn etwas schiefgeht, bin ich auch noch der Dumme!
Von 500 Kunden wollen maximal 2 mit Karte bezahlen, da sind die Kosten und der Aufwand viel zu hoch. Und so wird es wohl auch in dem als Beispiel dienenden Bahnhofsladen gewesen sein!
Also lieber 2 Kunden und 50.-Euro Umsatz weniger, als viel Aufwand und zu zahlende Gebühren, die mir dann das bißchen Gewinn auffressen, das ich dabei gemacht hätte.
Wobei bei mir in einer Laufweite von 3 Minuten zwei Banken(jeweils mit Geldautomat) und ein zusätzlicher Geldautomat sind und die Kunden dann in der Regel dort Geld abheben und dann wiederkommen. Man muß halt einfach nur "wollen"!!!
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#3 Toros Yeter 2017-08-30 15:11
Nicht nur dass es den Händler Geld kostet (Disagio), sondern auch im "Zweifelsfall" ist der Händler der Dumme, und muss dem Endverbraucher nachweisen, dass kein Mißbrauch mit der Karte passiert ist. Ein harmloser Blick über die Schulter beim Tanken reicht vielen Banken aus, um den Händler um sein Geld zu prellen.
Um also das Problem in den Griff zu bekommen:
- weg mit dem Disagio. Soll doch die Bank die Kosten tragen.
- weg mit der Unschuldsvermut ung für Endverbraucher und der automatischen Schuldzuweisung des Händlers.

Dann klappts auch mit den Kreditkarten.

PS:
Virtuelle Güter wie z.B. Software-Downlo ads sind z.B. bei PayPal NICHT abgedeckt:)
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