BGH zum Aufreger-Thema: Widerrufsrecht nach Matratzenkauf im Netz

Veröffentlicht: 08.11.2017 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 13.07.2022

Für viele ist der Kauf einer Matratze im Internet unvorstellbar. Doch wer kein Auto hat, für den kann die bequeme und oft sogar kostenlose Lieferung der Matratze bis an die Haustür eine gute Alternative zum Kauf im Geschäft bedeuten. Und noch einen Vorteil hat der Kauf im Netz: bei einem späteren Sinneswandel wird die Matratze genauso leicht wieder zurückgesendet. Update: Der BGH verschiebt den Verkündungstermin.

Wer ins Geschäft geht, um sich eine Matratze anzuschaffen, kann sich dort maximal kurz auf der Matratze betten. Doch spätestens bei Ladenschluss muss die Entscheidung für oder gegen eine Kauf fallen. Im Internet ist das anders, denn Kunden bekommen online bestellte Matratzen meist zusammengerollt und in einer Schutzfolie verpackt geliefert. Wer sie öffnet, kann sie ebenfalls testen, muss aber gegebenenfalls mit einer Einschränkung seines Widerrufsrechtes rechnen.

Gerichte haben kein Herz für Matratzen-Händler

Weil Matratzen viele Hundert Euro kosten können, haben bereits einige Händler im Streit den Gang vor Gericht gewagt. Doch bisher blieben sie immer erfolglos: Die Testnacht auf einer Matratze soll möglich sein und Händler können dafür keinerlei Wertersatz in Abzug bringen. Das maßgebliche Argument der Richter war dabei, dass ein Bett regelmäßig eine langfristige, für das eigene Wohlbefinden nicht unerhebliche Anschaffung sei, bei der eine angemessene Prüfung zugestanden werden muss. 

Maximal zwei Nächte müssen dem Verbraucher für die Prüfung der Matratze aber genügen, so die Kollegen aus Köln in einer anderen Entscheidung (Amtsgericht Köln, Urteil vom 04.04.2012, Az. 119 C 462/11). Da der Kunde in diesem Fall aber 5 Nächte auf der Matratze geschlafen hatte, sei nicht mehr lediglich von einer Prüfung der Kaufsache auszugehen. Dem Online-Händler sprachen die Richter daher für die 3 weiteren Nächte tatsächlich einen Wertersatz zu, der dem Kunden in Rechnung gestellt werden konnte.

Ein Käufer von Matratzen, die dieser zuvor im Online-Handel bestellt hatte, entdeckte ein günstigeres Angebot bei einem anderen Händler. Unter Hinweis auf dieses günstigere Angebot und die "Tiefpreisgarantie" des Verkäufers bat der Verbraucher um Erstattung des Differenzbetrags. Sollte dieser nicht vom Verkäufer erstattet werden, werde der Käufer das ihm als Verbraucher zustehende Widerrufsrecht ausüben – zurecht.

BGH formuliert Fragen an den EuGH

Die Prozesskosten, die ein aktueller Rechtsstreit vor dem BGH verursacht, dürften den Wert der gekauften Matratze um ein Vielfaches überschreiten. Doch eine Klärung wird den kompletten Online-Handel in eine neue Richtung weisen. Bisher war auch hier die Rechtsauffassung wie folgt: Eine Matratze könne der Verkäufer reinigen und in einen hygienisch einwandfreien Zustand versetzen lassen, so dass die Entfernung einer Schutzfolie durch den Käufer dessen Widerrufsrecht nicht entfallen lasse.

Schon bei seiner Verhandlung im Sommer machte der BGH aber klar, dass bei der Frage "Matratzen und Widerrufsrecht" nur der EuGH helfen kann. Am heutigen Mittwoch will der BGH die konkreten Anliegen an den EuGH formulieren. Doch die Mühlen mahlen langsam. Eine Entscheidung aus Luxemburg kann Jahre auf sich warten lassen.

Update vom 08.11.2017

Der Bundesgerichtshof teilte mit, dass der Verkündungstermin auf den 15. November 2017 verschoben wurde.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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