Lieferpflicht trotz Abbruch? – Vorzeitige Beendigung einer eBay-Auktion kann teuer werden

Veröffentlicht: 07.03.2013 | Geschrieben von: Redaktion | Letzte Aktualisierung: 07.03.2013

Es gibt zahlreiche Gründe, warum Online-Händler gerne eine eBay-Auktion vorzeitig beenden würden. Nicht alle sind jedoch aus rechtlicher Sicht unbedenklich. Worauf Sie bei der Entscheidung für einen Auktions-Abbruch achten sollten, möchten wir im folgenden Beitrag näher erläutern.

Schnäppchenjäger aufgepasst!

Ein Porsche Carrera für 5,50 Euro? Hochwertige Alu-Felgen für einen Euro? Alles bei eBay?! Damit sollten die aus meiner Sicht werben. Glauben Sie nicht dran? Ich schon!

Hintergrund für meine Überzeugung ist eine mittlerweile vom Bundesgerichtshof mehrfach bestätigte Rechtsprechung. Dieser nimmt das Zustandekommen eines Vertrages zwischen dem Anbieter einer Auktion und dem Höchstbietenden bei eBay schon bei der Abgabe des jeweiligen Höchstgebots an. Das muss man sich wie folgt vorstellen: Der Anbieter erklärt schon beim Erstellen einer Auktion, dass er mit egal wem den Vertrag schließt, solange dieser der Höchstbietende ist. Also wird mit jedem neuen Gebot auch ein neuer Vertrag geschlossen, welcher auflösend bedingt (also hinfällig) durch die Abgabe eines höheren Gebotes ist. Klingt etwas gekünstelt, entspricht aber noch am ehesten der Lebenswirklichkeit und den beteiligten Interessen. Die rechtlichen Grundlagen hierfür finden sich im allgemeinen Vertragsrecht und in den eBay-AGB (insbesondere § 10), deren Regelungen zur Auslegung der Erklärungen von Anbieter und Bietendem herangezogen werden.

Auctio interruptus

Die beiden eingangs beschriebenen extremen Fälle waren tatsächlich Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Zum Streit zwischen den Parteien gekommen ist es in beiden Fällen nach einem vorzeitigen Abbruch der jeweiligen Auktion. Wie bereits erörtert, ist für den Fall eines vorzeitigen Endes der Auktion schon beim ersten Gebot zum Startpreis von einem Euro ein Vertrag mit demjenigen zustande gekommen, der eben dieses einzige Gebot abgegeben hat. Für diesen Fall gilt wie immer: Vertrag ist Vertrag. Basta! Und von einem solchen kann man sich eben nur auf dem gesetzlich vorgesehenen Weg lösen. Entsprechend formulieren es auch die eBay-AGB in § 9 Nr. 11:

„Anbieter, die ein verbindliches Angebot auf der eBay-Website einstellen, dürfen nur dann Gebote streichen und das Angebot zurückziehen, wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind.“

Auch wenn sich die gesetzliche Berechtigung prinzipiell aus dem allgemeinen Vertragsrecht ergeben muss, werden von eBay im Anschluss an diese Klausel unter „Weitere Informationen.“ die folgenden als zulässige Gründe genannt:

„Der Artikel ist verloren gegangen, beschädigt oder anderweitig nicht mehr zum Verkauf verfügbar.“

Auch diese nicht in den AGB selbst befindlichen Erläuterungen sind bei der Auslegung der Vertragserklärungen zu berücksichtigen, was der Bundesgerichtshof erst kürzlich klargestellt hat (BGH, Urteil vom 8.6.2011, Az.: VIII ZR 305/10). Das Angebot des Auktionseinstellers steht somit immer unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme. Berechtigt heißt, dass dieser nicht nach eigenem Gutdünken entscheiden darf, wann die Beendigung zulässig ist. Denn der Bieter soll durch die grundsätzliche Bindung des Verkäufers davor geschützt werden, dass dieser die Auktion nicht einfach aus wirtschaftlichen Erwägungen beenden kann. Es ist, als würden der Anbieter und der Bieter sagen: „Wir sind uns einig, dass wir einen wirksamen Vertrag eingehen, es sei denn, das Angebot wurde nach Maßgabe der eBay-AGB und den erläuternden Gründen berechtigt beendet.“ Natürlich würde das keiner der Beteiligten wirklich sagen. Schon gar nicht im Nachhinein, wenn der Streit schon vor Gericht gelandet ist. Die Richter würden ihnen dies aber im Wege der Auslegung „unterstellen“. Unabhängig davon, ob sie sich darüber überhaupt Gedanken gemacht haben. So funktioniert – überspitzt und zugleich vereinfacht formuliert – Vertragsauslegung.

Zweigleisig fahren tut der Sache keinen Abbruch

Nachdem der BGH nunmehr geklärt hat, dass die von eBay aufgezählten Gründe (Verlust, Beschädigung, Ware anderweitig nicht mehr verfügbar) quasi neben die gesetzlich vorgesehenen treten, werden die Gerichte sich in Zukunft mit der Frage beschäftigen müssen, wann diese Gründe zu bejahen sind und wann nicht. Ausdrücklich von der Variante „Verlust“ erfasst ist eine Beendigung laut Bundesgerichtshof dann, wenn die Sache gestohlen wurde (BGH, Urteil vom 8.6.2011, Az.: VIII ZR 305/10). Eine „Beschädigung“ kann selbstverständlich nur dann infrage kommen, wenn diese vom Verkäufer unverschuldet war (so Amtsgericht Nürtingen, Urteil vom 16.1.2012, Az.: 11 C 1881/11).

Auch wenn die Formulierung „anderweitig nicht mehr zum Verkauf verfügbar“ aus Laiensicht für Anbieter ganz brauchbar erscheinen mag, ist sie mit Blick auf die erläuterten Hintergründe wahrscheinlich nicht das erhoffte Hintertürchen. Zwar hat das Amtsgericht Nürtingen in dem eben zitierten Urteil erwogen, dass man dies bei einem nicht berechtigten Verkauf und Weggabe des Gegenstandes durch einen Dritten ohne Beteiligung des Anbieters bejahen könnte. Insbesondere aber die Tatsache, dass man das angebotene Produkt zwischenzeitlich selbst anderweitig verkauft hat, lässt sich nicht unter diese Ausnahme fassen.

Dies hat neben dem Amtsgericht Nürtingen auch das Amtsgericht Menden vor ca. einem halben Jahr für einen Fall entschieden, bei dem ein Anbieter ein Auto gleichzeitig als Inserat zum Festpreis bei mobile.de und parallel dazu als Auktion auf eBay eingestellt hatte (AG Menden, Urteil vom 24.8.2011, Az.: 4 C 390/10). Als er ein Angebot über die erhofften 750,- Euro bei mobile.de erhielt, hat der Verkäufer die eBay-Auktion bei einem Höchstgebot von 605,99 Euro abgebrochen. Zu Unrecht, wie das Amtsgericht Menden entschied. Kostenpunkt für den Anbieter: Eine Verurteilung zu knapp 300,- Euro Schadensersatz für den Höchstbietenden nebst den Kosten für den Prozess und außergerichtliche Anwaltskosten. Denn wenn ein Anbieter eine Auktion zu Unrecht beendet hat, ist er dem Höchstbietenden gegenüber grundsätzlich zur Lieferung der Ware gegen Zahlung des als Höchstgebot vereinbarten Preises verpflichtet. Für den Fall, dass der Online-Händler nun die Lieferung ablehnt, hat der verhinderte Ersteigerer die Möglichkeit, sich anderweitig ein entsprechendes Produkt zu besorgen und sich die Differenzsumme im Vergleich zum Höchstgebot vom Anbieter auszahlen zu lassen. Da im vorstehend beschriebenen Fall des Amtsgerichts Menden ein vergleichbarer Pkw einen Verkehrswert von mindestens 900,- Euro hatte, war der Preisunterschied in Form von Schadensersatz auszugleichen.

Dies alles ist sicher misslich für den Online-Händler, der sich verkalkuliert hat oder der parallel mehrere Absatzwege für ein Produkt zu nutzen versucht. So mancher versucht sich wegen dieser Problematik mit entsprechenden Klauseln abzusichern, welche die gewünschte Flexibilität wieder herstellen sollen. Davon kann ich jedoch nur abraten. Das wäre Voodoo. Denn gebetsmühlenartig in jedes Auktions-Angebot eingefügte Einschränkungen wie „Angebot freibleibend“ helfen genauso wenig wie die Formulierung „Zwischenverkauf vorbehalten“. Im Gegenteil: Das provoziert Abmahnungen (vgl. nur LG Hamburg, Urteil vom 18.01.2007, Aktenzeichen: 315 O 457/06).

Fazit:
Wenn sich ein Abbruch einmal nicht vermeiden lässt, sollte man sich als betroffener Online-Händler schon im Vorfeld schleunigst Rechtsrat einholen um die bestmögliche Strategie entwickeln zu können. Neben der Möglichkeit zur Beendigung des Angebotes ist ggf. auch das Berufen auf einen zulässigen Anfechtungsgrund denkbar. Das sollte man rechtzeitig abklären. Anderenfalls drohen, wie aufgezeigt, erhebliche Mehrkosten, die ggf. vermeidbar gewesen wären.

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.