Widerrufsrecht oder Rückgaberecht – Vorteile und Nachteile beider Optionen

Veröffentlicht: 30.04.2013 | Geschrieben von: Katja Naumann | Letzte Aktualisierung: 30.04.2013

Bis das neue Widerrufsrecht im Juni 2014 in Kraft tritt, haben Online-Händler beim Abschluss von Fernabsatzverträgen die Wahl, ob sie den Verbrauchern das gesetzliche Widerrufsrecht oder ein Rückgaberecht einräumen. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile, die bei der Entscheidung berücksichtigt werden müssen.

Paragraph in Puzzelteil

Widerrufsrecht und Rückgaberecht sind unterschiedlich ausgestaltete Rechte

Die Begriffe Widerrufsrecht und Rückgaberecht werden von vielen Unternehmern synonym verwendet, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass sich für Verbraucher durch die Geltendmachung des Widerrufsrechts eine Rückgabepflicht für den Verbraucher ergibt. Beide Rechte müssen jedoch differenziert betrachtet werden, da es sich um unterschiedlich ausgestaltete Rechte handelt. Das Abwägen der Vor- und Nachteile beider Varianten vor der Entscheidung für ein Rückgaberecht oder ein Widerrufsrecht kann dem Online-Händler auch finanzielle Vorteile bringen, wie eine Gegenüberstellung der beiden Rechte zeigt.

Widerrufsrecht

Beim Abschluss von Fernabsatzverträgen steht gemäß §§ 312b und 312d Abs. 1 Satz 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) jedem Verbraucher per Gesetz ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu.

Das in § 355 BGB geregelte Widerrufsrecht gibt dem Verbraucher die Möglichkeit, einen Verbrauchervertrag innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss zu widerrufen. Ausgeübt werden kann das Widerrufsrecht in Textform, also per Post, E-Mail oder Fax, oder durch das Zurücksenden der bestellten Ware. Beim Widerruf durch Rücksendung der Sache genügt das fristgerechte Absenden innerhalb der Widerrufsfrist.

Wenn der Widerruf gegenüber dem Händler in Textform erklärt wird, ist der Verbraucher verpflichtet die paketversandfähige Ware an den Händler zurückzusenden und der Händler muss den gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreis zurückerstatten. In der Praxis kommt es jedoch immer wieder vor, dass die Kunden vergessen die Sache tatsächlich zurückzuschicken, woraus sich für den Unternehmer Folgekosten ergeben können, wenn die Ware noch nicht bezahlt ist. Schlimmstenfalls muss der Händler gerichtlich gegen den Kunden vorgehen und auf Herausgabe der Sache klagen, was jedoch meist langwierig und kostenintensiv ist. Ist die gelieferte Ware jedoch schon bezahlt, kann der Händler mit der Rückerstattung des Kaufpreises warten, bis der Verbraucher diese tatsächlich zurückschickt.

Ein Vorteil beim gesetzlichen Widerrufsrecht ist, dass gemäß § 357 Abs. 2 BGB dem Kunden die regelmäßigen Kosten der Rücksendung der Ware vertraglich auferlegt werden können. Dafür müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein. Bei der 40 Euro-Klausel darf der Preis der zurückgesendeten Sache den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen. Wenn der Betrag höher als 40 Euro ist, darf der Verbraucher den Kaufpreis oder eine vereinbarte Teilzahlung zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht erbracht haben. In jedem Fall muss die gelieferte Ware auch der bestellten Ware entsprechen. Treffen diese Voraussetzungen nicht zu, sind die Rücksendekosten vom Unternehmer zu tragen.

Rückgaberecht

Im Gegensatz zum Widerrufsrecht steht das Rückgaberecht dem Verbraucher nicht per Gesetz zu. Bei Fernabsatzverträgen hat ein Online-Händler gemäß § 312 d Abs. 1 Satz 2 BGB die Möglichkeit seinen Kunden vertraglich ein Rückgaberecht gemäß § 356 BGB anstelle von einem Widerrufsrecht einzuräumen. In jedem Fall muss sich der Online-Händler für eine Variante entscheiden, denn nebeneinander bestehen beide Rechte nicht.

Ausgeübt werden kann ein vertraglich vereinbartes Rückgaberecht nur durch das Zurücksenden der erhaltenen Ware. Lediglich bei nicht paketversandfähiger Ware genügt eine Kontaktaufnahme mit Rücksendeverlangen an den Online-Händler.

Im Unterschied zum Widerrufsrecht kann der Online-Händler mit dem Gewähren eines Rückgaberechts sicherstellen, dass er die Ware zurückbekommt, bevor ein bereits gezahlter Kaufpreis zurückerstattet werden muss. Vergisst der Kunde, die Ware zurückzuschicken, bleibt der Vertrag bestehen und der Händler hat Anspruch auf die Erstattung des Kaufpreises.

Nachteil beim Rückgaberecht ist für Online-Händler, dass die Rücksendekosten gemäß § 357 Abs. 2 BGB in jedem Fall von ihm getragen werden müssen. Eine Ausnahmeregelung wie die 40 Euro – Klausel im Widerrufsrecht besteht nicht.

Wann sich ein Rückgaberecht anstelle von Widerrufsrecht lohnt

Das Gewähren eines Rückgaberechts lohnt sich vor allem für Online-Händler, die hauptsächlich Waren mit einem Kaufpreis von über 40 Euro verkaufen, und deswegen von der 40 Euro-Klausel im Widerrufsrecht nicht profitieren können. Aber auch wenn risikobehaftete Zahlungsmethoden wie etwa der Rechnungskauf angeboten werden, kann sich ein Rückgaberecht für Online-Händler trotz der Übernahme der Rücksendekosten lohnen, da sie so sicher sein können, die Ware zurückzubekommen. Werden hauptsächlich Waren, deren Kaufpreis nicht höher ist als 40 Euro, und Zahlungsmethoden mit Vorkasse angeboten, lohnt sich finanziell das gesetzliche Widerrufsrecht, da die Rücksendekosten in diesem Fall vertraglich auf den Kunden übertragen werden können.

Auf der Website des Händlerbundes kann über den Widerrufstextgerator kostenlos eine aktuelle Version der Widerrufsbelehrung oder Rückgabebelehrung erstellt werden.

Kommentare  

#1 Baseline GmbH 2013-05-07 15:38
Vielen Dank für den informativen Beitrag. Diese Unterscheidung war uns in der Form tatsächlich noch nicht so klar. Nun werden wir uns bis Juni Gedanken machen.
Da wir überall das Widerrufsrecht in den Shop und die Mails eingepflegt haben, ist es natürlich auch ein nicht zu verachtender Aufwand alles auf das Rückgaberecht umzustricken. Wenn man hier nur an einer Stelle etwas vergessen hat, wird man wahrscheinlich wieder abmahnbar, da man widersprüchlich e Aussagen macht.
Da in unserem Tonershop der durchschnittlic he Warenwert um die 60.-€ liegt, würde allerdings das Rückgaberecht tatsächlich Sinn machen können.
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