„Das Original“ - ist Werbung mit Echtheitsgarantien zulässig oder nicht?

Veröffentlicht: 07.03.2013 | Geschrieben von: Redaktion | Letzte Aktualisierung: 07.03.2013

Ob Bekleidung, technische Geräte oder Parfum - Onlinehändler, die Markenwaren anbieten, haben verständlicherweise großes Interesse daran, ihre Kunden wissen zu lassen, dass die Waren „echt“ sind. Insbesondere im eCommerce ist die Gefahr, anstatt eines Originals ein weniger sicheres und/oder billiges Plagiat aus Fernost zu erstehen für die Kunden jedoch nach wie vor groß.
Stellt sich nur die Frage, ob die Werbung mit Echtheitsgarantien auch zulässig ist.

Die gute Nachricht vorweg: Es haben sich bereits Gerichte mit dieser Frage befasst. Zum einen das Landgericht Bochum (Urteil vom 10. 02. 2009, Az: 12 O 12/09), zum anderen - als nächsthöheres Gericht - das Oberlandesgericht Hamm (Beschluss vom 20.12.2010, Az: I-4 W 121/10).

Der Haken hierbei ist, dass die Rechtsprechung nicht einheitlich ist und bisher auch nicht als gefestigt bezeichnet werden kann, sodass in dieser Frage nach wie vor keine Rechtssicherheit besteht und die Onlinehändler daher Vorsicht walten lassen sollten.

Wir möchten nachfolgend einen kurzen Überblick über die bisherige Rechtsprechung geben.

1. Das Urteil des Landgericht (LG) Bochum
Im Sachverhalt, der dem Urteil des LG Bochum zugrunde lag, bot ein Anbieter für Kosmetik- und Parfümerieartikel auf eBay ein bestimmtes Marken-Parfum an. Er warb in der Artikelbeschreibung des Angebots folgendermaßen:

Garantie...

Echtheitsgarantie: Die Echtheit aller von uns angebotenen Waren wird hiermit ausdrücklich garantiert! Sämtliche Waren in unserem Sortiment sind 100 % Originalwaren“

Ein Mitbewerber, der ebenfalls Kosmetik- und Parfumartikel auf Ebay vertreibt, mahnte u.a. diese Echtheitsgarantie als wettbewerbswidrig ab.

Das LG Bochum gab dem Konkurrenten in der oben genannten Entscheidung Recht. Es führte hierzu aus:

...der Hinweis auf die Echtheit der Waren verstößt ...gegen § 5 UWG unter dem Gesichtspunkt der Werbung mit Selbstverständlichkeiten. Die Kammer verkennt nicht, dass es gerade bei Verkäufen über eBay häufig um gefälschte Markenware geht. Dies ändert aber nichts daran, dass grundsätzlich jeder Verkäufer – wenn er nicht etwas anderes mitteilt – verpflichtet ist, Originalware zu liefern.

Mit seiner auffällig herausgestellten Garantiezusage täuscht der Verfügungsbeklagte vor, seinen Kunden einen besonderen Vorteil zu bieten. Gerade auch aus der Sicht redlicher Mitbewerber verschafft der Verfügungsbeklagte sich damit einen ungerechtfertigten Vorteil...

Das LG Bochum machte den Vorwurf der Wettbewerbswidrigkeit also entscheidend am Verhalten des Anbieters fest und stellte nicht auf das Vorliegen eines „Irreführungs- bzw. Täuschungserfolgs“ bei den Kunden ab.

2. Das Urteil des Oberlandesgericht (OLG) Hamm
Im Fall, der dem Beschluss des OLG Hamm zugrunde lag, bewarb ein Händler die von ihm angebotenen Textilien als „Originalware“, was wiederum unter dem Gesichtspunkt der irreführenden Werbung mit Selbstverständlichkeiten abgemahnt wurde.

Das OLG Hamm bezog jedoch in seine Entscheidung - anders als das LG Bochum - nicht nur die Frage ein, ob der Händler tatsächlich mit einer Selbstverständlichkeit geworben hat, sondern auch, ob die Kunden überhaupt von der Werbung in die Irre geführt werden konnten.

Es führte aus:

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Werbung, die Selbstverständlichkeiten herausstellt... gegen § 5 UWG verstoßen, sofern das angesprochene Publikum annimmt, dass mit der Werbung ein Vorzug gegenüber anderen Erzeugnissen der gleichen Gattung und den Angeboten von Mitbewerbern hervorgehoben wird.

Entscheidend ist dabei, dass der Verkehr in der herausgestellten Eigenschaft der beworbenen Ware oder Leistung irrtümlich einen Vorteil sieht, den er nicht ohne weiteres...bei der Konkurrenz, erwarten kann....

Eine Irreführung scheidet also aus, wenn der Verkehr erkennt, dass es sich bei der betonten Eigenschaft um etwas Selbstverständliches handelt...

Die Voraussetzungen für eine Irreführung liegen nicht vor... einem verständigen Verbraucher ist bekannt, dass der Verkäufer grundsätzlich verpflichtet ist, seine Ware als Originalware zu verkaufen, es sei denn, dass er die Ware als Nachbildung kennzeichnet...

Dementsprechend ist die Werbung der Antragstellerin, mit der sie sich von Anbietern von Imitaten und Fälschungen, wie es sie auf dem Markt des Textilhandels ... häufig gibt, abgrenzen will, als zulässig einzustufen

3. Fazit
Es bleibt abzuwarten, ob das OLG Hamm, ein anderes OLG oder der BGH die Rechtsprechung des OLG Hamm in einer weiteren Entscheidung bestätigt.

Das OLG Hamm muss sich mit seiner Argumentation die Frage entgegenhalten lassen, welchen Wissensstand der „verständige Verbraucher“ aufweist - weiß er so viel wie der berühmte „Otto Normalverbraucher“ oder mehr?

Onlinehändlern empfehlen wir auf die Werbung mit Echtheitsgarantien bzw. der Werbeaussage „Original“ zu verzichten, bis sich eine einigermaßen gefestigte Rechtsprechung in dieser Frage herausgebildet hat. Nehmen Sie bitte auch unsere Hinweise zur Vermeidung von Werbung mit Selbstverständlichkeiten zur Kenntnis, welche wir für Sie im Downloadbereich unserer Homepage zur Verfügung gestellt haben.

Kommentare  

#2 4appleandegg 2011-09-28 19:21
Mir ist das 2te Urteil, also das vom OLG Hamm, nicht nur sympatischer, sondern auch logischer. Wer die Aussagen abmahnen lässt, dass eine Garantiekarte beiliegt oder das Originalzubehör zum Lieferumfang gehört, will doch nur seinen Mitbewerber schädigen. Für wie blöd hält denn der Gesetzgeber den "armen" Verbraucher, der in den oben genannten Aussagen einen besonderen Vorteil sieht? Ich denke, die Gerichte sollten mal die Kirche im Dorfe lassen und mal wieder zwischen Werbung und sachlichen Informationen unterscheiden. Gruß
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#1 Baseline Toner 2011-09-28 18:55
Ich denke, dass man hier bei den Produkten unterscheiden muss. Eine Wrangler Jeans ist eine Wrangler Jeans. Es gibt hier keine kompatiblen Produkte. Höchstens ein "ähnelt einer Wrangler". Den Aspekt der Markenpiraterie und Fälschungen kann man hier auslassen. Das ist an sich ein Verstoß Aus unserem Mikrokosmos kann ich berichten, dass es bei Tonern durchaus die feste Begrifflichkeit von "Original-Toner " und "kompatibler Toner" gibt. Dieses wird u.a. unangefochten auch bei Ebay, Amazon usw. als Kategorie geführt. Ich würde von meinem Verständnis davon ausgehen, dass bei Produkten zu denen es ein quasi technisch gesehenen gleichen Nachbau gibt, die Abgrenzung "Original" legitim ist.
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