Banklizenz & Rekordfinanzierung: Wie N26 zum erfolgreichsten deutschen FinTech-StartUp wurde

Veröffentlicht: 04.04.2018 | Geschrieben von: Christian Laude | Letzte Aktualisierung: 04.04.2018

Vor knapp fünf Jahren wurde das FinTech-StartUp N26 gegründet – zum damaligen Zeitpunkt jedoch noch unter einem anderen Namen. In regelmäßigen Abständen machte das Unternehmen auf sich aufmerksam – mal positiver, ab und zu aber auch negativer Natur. Wir blicken auf die turbulente Unternehmensgeschichte.

Mobile Zahlung mit N26

© N26

Am 20. März 2018 verkündete das FinTech-StartUp N26, in einer Series-C-Finanzierungsrunde mit einem Mal 160 Millionen Dollar eingesammelt zu haben. Noch nie zuvor erhielt ein deutsches Unternehmen aus diesem Sektor eine Investition in dieser Größenordnung. Insgesamt konnte sich N26 damit bisher 215 Millionen Dollar sichern – eine Summe, die ebenfalls für ein hiesiges StartUp außergewöhnlich hoch ist.

Doch auch abseits der Rekordinvestition war N26 in den letzten Wochen und Monaten immer wieder aufgrund größtenteils positiver Meldungen und Ankündigungen, aber auch fragwürdiger Schritte in den Schlagzeilen. Egal, ob es dabei um Expansionspläne, Gerüchte um einen potenziellen Börsengang oder der plötzlichen Kündigung von Kunden ging: Gefühlt stand die Zeit beim Jungunternehmen nie still. Grund genug, um einen ausführlichen Blick auf N26 zu werfen und die Geschichte und Geschehnisse zusammenzufassen.

Vollbankzulassung ermöglicht Unabhängigkeit von Wirecard

N26 bezeichnet sich selbst als „mobile Bank“ und wirbt mit dem Slogan „Dein Girokonto auf dem Smartphone“, womit die Zielgruppe ziemlich eindeutig sein dürfte: N26 richtet sich an die Generation Smartphone, die über ihre mobilen Geräte möglichst viel abwickeln will, ohne sich stets und ständig am Desktop-PC umständlich einloggen oder sogar eine Bankfiliale aufsuchen zu müssen.

Das Unternehmen wurde 2013 von Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal gegründet und hieß ursprünglich „Number26“. Als das StartUp jedoch am 21. Juli 2016 die Vollbankzulassung von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Europäischen Zentralbank erhielt, folgte im Zuge dessen direkt auch die Umbenennung in das etwas griffigere und einprägsamere N26. Mit dem Erhalt der eigenen Banklizenz ging auch der Abschied vom bisherigen namhaften Partnerunternehmen einher, denn bis dahin nutzte N26 zur Durchführung der Bankgeschäfte die Lizenz und die Dienstleistungen von Wirecard. Dementsprechend kann der besagte 21. Juli 2016 zweifelsohne als einer der wichtigsten Momente in der Geschichte von N26 bezeichnet werden.

N26-Gründer

Die beiden N26-Gründer Maximilian Tayenthal & Valentin Stalf (© N26)

Shitstorm nach unbegründeten Kündigungen

Doch auch vor der Unabhängigkeit konnte N26 schon einige Meilensteine erreichen – darunter eine zweite Finanzierungsrunde im Juni 2016, die knapp 40 Millionen Dollar umfasste und an der neben Horizons Ventures auch die Zalando-Gründer Robert Gentz, David Schneider und Rubin Ritter beteiligt waren.

Die Finanzierung konnte zumindest zum Teil über einen Shitstorm ablenken, mit dem N26 laut dem Handelsblatt kurz zuvor zu kämpfen hatte: Zum 1. August 2016 wurde Hunderten von Kunden aus dem Nichts das Girokonto gekündigt. Später wurde dann über die Gründe für diesen drastischen Schritt spekuliert und es hieß, dass zu häufige Geldabhebungen dafür sorgten. Die Nutzung von N26 ist schließlich kostenlos und die Transaktion von Gelder mit einigen Kosten verbunden.

Einige Zeit später folgte dann die offizielle Reaktion seitens N26: Kunden dürfen seitdem nur noch fünf Mal pro Monat kostenlos Bargeld an Automaten abheben. Für jede weitere Abhebung fällt dann eine Gebühr in Höhe von zwei Euro an. „Abhebungen am Geldautomaten sind gerade in Deutschland besonders kostspielig“, begründete N26 wie erwartet die Entscheidung.

Temporäre Sicherheitslücke ohne Konsequenzen

Im Dezember des gleichen Jahres folgte direkt eine weitere Hiobsbotschaft: Vincent Haupert, ein IT–Experte der Universität Erlangen-Nürnberg, entdeckte massive Sicherheitslücken innerhalb der App von N26. So gelang es Haupert unter anderem geräteunabhängig Kundendaten einzusehen und sogar Überweisungen zu manipulieren. N26 reagierte nach der Veröffentlichung des Berichts prompt und gab ein Bug-Bounty-Programm bekannt. Hierbei handelt es sich um eine Initiative von Unternehmen, Software-Schwachstellen mithilfe von Belohnungen für den jeweiligen Entdecker zu identifizieren und zu beheben. Das Vorhaben war von Erfolg gekrönt, denn am 13. Dezember 2016 konnte die Sicherheitslücke geschlossen wurden. Angeblich soll bis dahin auch kein N26-Nutzer zu Schaden gekommen sein.

Portfolio-Erweiterung trotz Negativschlagzeilen

Abseits von derartigen Vorfällen erweiterte N26 sukzessive sein Angebot. Seit Februar 2017 etwa können Kunden Kredite in Echtzeit per N26-App erhalten. Dabei stehen Kredite zwischen 1.000 und 25.000 Euro mit einer Laufzeit von einem halben Jahr bis fünf Jahren zur Auswahl, die innerhalb von wenigen Minuten über das Smartphone angefordert werden können. Die Bonitätsprüfung soll dabei im Hintergrund ablaufen. Ein Medienwechsel ist nicht notwendig, denn dank einer elektronischen Signatur zusammen mit einem Video-Chat können Kunden den Kredit papierlos abschließen. Nach der elektronischen Unterschrift soll der Kredit innerhalb von einer Stunde ausgezahlt werden. N26 arbeitet für die Vergabe mit dem Kreditmarktplatz Auxmoney zusammen.

Gegen Ende des Jahres 2017 brachte N26 außerdem eine neue Karte auf den Markt, die sich „Metal“ nennt und als eine Art Premiumprogramm bezeichnet werden kann. Metal-Nutzer erhalten innerhalb der N26-App Zugang zu einem personalisierten Bereich, der wiederum ein Partnerprogramm und einen speziellen Kundenservice bereithält. Zu den weiteren Vorteilen und Services von Metal zählen eine weltweite Reiseversicherung sowie „die besten Wechselkurse bei Kartenzahlungen“, wie N26 selbst schreibt. Außerdem fallen bei Bargeldabhebungen im Ausland die Gebühren weg.

N26-Metal-Karte

So sieht die Metal-Karte von N26 aus. (© N26)

Jubiläen & Expansionspläne

Im August 2017 konnte N26 das erste kleine Jubiläum feiern. Eine halbe Million Kunden hatten sich bis zu dem Zeitpunkt für das FinTech-StartUp entschieden – allein in den fünf Monaten davor sollen 200.000 hinzugestoßen sein. Durchschnittlich kämen laut N26 etwa 1.500 neue Kunden täglich dazu. Mittlerweile liegt die Zahl laut N26 bei 2.000.

Zwei Monate später verkündete N26 offiziell und sichtlich stolz, ab Mitte 2018 in die USA zu expandieren. Eigenen Angaben zufolge will sich N26 mit diesem Schritt „von einem europäischen Anbieter zu einer globalen mobilen Bank“ wandeln, wobei sich die in den USA angebotenen Service-Leistungen größtenteils mit den europäischen decken sollen. N26 sprach jedoch auch von weiteren Dienstleistungen, die dann speziell auf den US-amerikanischen Markt zugeschnitten sind, und nannte als Beispiel ein „attraktives Kundenbindungsprogramm“.

N26 wird zudem in den USA nicht alleine agieren, sondern mit einer Partnerbank zusammenarbeiten, um die regulatorischen Rahmenbedingungen einzuhalten. Bereits seit Bekanntgabe der späteren Expansion haben US-amerikanische Kunden die Möglichkeit, sich auf eine Warteliste einzutragen, um so direkt zum Start dabei zu sein. Unmittelbar danach, im November 2017, kündigte N26 dann direkt auch die Expansion nach Großbritannien an, die ebenfalls in der ersten Jahreshälfte 2018 erfolgen soll.

Erste Gerüchte über Mega-Funding

Derartige Absichten und bedeutenden Schritte, mit seinem Geschäft in solch gigantische Märkte vorzustoßen, sind natürlich auch mit erheblichen Kosten verbunden. Dazu passen dann auch die Gerüchte über die Suche nach Investoren, die kurze Zeit später das Licht der Welt erblickten. N26-Gründer Valentin Stalf war laut internen Quellen hierfür in den USA unterwegs, um sein Unternehmen vor Investoren zu präsentieren und große Geldgeber zu akquirieren. Im Gespräch waren Summen in Höhe von 50 beziehungsweise 75 Millionen Dollar. Peanuts im Vergleich zu dem, was N26 tatsächlich erhielt, wie sich ein knapp ein halbes Jahr später zeigen sollte.

N26-App

Ein Ausschnitt aus der App von N26. (© N26)

Börsengang könnte weiteres Kapital bringen

Doch vor der bedeutendsten Entwicklung in der Unternehmensgeschichte, neben dem Erhalt der Banklizenz, folgten im Dezember 2017 noch einmal Mutmaßungen, die jedoch einen anderen Grundtenor hatten: Auf der „Founders Unscripted“ in Berlin, einer Interview-Show vor Live-Publikum, plauderte N26-Gründer Maximilian Tayenthal aus, dass sein StartUp über einen Börsengang nachdenken würde, um auf diese Art und Weise neues Kapital einzusammeln. Konkrete Pläne für den IPO waren jedoch zu dem Zeitpunkt noch nicht vorhanden und sind es auch bis heute nicht. Dafür ging Tayenthal abermals auf eine mögliche Finanzierungsrunde ein und bestätigte: „Wir sind immer in Gesprächen mit Investoren.“

N26 knackt Rekordfinanzierung

Am 20. März 2018 war es dann soweit: Nachdem exakt eine Woche zuvor erneut Gerüchte über ein Funding kursierten, gab N26 den Abschluss der Finanzierungsrunde offiziell bekannt. Angeführt von Allianz X, dem Investment-Ableger der Allianz Gruppe, sowie Tencent, einem bekannten chinesischen Internet-Services-Anbieter, erhielt N26 sage und schreibe 160 Millionen Dollar. „Wir freuen uns sehr, dass Allianz X und Tencent unsere Series C anführen. Beide zählen nicht nur zu den führenden Unternehmen in ihren Branchen, Finanzdienstleistungen und Internet Services, sondern haben auch ein klares Verständnis davon, wie Technologie und Design Industrien verändern können“, kommentierte Valentin Stalf die Investition.

Die zweit- und dritthöchste Investition überhaupt konnte sich laut Finanz-Szene.de das Hamburger FinTech-StartUp Kreditech sichern, das jeweils 82 beziehungsweise 80 Millionen Euro erhielt. N26 taucht in der Liste der zehn größten Finanzierungen, die deutsche FinTechs jemals erhalten haben, noch einmal auf. Dank der Serie-B-Finanzierungsrunde im Jahr 2016 in Höhe von 36 Millionen Euro schafft es N26 nicht nur auf Platz eins, sondern auch auf Platz sechs.

Übersicht über die größten FinTech-Finanzierungen in Deutschland

Diese Übersicht zeigt die größten Finanzierungen, die deutsche FinTechs jemals erhalten haben. (© Finanz-Szene.de - Screenshot)

Wo N26 heute steht

Im Zuge der der Ankündigung der Finanzierung gab N26 auch neue Zahlen bekannt, die als eine Art Bestandsaufnahme fungieren und zeigen, wo N26 aktuell steht. So haben sich mittlerweile über 850.000 Kunden für N26 entschieden, die zusammengenommen rund neun Milliarden Euro an Transaktionsvolumen abgewickelt haben. Bis zum Ende des aktuellen Jahres sollen es 13 Milliarden Euro werden. 380 Mitarbeiter sorgen dafür, dass das alles reibungslos abläuft. Das große Ziel des FinTech-StartUps besteht laut eigenen Angaben darin, bis Ende 2020 mehr als fünf Millionen Kunden zu generieren.

Fazit: Klassische Banken haben ernsthaften Konkurrenten

Für das Erreichen der ambitionierten Ziele kooperiert N26 Zeit seines bestehens sowohl mit anderen FinTechs als auch mit „traditionellen Anbietern“, wie es das Unternehmen selbst formuliert – darunter TransferWise, WeltSparen und die Allianz. N26 ist in 17 Ländern der Eurozone wie Deutschland, Frankreich und Italien aktiv und will wie erwähnt in diesem zusätzlich auch in den USA und Großbritannien durchstarten. Mit der Zeit dürften mit ziemlich hoher Wahrscheinlich weitere Märkte hinzukommen, denn trotz einiger Rückschläge stehen die Zeichen bei N26 auf Wachstum, was wiederum der klassischen Bankenwelt durchaus das Fürchten lehren dürfte.

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