If you copy, copy right(ly)! – Artikelserie zu Produktfotos, Teil 2

Veröffentlicht: 07.03.2013 | Geschrieben von: Jan Witzmann | Letzte Aktualisierung: 03.02.2014

Abmahnungen wegen der unberechtigten Verwendung von Produktfotos im Onlineshop sind vor allem deshalb ärgerlich, weil entsprechende Verletzungen selten Beträge unter 1.000 € kosten. Im Rahmen unserer Serie zum Thema Produktfotos und Urheberrecht erläutern wir Ihnen die urheberrechtlichen Rahmenbedingungen für die rechtssichere Nutzung von eigenen oder fremden Produktfotos.

Teil 2: Fallstricke bei der Verwendung von Bildern unter Creative Commons-Lizenzen

All you can copy

Wir erinnern uns: Nahezu jedes Foto, das sich im Internet finden lässt, ist urheberrechtlich geschützt. Doch dies ist nur ein Teil der schmerzlichen Wahrheiten, die wir im Rahmen unserer Serie zu den Produktfotos formulieren müssen. Hinzu kommt heute, dass das Gros der üblichen Verwendungen von Bildern Dritter deren Zustimmung verlangt. Das heißt: Man müsste den Fotografen genau genommen um Erlaubnis fragen, bevor man sein Bild einfach so mittels Copy-Paste auf die eigene Webseite übernimmt. Die zulässigen Ausnahmen sind jedenfalls dünn gesät. Insbesondere bei der Nutzung von Bildern im kommerziellen Bereich ist nicht vom Vorliegen einer Ausnahme auszugehen. Dem Urheber soll vorbehalten bleiben, über jede einzelne (gewinnbringende) Verwendung seines Bildes die Letztentscheidungskompetenz zu haben. Wie man zu dieser urheberrechtlichen Grundsatzentscheidung steht, ist egal: Sie ist zumindest geltendes Recht und kann schwerwiegende Folgen haben, wenn man sie nicht beachtet.

Some rights reserved – Lessiges Urheberrecht

Diese Zustimmungspflicht, welche vor zwanzig Jahren angesichts der klassischen und vor allem eingeschränkten Verbreitungswege von Fotos (Postkarten, Plakate oder Bildbände) sicherlich ihre Berechtigung hatte, wird in Zeiten des Web 2.0 oft als hinderlich oder gar schikanös erachtet. Vor dem Hintergrund dieser Kritik war die Idee von Lawrence Lessig, einem US-amerikanischen Rechtsprofessor, so einfach wie genial: Er wollte das enge Korsett des Urheberrechts im Zeitalter des „Mitmachweb“ systemimmanent aufschnüren und die Web 2.0-Community ein Stück weit von den Fesseln des Urheberrechts befreien. Hierzu entwarf er ein Lizenzmodell, welches es Urhebern erlauben soll, Ihre Werke unter gelockerten Bedingungen für jedermann frei verwendbar zu verbreiten. Deshalb gründete er 2001 an der Stanford University eine Initiative namens Creative Commons. Diese hält auf ihrer Webseite eine Reihe von sog. Open-Content-Lizenzen in derzeit sechs unterschiedlichen Versionen bereit, die von jedem Interessierten für die Verbreitung seiner Werke genutzt werden dürfen. Vorbild für dieses Modell war die sog. GNU General Public License, welche seit mehreren Jahren im Rahmen der Open Source-Bewegung im Softwarebereich und anfangs auch für die Inhalte von Wikipedia verwendet wurde.

Parallelgesellschaft der Kreativen oder Revolution des Urheberrechts?

Aber Vorsicht: Entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben stellt die Creative Commons-Lizenz keinen Freibrief dar. Denn der Urheber verzichtet keinesfalls auf sein Urheberrecht, wenn er ein Werk unter den Creative Commons-Bedingungen ins Netz stellt. Soll heißen: Die jeweiligen Bilder sind nicht plötzlich Freiwild. Dem Fotografen bleibt eine Reihe von Rechten, welche die Nutzungsmöglichkeiten ggf. beschränken. Die freie Verwendung ist nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt, die in der jeweiligen Lizenz festgehalten sind. Creative Commons ist nur ein Lizenzvertrag, keine eigene (Parallel-)Rechtsordnung, die das Urheberrecht außer Kraft setzt. Grundlage für jedwede Verwertungshandlung in Deutschland bleibt das deutsche Urheberrechtsgesetz, dessen enge Grenzen nur im jeweiligen Einzelfall und nur bei Einhaltung der Bedingungen der jeweiligen Lizenzart erweitert werden.

Alles oder Nichts-Prinzip – Der Wolf im GNU-Pelz

Diese Bedingungen für die rechtmäßige Verwendung eines Bildes unter dem Creative Commons-Regime darzustellen, würde den Rahmen sprengen. Nur exemplarisch sei auf eine in allen derzeit sechs Lizenzarten enthaltene Anforderung und die Konsequenzen der Nichteinhaltung eingegangen: Die Verpflichtung zur Namensnennung des Fotografen. Jede Lizenzart sieht nämlich vor, dass der Name des Fotografen (ggf. nebst dem Titel des Werkes) und einer Verlinkung zu dem Original und/oder den Lizenzbedingungen neben dem Foto angebracht werden muss. Wird dies nicht beachtet, ist die gesamte Lizenz quasi hinfällig und der Verwender handelt ohne jede Berechtigung. Die Folge können im Ernstfall Abmahnungen und insbesondere Schadensersatzforderungen sein. Und wie überall gibt es auch in diesem Bereich schwarze Schafe, welche sich diese unerwartet drakonische Konsequenz zunutze machen und es nur darauf anlegen, dass ein nichtsahnender Nutzer in die Abmahnfalle tappt. Dies zeigt ein Beschluss des Landgerichts Berlin vom vergangenen Oktober (Aktenzeichen: 16 O 458/10), welcher der Fotografin in einem solchen Fall Recht gegeben hat. Dort hatte ein Blogbetreiber das Foto der Anspruchstellerin verwendet ohne deren Namen zu nennen. In der Folge zeigten sich die ersten Abmahnungen, welche auf das Urteil des Landgerichts Berlin Bezug nahmen und ähnliche Konstellationen zum Anlass für Schadensersatzforderungen nahmen. Diese Problematik wird zusätzlich erschwert durch die Tatsache, dass es ohne weiteres möglich ist, die jeweiligen Lizenzbedingungen nachträglich zu entfernen oder zu verändern. Dann nämlich hat der Verwender ein Nachweisproblem, selbst wenn er eigentlich im Recht ist.

Fazit:

Creative Commons und andere Lizenzmodelle der Open-Content-Bewegung sind eine kostengünstige Alternative zum Einkauf von Fotos bei den klassischen Bildagenturen. Allerdings sollte man sich davor hüten, davon auszugehen, dass die entsprechenden Bilder frei von jedweden Restriktionen verwendbar sind. Dieser Irrglaube kann teuer zu stehen kommen. Hält man sich jedoch an die vorgegebenen Bedingungen, ist Creative Commons wirklich das, was es verspricht: Ein Beitrag für erschwinglichen Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken.

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